Training Trailrunning
Text und Bild: Michael Irrgang
Trailrunning ist „in“ – zu recht, denn Landschaftsläufe sind einfach nur toll.
Hier wird eine körperliche Tätigkeit gepaart mit einem Fest für die Sinne, anstrengender Sport mit einem einmaligen Naturerlebnis.
Je nach Wetter, Trainingszustand, Ausrüstung und Mitläufer kann ein und derselbe Lauf jedes Mal komplett anders empfunden werden.
Für jemanden, der leistungsorientiert läuft, stellt sich die Aufgabe, sich die verfügbaren Kräfte optimal einzuteilen und auch bei den vermeintlich einfachen Passagen stets alle Risiken abzuwägen.
Bild: Michael Irrgang
Dabei sind die Läufe sehr unterschiedlich, von klassischen Bergsprints, bei denen es auf ca. 10 km nur bergauf geht über klassische Landschaftsläufe, die bei einer Länge von 50 bis 80 km meist auf gut laufbaren Waldwegen entlang gehen bis einerseits technisch sehr schwierigen Läufen, die brutal steil rauf wie runter gehen, teils über Stöcke, Wurzeln und Steine oder die eine enorme Länge haben und nicht innerhalb eines Tages zu finishen sind.
Aus den USA schwappte die 100-Meilenwelle rüber, so dass es mittlerweile einige Läufe der Kategorie 160 – 170 km bei 10.000 – 11.000 Höhenmeter in Europa gibt. Die Unterschiede auch bezüglich der Versorgung und Wegfindung sind teils gigantisch.
Logischerweise gibt es nicht den universalen Trainingsplan, da die Ausgangssituation und die Anforderungen gravierend unterschiedlich sind. Daher möchte ich euch einen konkreten Plan vorstellen und dabei allgemein typische Trainingselemente erklären. Eine Kurzversion des Artikels erschien in der ULTRAMARATHON 3/2015, die ausführliche Version auf der Internetseite von Team Meldeläufer.
Rachels Trainingsplan für den K78
Text und Grafik: Michael Irrgang Bilder: von Rachel zur Verfügung gestellt
Die spezielle Ausgangssituation war, dass sich eine recht unerfahrene Trailläuferin innerhalb von 6 Wochen auf den K78 in Davos vorbereiten möchte mit dem Ziel irgendwie im Zeitlimit das Ziel zu erreichen. Das Training verlief super und sie ist sehr gut durchgekommen.
Mitte Juni meldete sich Rachel mit der Bitte um Trainingsunterstützung für den geplanten K78 in Davos, der bereits in 6 Wochen stattfand! Rachel war 48 Jahre und hatte Mitte Mai für einen flachen 50km-Lauf etwa 5:18 Stunden benötigt, der K78 sollte nun ihr zweiter Ultra werden! Bei dem beliebten Lauf in der Schweiz müssen in den 13 Stunden Zeitlimit 76,1 km mit 2.560 Höhenmeter im Auf- und Abstieg bewältigt werden, davon etwa 13 km „alpiner Trail“ überwiegend in einer Höhe von über 2.500 Meter.
Wenn sie durch einen einzigen Augenblick der Unaufmerksamkeit kurz vor dem Ziel im wörtlichen Sinne nicht auf die Nase gefallen wäre, hätte sie vermutlich sogar eine Zeit von unter 11 Stunden geschafft! Letztendlich belegte sie in 11:37 h von 148 Frauen in der Ergebnisliste den 76. Platz. Eine super, anfangs nicht für möglich gehaltene Leistung. In diesem Text möchte ich ihr Training vorstellen.
Training heißt Vorbereitung auf einen Wettkampf und umfasst mehr als nur wohl strukturierte Laufeinheiten. Gerade in Davos, insbesondere für Ultratrail-Beginner, hängt eine erfolgreiche Teilnahme auch von anderen Faktoren ab.
Zu allen kritischen Bereichen muss man sich im Vorfeld Gedanken machen und wichtige Entscheidungen treffen, die je nach Rennen und Personen recht unterschiedlich sein und daher nicht verallgemeinert werden können.
- Ernährung: Was, wann und wie viel muss ich essen/trinken? Idee: Auf den ersten 30 Kilometern genügend essen, um in Filisur volle Speicher zu haben, bevor der Aufstieg beginnt; bis zur Keschhütte nur Gels und Energiegetränke, danach nach Bedarf und Appetit
- Renntaktik: Renntempo, Krafteinteilung? Vorsichtig, langsam beginnen, beim Aufstieg nie in den anaeroben Bereich kommen, je nach Untergrund und Gefälle sehr häufig Tempo wechseln, bei Bedarf – so kurz wie möglich – gehen; immer versuchen, die Belastung (Puls) konstant zu halten. Bis zum Sertigpass kraftschonend laufen, dann kontrolliert mutig und schnell bergab ins Ziel.
- Ausrüstung: Bekleidung, Gepäck? Keine Stöcke erlaubt, leichte Bekleidung, dünne Regenjacke, Gels, Wasser: kleiner Trinkrucksack. – für den K78 unkritisch.
- Technik: – Fußaufsatz, Schrittlänge, -frequenz, Gehen statt Laufen, Atemtechnik – wie kommt man „besten“ die Berge hoch und runter? „Am besten“ heißt nicht „am schnellsten“, da hierbei auch andere Kriterien als die Zeit eine Rolle spielen, beispielsweise Sturzgefahr und Energieeinsatz. Hier hat fast jeder Reserven!
Die Abstimmung all dieser Punkte am Telefon und per Mail sowie die Übung im Training von Technik und der Ernährungsbausteine haben Rachel die notwendige Sicherheit gegeben, um sehr selbstbewusst und zuversichtlich an der Startlinie zu stehen.
