Laufgemeinschaft der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung e.V.

Empfehlungen zum 100km-Training für Leute ohne Zeit

Michael Irrgang, ULTRAMARATHON 2/2015

Stress bei der Arbeit? Eine anspruchsvolle Familie? Zu kurze Tage und zu selten Wochenende? Das gibt es und ist dennoch manchmal gepaart mit sportlichen Ambitionen. Wenn man nur wenige Stunden Zeit für das wöchentliche Training hat, muss jede Minute möglichst effizient, d.h. zielführend genutzt werden.

In diesem Artikel möchte ich dazu ein paar Ideen liefern, wie sich „wenig Zeit“ und „hohe Ziele“ nicht ausschließen.

Zunächst drei Grundsätze:

1.) Ein Wochenrhythmus hilft; also feste Zeiten blocken, die für das Training zur Verfügung stehen.

2.) Möglichst variabel trainieren. Je mehr man das Lauftempo, die Streckenlänge oder das Profil variiert, desto besser.

3.) Auch der Wenigtrainierer sollte nicht nur laufen, sondern unbedingt Athletiktraining machen.

Als Beispiel nehmen wir einmal einen Läufer, dem folgende Zeitscheiben für Training zur Verfügung stehen: Dienstagabend: 1h, Donnerstagabend 1,5h, Samstagabend 1,5h, Sonntagvormittag 4h. Frühaufsteher schaffen es durchaus, in den Morgenlauf am Sonntag einen Bäckereibesuch einzubauen und zum Familienfrühstück wieder zu Hause zu sein.

Normale Trainingswochen könnten dann folgende Struktur haben: Dienstag ist der Tempotag. Hier werden entweder intensive Widerholungsläufe oder ein schneller Tempodauerlauf gemacht. Am Donnerstag steht ein mittelintensiver Lauf im Plan, am Samstag gibt es extensive Wiederholungsläufe oder einen mittelschnellen Dauerlauf und am Sonntag wird ganz langsam gelaufen. Der Plan ist dauergesteuert und gilt für alle Leistungsklassen.

Wettkampftraining Woche 1
Belastung
Woche 2
Belastung
Woche 3
Belastung
Woche 4
Erholung
Dienstag 5 min m
17 x (1 min i, 2 min l) 4 min l
5 min m
30 min i
5 min l
5 min m
13 x (2 min i, 2 min l)
3 min l
60 min l
Donnerstag 90 min m 90 min m 90 min m 90 min l
Samstag 5 min m
80 min s
5 min l
5 min m
8 x (9 min s, 1 min l)
5 min l
5 min m
80 min s
5 min l
-
Sonntag 180 min l
60 min m
90 min l
150 min m
240 min m 90 min m

i = intensiv, s = schnell, m=mittelschnell, l=langsam

Die Tempowechselläufe sollten nicht zu schnell gelaufen werden! Man soll ja bei der stattlichen Anzahl von Wiederholungen nicht einbrechen.

Die erste Einheit wäre folgendermaßen zu lesen: zunächst 5 min in mittlerem Tempo einlaufen, dann 17 Wiederholungen jeweils 1 Minute intensives Tempo und 2 Minuten langsames Tempo, die verbleibenden 4 Minuten werden im langsamen Tempo ausgelaufen.

Die Wochenend-Kombination ist am effektivsten, wenn die Samstagseinheit abends und die Sonntagseinheit morgens gelaufen wird.

Zur Verdeutlichung ein Beispiel für jemanden, der für 10km 45 min benötigt, den Marathon in 3:30h läuft und bei einem 100km-Lauf eine 9:45h erreichen möchte:

i wäre etwa das 10km-Tempo, also 4:30 min/km, s entspricht dem Marathontempo, also 5:00 min/km, m wäre das 100km-Anfangs-Wettkampftempo 5:45 min/km und l = 6:30 min/km. Die Dauerläufe sind etwas langsamer als die Wiederholungsläufe.

