Nach dem spannenden Race-Bericht von Dietmar über den Al Andalus Ultimate Trail, einen Etappenlauf im andalusischen Hinterland, entschied ich mich, dort in Dietmars Fußstapfen meinen allerersten mehrtägigen Lauf zu absolvieren. Gemeinsam mit der deutschen Truppe bestehend aus Dietmar, Martina, Gaston und Stefan reiste ich also Anfang Juli nach Loja, um 230 Kilometern in 5 Etappen zu laufen. Nachdem ich die 170 km beim Junut erfolgreich gefinished hatte, dachte ich, dass 230 km mit ausreichend Pause und Schlaf dazwischen eigentlich kein Problem sein sollten. Aber wie das so ist, kam natürlich alles anders als gedacht.
Um uns ein wenig zu akklimatisieren, reisten wir bereits am Samstag nach Loja. Auf dem Thermometer standen 30 Grad. Gut, dass es in Deutschland kurz vorher ähnlich heiß war. So war zumindest der Kreislauf einigermaßen an die Hitze gewöhnt. Nach und nach trudelten die anderen LäuferInnen in das Race-Hotel ein und wir verbrachten gemeinsam zwei entspannten Tage in Loja mit guter Verpflegung. Der Startschuss fiel am Montagmorgen um 09:45 Uhr. Für meinen Geschmack ein bisschen spät, da es um diese Uhrzeit schon recht warm war. Wie mir später klar wurde, ist das Laufen in der Hitze kein Zuckerschlecken und die Wärme nicht meine liebste Begleiterin.
Zu Beginn fühlte ich mich eigentlich ganz wohl und ich legte ein flottes Tempo vor. Leider ging es die ersten 11km nur bergauf, sodass wir danach die knapp 1.000 Höhenmeter der ersten Etappe im Sack hatten. Leider bin ich es viel zu schnell angegangen, sodass ich dann auf der Hälfte des Berges bereits Tribut zollen musste. Mir wurde schwindelig und ich musste deutlich Geschwindigkeit herausnehmen. Zum Glück traf ich bald darauf auf Dietmar, der mir den guten Rat gab, mir Wasser über den Kopf zu schütten, um den Körper ein wenig herunterzukühlen. Danach ging es mir ein wenig besser und ich kam relativ unbeschadet an der ersten Verpflegungsstation an, wo ich meine Wasservorräte auffüllen konnte und mir kaltes Wasser über den Kopf, Arme und Beine schütten konnte. Das war ein wirklich befreiendes Gefühl und so war ich einigermaßen beschwingt bis zum zweiten Verpflegungspunkt unterwegs. Die Wärme machte mir jedoch zunehmend zu schaffen. Erneut hatte ich mit Kreislaufproblemen zu kämpfen. Ich musste die Geschwindigkeit drosseln und am dritten Verpflegungspunkt ein längeres Päuschen einlegen, um es überhaupt noch ins Ziel zu schaffen. Was für eine Qual. Zum Glück traf ich dort Sascha, mit dem ich dann wandernd das Ziel erreichte. So kann es die nächsten Tage nicht weitergehen und ich änderte meine Race-Strategie: Tempo rausnehmen und einfach nur ankommen standen ab Tag 2 auf der Agenda.
Die erste Nacht verbrachten wir in Zelten in einer stickigen Turnhalle in Alhama de Granada. Zum Glück hatte meine Zeltgenossin Fran sich ein freies Zelt gesichert, sodass ich alleine schlafen konnte. Ehrlicherweise muss man jedoch sagen, dass in diesem riesen Raum an Schlaf kaum zu denken war. Trotz Ohropax war es einfach zu laut. Vor mir und hinter mir schlummerten einige Läufer friedlich, wie unschwer zu überhören war.