Das Höhenprofil vom K78
Warum war es so wichtig, diese Punkte so früh wie möglich zu besprechen? Schuhe müsste man einlaufen, Defizite in der Technik kann man noch reduzieren.
Ernährung
Die Ernährung ist generell nicht zu unterschätzen und auch diesbezüglich ist es gut, bestimmte Konzepte im Training einmal auszuprobieren. Das Thema Ernährung kann rennentscheidend sein. Erstens, weil sich Rachel vegan ernährt – da kann sie nicht nach Bedarf sich an den VPs bedienen, sondern muss schon genau planen, was sie mitnehmen muss. Und zweitens muss folgendes bedacht werden: 30 km zu laufen ohne etwas zu essen, ist überhaupt kein Problem, da – wie man so schön sagt – der Mann mit dem Hammer ja erst bei Kilometer 35 kommt. Nach 30 Kilometern sind die Energiedepots allerdings reichlich geleert und der Körper greift verstärkt auf Fette zurück. Nun kommt das Problem: Zwischen km 30 und 52 geht es fast nur bergauf, d.h. es wird anstrengend! Konkret:
- Der Körper braucht absolut gesehen mehr Energie!
- Der relative Anteil aus Fetten sinkt!
- Es steht für die Verdauung nicht viel Blut zur Verfügung!
Wer in Filisur leere Kohlenhydrat-Speicher hat, wird absehbar Schwierigkeiten im Anstieg bekommen. Es ist wichtig den Zusammenhang zwischen Belastung und Energiebedarf und -bereitstellung zu verstehen und seine „Ernährungstaktik“ entsprechend zu optimieren.
Mentale Vorbereitung
Sie hatte sich intensiv mit dem Lauf beschäftigt; zwei Wochen vor dem Lauf kannte sie das Profil auswendig und war in Gedanken die Strecke bereits mehrfach abgelaufen. Sie hatte einen genauen Plan, was sie wann essen wollte, eine Idee, wie sie je nach Steigung und Gefälle ihren Laufstil ändern wollte und ein Gefühl dafür, welche Belastung über 10 Stunden möglich ist. Die mentale Vorbereitung war zweifellos ein Schlüssel zum Erfolg!
Dazu kam zunehmend auch das Bewusstsein, dass sie körperlich der Aufgabe gewachsen war, da sie alle Trainingseinheiten durchführen konnte, gesund blieb, gefühlt und messbar immer besser wurde und ihr das lange Traillaufen immer mehr Freude bereitete.
Training
Auf der Grundlage des Zieles „sicheres Finish“ haben wir ein paar Trainingsschwerpunkte herausgearbeitet:
- Ausdauer trainieren, um ggf. 12 Stunden laufen zu können
- Bergablaufen üben, um ggf. auf dem letzten Stück noch beschleunigen zu können
- Kraftausdauer üben, um auf dem langen Anstieg nicht schlapp zu machen
- Koordination und Kraft aufbauen, um die technisch anspruchsvollen Stücke gut zu meistern
Im Prinzip kann man alles gleichzeitig trainieren. Dann hat man auch keine Probleme Abwechslung in den Trainingsplan zu bekommen.
Die drei Kernelemente ihres Lauf-Trainings waren:
- Bergsprints (Sprint): Intensive Berghochläufe mit max 1 min Länge, oben kurz ausruhen, dann sehr langsam herunterjoggen und wieder berghoch sprinten.
- Lange Bergab-Bergaufläufe (Ab-/Auf): Man beginnt das schnelle Stück oben auf dem Gipfel und läuft so schnell es geht zunächst einen Berg herunter, dreht unten um und läuft sofort so schnell es geht wieder hoch. Oben kann man dann gut 30 Sekunden zur Erholung gehen, dann stürzt man sich erneut den Abhang wieder runter.
- Fahrtspiel (FS): Das klassische Fahrtspiel ist eine lange Einheit mit wechselnder Belastung im Gelände.
Im idealen, leider meist nicht möglichen Fall hätte das Profil, die Wegebeschaffenheit oder wenigstens die Steigung Ähnlichkeiten mit der Wettkampfstrecke. Aber wer hat schon alpine Laufstrecken vor der Haustür? Bei dieser Einheit war mir der Spaß wichtig, daher sollte sie nach eigenem Ermessen das Tempo und die Streckenlänge wählen. Ich hatte eine ungefähre Dauer in Stunden und eine Intensitätsstufe vorgegeben: leicht, mittel oder intensiv. Man könnte diese Belastungsstufen auch beschreiben, z.B. bei einer leichten Einheit: Durchschnittspuls bei 75% der maximalen Herzfrequenz. niemals über 90%, alle Anstiege gehen. Bei einem Fahrtspiel ist es eher geplant, mit dem Puls das Geländeprofil nachzubilden, also mit Phasen, die im sehr hohen Pulsbereich gelaufen werden, aber auch mit Phasen der Erholung.
Ganz anders würde man einen Tempodauerlauf im Gelände gestalten. Hier würde man versuchen, eine möglichst geringe Gesamtzeit zu benötigen und einen möglichst konstanten Puls zu halten. Also beim Hochlaufen unbedingt Tempo rausnehmen, dafür flott an den flachen Bergabpassagen laufen.
Obwohl Rachel auch ganz gerne ab und zu flach auf Asphalt läuft, habe ich ihr nur in der ersten Woche und später nur einmal einen flachen, kurzen Tempodauerlauf in den Plan geschrieben und außer für kurze Regenerationsläufe auf flache Laufeinheiten gänzlich verzichtet.
Wichtig ist natürlich auch, dass sie Höhenmeter trainiert; dass sie ein Gefühl dafür bekommt, was 100 und was 1.000 Höhenmeter sind und wie sich eine 10%- und 20%-ige Steigung anfühlt.