Je nach Alter, Tempo, Koordinations- und Regenerationsfähigkeit können die Zeiten natürlich abweichen, insbesondere sind die Dauerläufe etwas langsamer als die entsprechenden Wiederholungsläufe.

Wichtig für die Effektivität von Trainingseinheiten ist das Ernährungsverhalten. Bei den abendlichen Läufen sollte im Idealfall die letzte Mahlzeit das Mittagessen gewesen sein. Nach den intensiven Läufen am Dienstag und Samstag bietet sich direkt nach dem Lauf eine eiweißhaltige Speise an. Vor der Sonntagseinheit sollte man am besten ganz auf das Frühstück verzichten, statt dessen etwas zum essen und zum trinken sowieso mitnehmen. Während der Einheiten am Dienstag, Donnerstag und Samstag sollte man nichts essen, aber nach Bedarf Wasser trinken und ggf. Salztabletten einplanen, für die Sonntagseinheit ist essen und trinken erforderlich.

Die Belastung wird in den drei Wochen kontinuierlich gesteigert. In der dritten Belastungswoche kann am Dienstag und Samstag ruhig „so schnell wie möglich“ gelaufen werden. Die folgende Sonntagseinheit ist die wichtigste Einheit in dem ganzen Block: Hier wird mit einer ordentlichen Vorermüdung im 100km-Wettkampftempo gelaufen; in dem obigen Tempo-Beispiel ein Marathon. Die Erholungswoche ist dann redlich verdient, bevor ein neuer Zyklus beginnen kann.

Zusätzlich ist es vielleicht möglich, am Mittwoch oder Freitag abends eine Krafteinheit einzubauen. Hier gibt es einige Vorschläge, die nicht länger als die Nachrichten im Fernsehen dauern. In der Kurzversion, reicht ein Training nach Herrn Tabata von 4 Minuten Länge! Aber besser wäre schon, man würde regelmäßig ein laufspezifisches Athletikprogramm durchführen, in dem speziell die Rumpfstabilität, die Abduktoren und die Fußmuskulatur gestärkt werden.

Wer mal keine Lust auf die intensiven Dienstagslaufeinheiten hat, kann auch 30 Minuten Seilchenspringen oder Treppentraining machen. Das ist zwar nicht minder anstrengend, aber vielleicht eine willkommene Abwechslung. Auch hier schadet ein wenig warmlaufen nicht und nach intensiven und kräftigenden Einheiten ist Dehnen sowieso sinnvoll.

Die obigen Einheiten beschreiben die Phase des Wettkampftrainings, d.h. drei solcher Blöcke kann man etwa vor einem Wettkampf machen, aber natürlich trainiert man so nicht das ganze Jahr. Speziell in der Grundlagenphase würde ich dienstags 90 (oder besser 120) Minuten langsames Tempo empfehlen. Natürlich kann man am Wochenende gerne einmal einen Wettkampf einstreuen, z.B. einen Marathon oder 50km-Wettkampf. Gut wäre auch, wenn man die Zeit hätte, einmal in der Vorbereitung 60 km im geplanten Wettkampftempo zu laufen.  Wer ambitionierter und erfahrener ist, wird vielleicht ein langes Wochenende nutzen können, um in drei Tagen drei Marathons jeweils im 100km-Wettkampftempo zu laufen.

Nach diesen Ideen kann man sich recht solide auf einen 100km-Wettkampf vorbereiten. Wenn die Wochenendplanung nicht alle Einheiten zulässt, kann man gerne noch die ein oder andere Einheit streichen oder kürzen, aber man darf nicht vergessen, dass 100km, insbesondere bei einem engen Zeitfenster von nur 13 Stunden eine sehr gute Vorbereitung erfordert. Da ist ein 24h-Lauf, bei dem man beliebig pausieren oder gehen kann, viel einfacher zu gestalten.

Viel Erfolg! Michael Irrgang, Stand 30.10.2017

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