Etwas gerädert starteten wir dann in Tag 2. 48 Kilometer und rund 1.600 Höhenmeter waren zu bewältigen. Morgens war es angenehm kühl. Zunächst durchliefen wir eine wunderschöne Schlucht auf befestigten Wegen. Bis zum zweiten Verpflegungspunkt bei Kilometer 21 war die Strecke weitestgehend laufbar und ich fand ein Tempo mit dem ich gut zurechtkam. Danach sollte der technisch anspruchsvollste, aber auch landschaftlich schönste Abschnitt folgen. Und so war es tatsächlich auch. Auf einem Single Trail ging es zunächst bergauf in die Sierra Almijara. Bergauf ist nicht so meine Stärke, aber ich kämpfte mich durch und war froh nach rund 5 Kilometer den höchsten Punkt erreicht zu haben. Dann ging es auf der anderen Seite wieder bergab, bevor wir in einem zugewachsenen Single-Trail in einem kleinen Waldstück wieder bergauf unterwegs waren. Ich war glücklich, als ich den dritten Verpflegungspunkt sah und mich wieder mit Eis herunterkühlen konnte. Danach ging es vor allem bergab bis zum vierten Verpflegungspunkt, allerdings waren wir in der prallen Mittagshitze unterwegs. Kurz vor dem vierten Verpflegungspunkt gabelte ich noch eine Läuferin auf, die über starke Knieschmerzen klagte und mit der ich dann gemeinsam Richtung Ziel lief. Die Nacht verbrachten wir an einem kleinen Bachlauf. Auch die Duschen wurden mit diesem eisig kalten Wasser gespeist. Aber nach so viel Zeit in der Sonne, war es eine Wohltat unter eine kalte Dusche springen zu können. Die zweite Nacht wurde nur bedingt besser als die erste, aber damit würde ich mich wohl die kommenden Tage anfreunden müssen.
Am dritten Tag war dann etwas Entspannung angesagt: 39 Kilometer und rund 1.000 Höhenmeter sollten es sein. Die langsameren Läufer, darunter Dietmar und ich, starteten um 08:30 Uhr. Zunächst ging es eine Asphaltstraße und Schotterwege hinab bis zum ersten Verpflegungspunkt. Das ist meine Lieblingsstrecke und so konnte ich ein wenig Gas geben. Obwohl es noch nicht so heiß war, nahm ich mir ausreichend Zeit und Eis am ersten Verpflegungspunkt, denn ich wusste, dass es anschließend lange bergauf gehen würde. Am zweiten Verpflegungspunkt überholten uns dann schon die SpitzenläuferInnen aus der späten Startgruppe – ein wenig deprimierend, aber ich hatte mir ja vorgenommen, das Tempo insgesamt rauszunehmen und alles ein wenig lockerer anzugehen. Die Situation vom ersten Tag brauchte ich nicht nochmal. Die Strecke ab den zweiten Verpflegungspunkt war sehr abwechslungsreich. Über Schotterwege ging es durch ein Naturschutzgebiet mit wundervollen Ausblicken. Dieser Streckenabschnitt war sehr kurzweilig und schon bald erreichten wir den dritten und letzten Verpflegungspunkt. Ab dort ging es nur noch bergab bis wir auf einen Single-Trail treffen sollten, an dem ich aber zunächst vorbeilief. Also wieder zurück und die richtige Strecke suchen. Sie war eigentlich doch ganz gut ausgeschildert, aber ich war wohl so in Gedanken, dass ich einfach vorbeigelaufen bin. Nach dem Single-Trail war es dann nicht mehr weit bis zum Campingplatz in der Nähe von Jayena. Auf dem riesigen Areal konnten sich die Zelte und Schlafplätze ein wenig verteilen. Abends wurde eine sehr leckere Paella für uns zubereitet. Auch wenn in dieser Nacht kaum schnarchende Geräusche zu vernehmen waren, so taten die Hunde das Übrige und bellten praktisch ununterbrochen. Also auch in der dritten Nacht war der Schlaf nur bedingt zufriedenstellend, aber so langsam gewöhnte ich mich an die Situation.