Da sie am Rande des Schwarzwaldes wohnt, fehlte es ihr an den nötigen Trainingsstrecken nicht, wobei Waldboden und Steine oberhalb der Baumgrenze sich natürlich ganz anders anfühlen, aber unser Ziel war es ja nicht, sie „perfekt“ vorzubereiten, sondern nur: „so gut es geht“. Das Training darf ja auch nicht zu kompliziert sein, insofern war der Plan eher einfach und im Prinzip leicht umzusetzen. Puls- oder Tempovorgaben sind beispielsweise nicht einfach umzusetzen, die Beschreibung mit Adverbien wie „locker“ oder „schnell“ schon eher.
Vielleicht war es auch Zufall oder Glück? Auf jeden Fall hat die Kommunikation wunderbar geklappt!
Trainingsplan
Zu allen Tempo- und Wiederholungsläufen gehören langsames Ein- und Auslaufen.
Verwendete Abkürzungen: DL = Dauerlauf (mittelintensiv) TDL = Tempodauerlauf (intensiv) RL = Regenerationslauf mo = morgens, ab = abends s = schnell, m = mittel, l = langsam, g = gehen (2s, 0,4l bedeutet: 2 km schnell, dann 0,4 km langsam laufen) h = Stunden, min = Minuten
Der Umfang war durchschnittlich etwa 95 km, in der Spitze 117 km. Anfang Juli hatte sie am Wochenende private Termine und konnte gar nicht trainieren. Das passte sehr gut. So konnte sie die für sie neuen Einheiten gut verarbeiten und danach noch einmal einen zweiwöchigen Belastungsblock einlegen. Wichtig ist, dass die Einheiten am Dienstag, Donnerstag und Freitag die belastenden Einheiten waren und sie sich am langen Wochenende sich immer erholen konnte. Die Sonntagseinheiten waren nicht als „intensiv“ geplant, sondern sie ist sie deutlich schneller gelaufen. Vier belastende Einheiten sind dauerhaft zu viel, aber für einen so kurzen Zeitraum war es wohl optimal, wenngleich hier ein hohes Risiko der Überlastung besteht. Diese Einheiten sind ihr leichtgefallen und haben ihr Spaß gemacht. Lediglich bei ihren Freitagseinheiten schrieb sie manchmal, dass sich die Beine schwer anfühlten – und genau diese Vorermüdung ist die Idee dieser Periodisierung. Dadurch kann die Einheit kürzer ausfallen.
Ich hatte mich für diese Kernelemente entschieden und sie im Laufe der Trainingsperiode immer wiederholt. Das ermöglichte mir einerseits die Belastung kontrolliert zu steigern, andererseits Fortschritte zu erkennen. Sie hat dazu beim Bergab-Bergauf-lauf immer die Zeiten gestoppt und konnte dann das durchschnittliche Tempo hoch, wie runter ausrechnen.
Fühlen, dass man besser wird, ist schön, aber es anhand von Zahlen zu beweisen, ist noch viel besser und motivierender!
Direkt zu Beginn des Trainings vom Donnerstag, den 18, Juni bis Sonntag, den 21. hatte ich ihr 5 Einheiten mit über 110 km aufgeschrieben, darunter freitags morgens eine leichte Runde und abends eine Tempoeinheit, samstags war ein flottes Fahrtspiel im 6:15er Tempo über 30 km geplant, sonntags über 40km in 7 min/km.
Ich bin ein großer Freund von diesen Trippels. Wenn man samstags pausiert, startet man am Sonntag relativ ausgeruht, müsste aber, um den gleichen Ausdauereffekt zu erzielen sicher 50% länger laufen. Einige Zeitenrechner gehen davon aus, dass man pro 100 Höhenmeter im Aufstieg etwa so viel Zeit verliert, wie für einen flachen, gelaufenen Kilometer. Scheint mir für erfahrene, leichte Läufer etwas viel, aber gut. Demnach würde man für den K78 bei 76,1 km Länge mit 2.560 Höhenmeter also etwa so lange brauchen wie für 101,7 (76,1 + 25,6) Kilometer flach. Daher sind 100km pro Woche „Pflicht“ und die längste Einheit sollte etwa 60 km lang sein, bzw. besser 50 km mit 1.000 Höhenmeter.
Zweimal am Tag habe ich sie übrigens nie wieder laufen lassen. Auch wenn das sehr effektiv ist, war das ein Element aus der „falschen Schublade“ und sehr unüblich für einen Anfänger, der nur ankommen will.
Ich war über die Zeiten überrascht. Sie war deutlich schneller und ist auch länger unterwegs gewesen als geplant.
Die Woche vom 22. bis 28. Juni hatte einen komplett anderen Rhythmus, da sie am Wochenende auf ein Seminar war und nur sonntags ein wenig Zeit hatte. So folgte eine Woche mit zwei verschiedenen, sehr wichtigen Bergtrainingseinheiten:
Dienstag: Einlaufen, 15 intensive Berghochläufe mit 1 min Länge, schließlich noch auslaufen. Der Puls ist oben immer fast am Maximum, die Dauer, Intensität und die Anzahl Wiederholungen sind schon extrem fordernd – aber erstaunlicherweise hat ihr diese Einheit sogar Spaß gemacht. Dass hatte ich zuvor auch noch nie erlebt.
Die Donnerstagseinheit ist ebenfalls eine meiner Standard-Berg-Intervall-Einheiten. Man beginnt das schnelle Stück oben auf dem Gipfel und läuft so schnell es geht einen Berg herunter und sogleich wieder hoch. Wichtig sind hierbei die hohe Konzentration und die Variabilität der Lauftechnik von „mit großen Schritten bergabfliegen“ bis zum „sitzend mit kleinen, schnellen Schritten Rampen runtertippeln“. Auch berghoch muss das Tempo und insbesondere die Schrittlänge häufig angepasst werden, um im Idealfall mit konstantem Puls den Berg hochzulaufen.
Diese Einheit ist viel effektiver als ein Fahrtspiel, aber den Trailläufern ist häufig schnell langweilig, im Gegensatz zu den 24h-Rundendrehern. Für Rachel dachte ich mir, lieber etwas länger und weniger Wiederholungen, also diesmal nur 4 x 1,5km runter und hoch. Meine Strecke die ich für diese Einheit nutze, ist nur 800 m lang und scheint mir für mich lang genug. Die Fähigkeit, auch im ermüdeten Zustand lange, konzentriert und schnell bergab zu laufen ist insbesondere in Davos sehr wichtig, da die letzten 20 km bergab gehen! Freitags hatte ich ihr ein ganz gemütliches 43km-Fahrtspiel im Durchschnitts-Tempo von 7:30 min/km geplant, aber auch hier lief sie deutlich schneller als vorgesehen. Schneller laufen erhöht nicht unbedingt die Wirkung des Trainings, aber im Wettkampftraining 4 Wochen vor dem Wettkampf war das schon ok. Ihrer Beschreibung nach war das Tempo „gemütlich“ – also mein Plan etwas falsch. Das ist vermutlich eher die Regel als die Ausnahme, dass man beim Distanztraining die Fähigkeiten falsch einschätzt. Rachel hat aber intelligent mitgedacht und nach eigenem Ermessen das Training vernünftig adaptiert. Wöchentlich schickte sie mir das Protokoll und wir haben dann meist jede einzelne Einheit besprochen.
Samstags frei, sonntags gab es dann einen Tempodauerlauf, da ich endlich wissen wollte, wie stark sie nun wirklich ist.
In der nächsten Woche standen dienstags und donnerstags wieder die Bergintervalle an, diesmal durfte sie donnerstags 6 Wiederholungen laufen. Freitags lief sie dann 50km mit knapp 1.200 Höhenmeter und brauchte dafür 6:15h – endlich einmal ein Tempo jenseits der 7 Minuten-Marke! Das Wochenende war frei. Sie lief noch mittwochs langsame, flache 10km, aber auch ohne diese Einheit hätte sie mit diesen drei Kerneinheiten eine ganz entscheidende Belastungswoche hingelegt!
Auch die Woche vom 6. bis 12. Juli wurde durch die beiden Intervall-Trainings geprägt, wobei diesmal 20 Bergsprints angesetzt waren. Interessanterweise konnte Rachel ihr Bergabtempo mittlerweile um 30 Sekunden pro Kilometer verbessern und auch die Fahrtspiele wurden noch etwas schneller. Diese Woche war mit 77 km eher intensiv als umfangreich geplant, auch wenn sie ein paar Extrakilometer einbaute und schließlich doch die 100 Kilometer wieder vollmachte.
In der Vorwoche zum Wettkampf lief sie dann noch einmal in 6 Trainingseinheiten über 100km; wieder mit den beiden Intervalleinheiten und eine Woche vor dem Wettkampf einen letzten langen Lauf über 35km.
In der Wettkampfwoche hatte sie montags wie üblich frei, lief dienstags und mittwochs gemütlich 8, bzw. 12 Kilometer und reiste am Donnerstag an. Besser ist natürlich eine längere Akklimatisierung, aber oftmals kann man sich das nicht wirklich aussuchen. Wichtig ist natürlich, dass man nicht zu viel Stress in der unmittelbaren Vorbereitung erzeugt, sondern rechtzeitig anreist, sich die Startunterlagen abholt, die Rennatmosphäre schnuppert und vor allen Dingen sich ausreichend Zeit nimmt, seine Sachen für den Wettkampftag zu packen. Dabei hatte Rachel eine große Hilfe durch ihre Partnerin und sehr erfahrene (und erfolgreiche) Ultraläuferin Petra Rössler, die sicher noch sehr vielen in guter Erinnerung ist.
War die Vorbereitung sehr zielgerichtet und „stressig“, so genoss Rachel die Wochen danach, die sie eher mit wandern, radfahren und laufen nach Lust und Laune, aber eben nicht nach Plan, verbrachte. Jetzt freut sie sich schon auf die nächsten Ziele und Wettkämpfe und klaro: Nächstes Jahr will sie in Davos wieder starten. Dann aber sturzfrei und in einer Zeit von unter 11 Stunden ankommen.
Trailrunning hat noch ein paar Besonderheiten, die man kennen und können muss, aber schwer mit Worten zu beschreiben sind, daher hier nur ein paar Stichworte. Diese Themen werden im Trainingslager Grundlagen & Trailrunning ausführlich besprochen und geübt.
- Athletiktraining ist sehr wichtig. Hier mit Schwerpunkt Füße, da man öfter leicht umknickt, bzw. den Fuß schräg aufsetzt oder im Matsch rutscht.
- Kraft ist sehr wichtig, um seine Beine bei Steigungen und Gefällt mit mehr als 20% nicht in kürzester Zeit zu ruinieren.
- Koordination ist sehr wichtig. Auf technisch schwierigen Wegen ist kein Schritt wie der andere. Man ist ständig dabei, die Schrittlänge und das Lauftempo zu variieren. Oftmals muss man „kleine Hindernisse“ überspringen wie Steine oder Wurzeln oder man rutscht ein wenig, es gibt 180-Grad-Kurven und vieles mehr. Man muss auf unbekannten Strecken in Sekundenbruchteilen entscheiden, wo man die Füße aufsetzt. Den Blick für die Strecke muss man über Jahre schulen.
- Technik ist wichtig, nicht nur beim Umgang mit Laufstöcken.