Die längste Etappe, nämlich 67 Kilometer, standen am vierten Tag auf dem Programm. Unglücklicherweise war es der heißeste Tag der Woche mit gut 35 Grad im Tagesverlauf. Die ersten Abschnitte bestritt ich mit Rafael. Es war eine schöne schattige Strecke, die direkt an einem See entlangging. Das Wasser glitzerte Türkis. Es roch nach Nadelbäumen. Wirklich beeindruckend. Wir umrundeten den See fast komplett. Nach rund 23 Kilometer erreichten wir den zweiten Verpflegungspunkt. Ab dort ging es praktisch 7 Kilometer in der prallen Sonne bis zum dritten Verpflegungspunkt bergauf. Schon aus der Ferne war der Aufstieg zu erkennen, was die Sache nicht erleichterte. Aber auch die 7 Kilometer waren irgendwann zu Ende und wir erreichten gemeinsam den Verpflegungspunkt. Bis zum vierten Verpflegungspunkt ging es eine Schotterstraße bergab. Leider wollte Rafael bis zum nächsten Verpflegungspunkt wandern, da er mit Übelkeit zu kämpfen hatte und bat mich alleine weiterzulaufen. Wir trafen uns in einer Bar kurz nach dem vierten Verpflegungspunkt, in der wir uns mit Cola und Fanta ausstatteten. Ab dort lief jeder für sich weiter. Die Strecke zwischen VP 4 und 5 war nicht besonders schön. Das einzig spannende war eine Flussüberquerung, bei der die Füße ziemlich nass wurden, was aber auch sehr erfrischend war. Der Mann mit dem Hammer ereilte mich dann zwischen der fünften und sechsten Verpflegungsstation. Ab VP 5 ging es in der Mittagshitze über Singletrails und Olivenhaine bergauf. Schatten Fehlanzeige. Danach trafen wir auf eine dunkel asphaltierte Straße, die die Wärme zusätzlich abgab. Langsam wurde auch das Wasser knapp. Ich überlegte, wo ich gegebenenfalls Wasser herbekommen könnte, aber es bot sich keine Gelegenheit. Langsam wandernd setzte ich meinen Weg über den Asphalt fort. Mental eine große Herausforderung. Ich glaube, das waren die schlimmsten 10 Kilometer, die ich jemals in meinem Leben gelaufen bin. Irgendwann hörte ich die Rufe der sechsten und letzten Verpflegungsstation. Puh, geschafft! Da gab es Cola, Eis, Wasser. Also alles, was ich wollte. Die letzten 9 Kilometer bis zum Ziel in Alhama de Granada waren dann nur noch ein Klacks. Schlimmer konnte es ja kaum noch werden. Die Nacht verbrachten wir zum Glück nicht wieder in der Turnhalle, sondern auf einem Zeltplatz. Zum ersten Mal schlief ich einigermaßen, sodass ich relativ ausgeruht in die letzte Etappe starten konnte.
Die letzte Etappe war mit 37 Kilometern die kürzeste der gesamten Woche. Ich nahm alle Körner, die ich noch übrighatte, zusammen und rannte – zumindest bergab – so schnell es noch ging. Die Etappe mochte ich irgendwie. Das war meine Etappe. Ich war erstaunt, wie viel noch ging. Nach rund 4 Stunden und 20 Minuten erreichte ich als 13. das Ziel. Ich würde sagen: alles richtiggemacht. Ich war angekommen.
Rückblickend betrachtet war es – trotz der großen Hitze – ein schöner Lauf durch tolle Landschaft, die man so wohl nur selten zu Gesicht bekommt. Ob ich dort nochmal starte, steht noch in den Sternen. Zumindest habe ich viel über mich gelernt, viele neue Leute kennengelernt und spannende Geschichten erfahren. Etappenläufe sind also definitiv etwas, was ich gerne nochmal mache. Vielleicht schon im nächsten Jahr. Jetzt konzentriere ich mich erst einmal auf den BUF und freue mich auf meinen ersten 24-Stunden-Lauf im August.
Dietmar Rosenau nahm bereits das zweite Mal an der Veranstaltung teil.
Text: Anna Christina Nowack, Bilder: Anna Christina Nowak, Dietmar Rosenau und mit freundlicher Genehmigung vom Team Axarsport, 18.07.2019