Eigentlich kann man sich nur auf einen Trail-Lauf vorbereiten, wenn man ein ähnliches Profil hat. Dieses Privileg haben allerdings nur die wenigsten. Doch viele der notwendigen Elemente kann man gut im Mittelgebirge oder sogar zu Hause üben.
- Spezielles Krafttraining, wie z.B. einbeinige Kniebeugen
- Kraft- und Koordinationstraining, Lauf-Abc, Seilchenspringen, Treppentraining
und vieles mehr.
Trailrunner haben oft eine recht eigenartige Saisonplanung. Sie zeigen sich den Winter und im Frühjahr eher nicht und machen dann in der Hauptsaison beispielsweise 5 Wettkämpfe in 8 Wochen, um danach wieder von der Bildfläche zu verschwinden.
Sehr gute 100km-Läufer sind in der Regel auch gute Trailläufer – zumindest, solange es technisch nicht zu schwierig wird, denn auch sie verfügen über eine gute Motorik, ein gutes Körpergefühl und eine hohe Grundgeschwindigkeit. Landschaftsläufe im Bereich 40 bis 70 km lassen sich wunderbar in ein 100km-Training integrieren, wogegen richtige Trailläufer niemals auf die Idee kommen würden, 100 km auf Asphalt auf einer 5 km Runde zu laufen.
Der Schwäbische Alb Marathon in Schwäbisch Gmünd hat auf 50 km 1.100 Höhenmeter. Fies sind die langen, flachen Anstiege. Der Grund ist einfach: Das Tempo ist wie bei einem 24h-Lauf, der Puls wie bei einem 10 km-Lauf, die Konkurrenz prescht davon, der Stolz fordert: Mitgehen! Im Ziel erklärt man sich dann den Totaleinbruch in der zweiten Hälfte mit: Viel zu schnell angegangen. Und diese Schlussfolgerung ist meistens falsch, bzw. nur partiell richtig. Oftmals läuft man nämlich nur genau diese Stellen zu schnell, denn bei einem 10km-Tempo gibt es keine Fettverbrennung mehr und nach spätestens einer Stunde ist der Energievorrat verbraucht. Da nützt es auch nur wenig, wenn man sich dann bergab wieder erholt und der Puls sinkt. Alles eine Frage der Erfahrung, des Wissens und des Körpergefühls.
Bergtraining für Ultraläufer
Text: Michael Irrgang
2010 habe ich „Tempotraining für Ultraläufer“ geschrieben und erläutert, warum es auch dem lange und langsam Laufenden hilft, besser zu werden, wenn er ab und zu schnell läuft. Insbesondere die 200m-Wiederholungsläufe wurden dort angepriesen, weil diese Trainingseinheit die Sauerstoffversorgung der Muskulatur sowohl fordert als auch verbessert. Es gilt dabei, relativ kurze Zeit (10 bis 20 Sekunden) in der Nähe des Maximalpulses zu laufen.
2011 gab es dann zu diesem Thema ein Trainingslager in Laubach. Neben den theoretischen Vorträgen und Diskussionen wurde der praktische Weg gezeigt, wie man über Lauf-Abc und Kräftigungsübungen, Steigerungsläufe, intensive und extensive Intervalle zu neuen Bestzeiten im Ultrabereich kommt. Für mich und die anderen Teilnehmer war die Videoauswertung des Conconitests und der Steigerungsläufe besonders interessant, um zu erkennen, wie sich der Laufstil mit der Geschwindigkeit ändert. Sobald das Wohlfühltempo verlassen wurde, machte der eine längere, der andere schnellere Schritte, wieder andere setzten die Arme mehr ein. Je näher die Teilnehmer ihrem Maximaltempo kamen, desto unökonomischer wurde der Krafteinsatz und schlechter der Laufstil. Bei einigen hatte man gar das Gefühl, dass sich bei einer Beschleunigungsstufe zwar der Krafteinsatz, nicht jedoch die Geschwindigkeit erhöhte.
Nun gilt der elementare Grundsatz, dass man nur so schnell und so viele Wiederholungen laufen sollte, wie die Bewegung noch sauber und unverkrampft ist. Ansonsten können sich falsche Bewegungsmuster einprägen oder sogar Verletzungen provoziert werden. Sollte man nun, weil Laufstilverbesserungen schwierig und autodidaktisch kaum möglich sind, also doch auf die intensiven Wiederholungsläufe verzichten? Viele Ultraläufer haben motorisch keine Chance, ihre zur Verfügung stehende Energie in Geschwindigkeit umzuwandeln, bzw. auf flacher Strecke auch nur in die Nähe ihres Maximalpulses zu kommen. Dennoch braucht niemand auf diese wichtigen Einheiten zu verzichten. Die Lösung heißt: Steigungen nutzen! Die meisten Tempoeinheiten gewinnen an Qualität, wenn man sie an leichten Steigungen durchführt!
Bergtraining für Flachlandläufer
Auch für ambitionierte Läufer, deren Wettkampfstrecken flach sind, lohnt es sich, verschiedene Varianten des Bergtrainings in ihre Trainingspläne aufzunehmen.
Lauf-ABC
Viele der Übungen können sehr gut an einer Steigung durchgeführt werden, insbesondere Übungen wie Skippings, Kniehebe- oder Sprungläufe. Der Abdruck kommt mehr aus dem Fußgelenk und erfordert mehr Kraft, die Koordination ist schwieriger und die „Landung“ weicher, d.h. die Aufprallkräfte sind reduziert. Schwierig, aber besonders effektiv ist das Anfersen, wobei eine Vorwärtsbewegung erkennbar sein sollte. Die seitlichen Bewegungen sind eher nicht zu empfehlen und Lauf-Abc bergab geht gar nicht. Alle Varianten der Vorwärtssprünge sind auch deswegen so empfehlenswert, da durch die Schräge der Oberkörper meist in einer idealen Position in der Verlängerung des Sprungbeines ist und das Abknicken in der Hüfte vermieden wird.
Für einige Beteiligten des Trainingslagers in Bad Bergzabern 2009 ist eine Einheit wahrscheinlich unvergessen, als wir im Schnee bei etwa 10% Steigung verschiedene Übungen versucht hatten. Auf den Schnee hätten wir gerne verzichtet, da er die Übungen noch einmal erschwert hatte. Auch die Verletzungsgefahr durch Umknicken ist nicht zu unterschätzen. Wir hatten die Übungen eher spielerisch ausprobiert, freiwillig, völlig stressfrei und mit viel Spaß. Typischerweise konnten die schnelleren Läufer die Übungen deutlich besser nachmachen. Eigentlich logisch, da es eine klare Abhängigkeit zwischen Koordinations- und Tempofähigkeit gibt:
- Wer schnell laufen kann, hat eine gute Koordination
- Wer eine gute Koordination hat, kann schnell laufen
- Wer seine Koordination verbessert, kann schneller laufen
Test gefällig? Lauft doch einfach einmal in eurer Trainingsgruppe so schnell es geht 30 Meter rückwärts. Das ist ein ganz einfacher Koordinationstest und trennt die Spreu vom Weizen!
Intensive Wiederholungsläufe
Wie bei den flachen 200ern geht es darum, eine kurze Strecke mit möglichst viel Krafteinsatz möglichst schnell zu laufen. Dadurch werden Kraft und Koordination geschult. Außerdem entwickeln sich Lunge/Herz und die Gefäßkapillarisierung weiter, d.h. die Sauerstoffversorgung der Muskulatur wird verbessert, was auch bei langsameren Wettkampftempos einen positiven Effekt hat.
Man läuft einen schönen Berg immer wieder herauf und herunter. Ideal sind Steigungen von 5 bis 10 % und ein asphaltierter oder zumindest befestigter Weg. Man sollte etwa 40 bis 50 Sekunden für eine Bergaufstrecke benötigen und entsprechend die Länge auswählen. Oben angekommen empfiehlt sich eine kurze Verschnaufpause oder 10 Meter gehen, dann wird der Berg heruntergetrabt und wieder hochgerannt. Ich empfehle zwei Sets à 10 Wiederholungen mit einer fünfminütigen Trabpause dazwischen, weil diese Einheiten nahe am Maximalpuls extrem anstrengend sind. Wie bei allen Wiederholungsläufen gilt der Grundsatz, dass man versuchen sollte, innerhalb einer Strecke nicht langsamer zu werden und die ganze Serie im gleichen Tempo zu laufen. Insofern wird niemals das maximal mögliche Tempo gelaufen, sondern deutlich langsamer. Das „Nicht-Langsamer-Werden“ ist gut gesagt: Der Puls steigt kontinuierlich und nach 10 Sekunden beginnen die Beine immer schwerer zu werden; da können 45 Sekunden ganz schön lang werden!
Wenn man beim ersten, vorsichtigen Test 60 Sekunden braucht, ist das ok. Spätestens bei der dritten Einheit dieser Art schafft man die 45 Sekunden. Dennoch würde ich empfehlen, eher mit einer kürzeren Strecke und weniger Wiederholungen anzufangen. Bei dieser Einheit ist es sinnvoll, markante Wendepunkte zu wählen, so dass man die Zeiten innerhalb eines Sets und die Entwicklung über mehrere Wochen vergleichen kann.
In der Literatur findet man häufig auch Empfehlungen für 10 bis 15 Sekunden lange Bergsprints. Diese werden bei 4 bis 8 Wiederholungen mit maximalem Tempo gelaufen, dazwischen jeweils bis zu 2 Minuten Pause. Diese Trainingseinheiten steigern die Maximalkraft und die Laufökonomie. Man kann diese Einheit gut zu Beginn des Berg-Tempotrainings einsetzen. Wir wollen allerdings durch unser Training nicht die Maximalkraft, sondern die Kraftausdauer erhöhen, daher passt diese Einheit für Ultraläufer eher nicht. Auch wenn der Berg zu steil ist, geht der Effekt in die falsche Richtung. Aber hier hat sicherlich jeder seine Vorlieben. Ich denke, man sollte häufig variieren, dabei hat man mit dem Tempo, der Anzahl der Wiederholungen, der Länge der Pausen, der Länge der Strecke und der Gestaltung der Pause 5 Parameter zur Verfügung.
Lange Wiederholungsläufe
Bei den flachen, extensiven Wiederholungsläufen dauern die schnellen Abschnitte etwa 3 bis 5 Minuten, die Erholungsintervalle sind kurz, die Anzahl der Wiederholungen hoch. Diesen Rhythmus bekommt man am Berg nicht hin. Dennoch sind längere Wiederholungsläufe mit vielen Wiederholungen eine recht nette Bergeinheit.
Läuft man an einem Berg mit 3 bis 5% Steigung, kann man im Prinzip die Bewegung und das Tempo eines Tempodauerlaufes schaffen. Durch die Steigung benötigt man einen etwas kräftigeren Abdruck sowie etwas mehr Körperspannung und Armeinsatz, um die Schrittlänge hinzubekommen, was sich auch durch eine höhere Herzfrequenz bemerkbar macht. Dennoch bleibt der Läufer bei diesem Schwellenlauf in seinem gewohnten Bewegungsmuster. Er sollte bei der Belastung aufpassen, dass er möglichst unterhalb der anaeroben Schwelle bleibt und höchstens gegen Ende kurz im anaeroben Bereich läuft. Während bei den intensiven Läufen die Herzfrequenz vermutlich jedes Mal 98% des Maximalwertes erreicht, sollte bei den extensiven Wiederholungsläufen ungefähr bei 90% Schluss sein. Auch hier wird Laktat aufgebaut, welches allerdings auf dem Rückweg, der etwa genauso lange dauert, wieder abgebaut wird.
Meine Empfehlung wäre: 20 Wiederholungen mit 4 Minuten bergauf und 4 Minuten bergab. Übrigens: Wenn man beim Auslaufen nach der Einheit noch einmal einen schnellen, flachen 1000er einbaut, hat man das Gefühl „zu fliegen“.
Tempodauerläufe
Hier wäre die Idee, einerseits im gewohnt vertrauten und ökonomischen Laufschritt zu laufen, andererseits den Puls knapp unterhalb der anaeroben Schwelle zu halten. Das geht am besten auf dem Laufband mit 3 bis 5 % Steigung. Es gibt tatsächlich einige Leute, die es schaffen, auf diese Weise 15 km am Anschlag zu laufen!
Im Freien hat man selten Gelegenheit, derartige Strecken mit konstanter Steigung zu laufen. In den Bergen gibt es allerdings oft geeignete „Ziehwege“, die man für solche Einheiten nutzen könnte.
Tempoläufe kann man allerdings auch recht gut auf flacher Strecke laufen; fast das ganze Jahr über. Insofern sind Tempodauerläufe am Berg einerseits nicht notwendig andererseits schwer umsetzbar.
Letztes Jahr im Urlaub am Gardasee bin ich einmal vom See zum Monte Baldo hoch- und wieder runtergelaufen. Pro Strecke knapp 10km und knapp 1700 Höhenmeter. Hoch habe ich 1:40 und runter 1:10 gebraucht und kam zwei Tage die Treppe weder rauf noch runter. War unglaublich hart, hat aber trotzdem Spaß gemacht, so dass ich es wohl wieder tun würde. Bringen solche Einheiten denn etwas? Bedingt. Ein wenig Abwechslung und neue Trainingsreize sind grundsätzlich empfehlenswert. Man muss nur sehr aufpassen, dass man seinen Körper nicht gleich total überfordert. Daher ist ohne gewisse Grundlagen der Spaßfaktor arg begrenzt. Flachlandläufer sollten derartige Einheiten eher meiden oder sich langsam heranzutasten!
Fahrtspiel
Als Fahrtspiel bezeichnet man Läufe verschiedener Belastungen. Ideal hierzu sind hügelige Strecken. Ein Irrtum mit einer falschen Schlussfolgerung wäre zu glauben, ein Fahrtspiel wäre ein Lauf mit verschiedenen Geschwindigkeiten, z.B.: runter schnell, flach langsam laufen, hoch langsam gehen. Die Geschwindigkeit kann sogar konstant sein, wenn denn dadurch der Puls das Geländeprofil nachzeichnet! Also wird der Gipfel üblicherweise wild erstürmt, was die Lungen hergeben und bergab wird sich erholt.
Je nach Trainingsplan kann der Anteil der schnellen Passagen variieren und ein Fahrspiel verschiedene Charaktere haben. Oft wird es in Regenerationswochen eingesetzt, um sich durch kurze Bergaufsprints die Kraft und Koordination zu erhalten. Verteilt man die Laufdauer auf die Trainingsbereiche 75%, 85% und 95% der max. Herzfrequenz, so hätte beispielsweise ein hartes Training eine Verteilung von 50% / 45% / 5% und eine regeneratives von 90% / 5% / 5%.
Ist die Strecke recht abwechslungsreich, kann man in einer Trainingsrunde sowohl intensive als auch extensive Teile einbauen, allerdings kommen bezogen auf die Streckenlänge meist deutlich weniger Höhenmeter zusammen im Vergleich zu den speziellen Wiederholungsläufen, bei denen man eine Steigung mehrmals hochläuft. Man könnte einen Mittelweg wählen, indem man im Wesentlichen eine große Runde läuft, schöne Anstiege dabei mehrmals schnell herauf- und erholsam herunterrennt. Auf diese Weise können auch wunderbar verschiedene Leistungsniveaus ausgeglichen werden. Entweder laufen die Gemütlicheren nur 2/3 des Berges oder weniger Wiederholungen.
Lange Einheit und Mehrtagesläufe
Das normale Fahrtspiel hat üblicherweise die Länge einer normalen Trainingseinheit, also eine Stunde, höchstens zwei. Aber man kann durchaus auch seine lange Einheit in hügeligem Gelände laufen. Dabei wird man sich allerdings an Anstiegen eher schonen. Die Vorteile, die 40 bis 60km-Einheiten mit Höhenmetern zu garnieren, sind vielfältig: Die Strecke ist abwechslungsreicher, interessanter und meist auch schöner, so dass die Zeit scheinbar schneller vergeht. Da beim Bergauf- und -ablaufen unterschiedliche Muskeln beansprucht werden, erholt sich die Muskulatur deutlich schneller von solchen Trainingseinheiten im Gegensatz zur gleichförmigen Belastung bei konstantem Tempo über flachem Asphalt.
Gerade der letzte Punkt führt zur Empfehlung, Doppeldecker oder sogar Mehrtagesläufe eher im profilierten Gelände zu laufen. Bei dem anspruchsvollen Mehrtageslauf „Über die Höhen im Bergischen Land“ ist die Ausfallquote aufgrund von Verletzungen deutlich geringer, als bei vergleichbaren, flachen Mehrtagesläufen!
Allerdings muss beachtet werden, dass bei längeren Läufen die Konzentration sinkt und dadurch schnell Stürze, Umknicken oder Verlaufen passieren. Als Flachlandläufer sind meist die Fußgelenke und die Kombination Achillessehne/Wade die neuralgischen Punkte für Überlastungen und Verletzungen. Neben dem üblichen Tipp „langsam an die Belastung gewöhnen“ helfen hier auch Trainingsmittel wie Kippelbretter oder „Wackelschuhe“. Ansonsten kann ich nur empfehlen, die ausgezeichneten Premium-Wanderwege für selbstorganisierte Mehrtagestouren zu nutzen. Ich genieße jeden einzelnen Tag, den ich auf dem Rheinsteig, Westerwaldsteig oder Natursteig Sieg unterwegs bin! Meist bin ich als Selbstversorger mit Rucksack zwischen 6 und 8 Stunden unterwegs. Oft auch zwei oder drei Tage hintereinander.
Bergtraining für Bergläufer
Wer auch in seinen Wettkämpfen die Höhenmeter nicht scheut, benötigt zusätzlich zu den oben beschriebenen Trainingsvarianten weitere Elemente, denn Bergläufe sind eine grundverschiedene Disziplin. Grundsätzlich muss man die Belastung des Wettkampfes trainieren und sich mit den kritischen Anforderungen auseinandersetzen. Bei Berglaufmeisterschaften werden meist nur 8 bis 10 km mit 1000 Höhenmeter gelaufen. Es geht immer nur bergauf. Hier braucht man eine Lunge wie ein Pferd und eine gute Laktattoleranz. Bei Landschaftsläufen bis zur Marathondistanz fallen oft 500 bis 1000 Höhenmeter an. Diese Läufe werden typischerweise durch das Bergablaufen gewonnen. Auf meist gut laufbarem Untergrund laufen die guten Läufer bei 5%-Gefallstrecken den Kilometer vielleicht in 2:30, wogegen andere mit einer vergleichbaren Marathonbestzeit im Extremfall ziemlich wackelig 5 Minuten benötigen. Bergablaufen kann und muss man üben! Dabei geht es nicht nur um die Muskulatur, sondern auch um die richtige Körperhaltung und Schrittfrequenz. Auf gar keinen Fall sollte der Schritt zu lang, das Bein beim Aufsetzen gestreckt sein. Bergläufer laufen durchaus auch Intervalle bergab, wobei ich mich schon frage, ob sie sich dann beim Berghochrennen erholen? Oder sie machen Tempodauerläufe, sozusagen mit konstant hohem Puls die Berge rauf wie runter – immer volles Rohr! Getoppt werden diese Schöne-Wege-Heizer noch von den wahren Trail-Königen! Sie vermögen es, Passagen bergab zu laufen, wo andere froh sind, Stöcke dabei zu haben und mehr Zeit fürs Runter- als fürs Hochwandern brauchen. Solche Experten muss man einmal in ihrem Element erlebt haben – das ist für Flachlandläufer wie mich unbeschreibbar! „Je schneller man läuft, desto einfacher wird es. Man braucht nur ein wenig Mut“, erklärte mir einmal Matthias Dippbacher, einer der aktuell besten deutschen Bergläufer. Tatsächlich ist bei einem „freien Fall“ der Bodenkontakt relativ kurz und es ist wirklich ziemlich egal, ob man auf Wurzel, Fels oder einen lockeren Stein tritt. Allerdings ist dies nicht mein Ding. Ich habe weder eine Ahnung, wie man so etwas macht, noch so etwas trainiert. Vielleicht ist das eine angeborene Fähigkeit, auf besondere Weise die Schwerkraft zu überlisten, die ich nicht besitze. Dennoch zählt hier mit Sicherheit Übung, Übung und noch einmal Übung zu des Erfolges Vätern. Interessanterweise sind diese Experten eher selten verletzt.
Schließlich gibt es noch ultralange Bergläufe mit tausenden an Höhenmetern über 100km, 100 Meilen oder noch länger, wobei die meisten Teilnehmer häufig länger als einen Tag unterwegs sind. Hier entscheiden andere Fähigkeiten zwischen Finishen oder Scheitern als das besondere Talent, schwierigste Trails laufen zu können. Neben all den läuferischen Qualitäten muss der Teilnehmer sich darauf einstellen und vorbereiten, als Selbstversorger mit einem schweren Rucksack ausgerüstet, nachts stundenlang alleine bei Schneeregen und 30 Stunden ohne Schlaf auf wackeligen Beinen orientierungslos durch die Berge zu irren.
Zusammenfassung und Fazit
Wiederholungsläufe am Berg sind insbesondere für steife Ultraläufer die besseren Wiederholungsläufe! Einfach deswegen, weil sie anstrengender sind. Der Läufer trainiert seine Kraftausdauer und Laufökonomie. Aufgrund der geringeren Aufprallkräfte hat er eine geringere Verletzungsgefahr als bei vergleichbaren Einheiten auf der Straße oder im Stadion. Auch für Leute, die nur flache Wettkampfstrecken kennen, bilden Trainingseinheiten mit Steigungen neue Reize, die helfen, sich weiter zu entwickeln. Im Gegensatz zu den echten Bergläufern laufen Flachlandläufer bergab immer vorsichtig und langsam.
Wer vorsichtig mit Bergtraining anfängt, sich langsam steigert, sich nicht scheut, ab und zu rauf wie runter zu wandern oder Stöcke als Hilfsmittel zu nehmen, wird viel Freude beim Laufen in der Natur empfinden. Die ultralangen, superharten Wettkämpfe wie der UTMB bieten für viele, erfahrene Läufer die Plattform für unvergessliche, unvergleichliche Erlebnisse, da es eine wahre Kunst ist, seine aktuellen Fähigkeiten richtig einzuschätzen, die optimale Ausrüstung mitzunehmen, sich eine schlaue Renntaktik zu überlegen und das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Mit diesen Tipps hoffe ich euch, ein wenig zu helfen, eure nächsten Ziele zu erreichen. Möglicherweise wird das nächste Trainingslager sich mit dem Thema Bergtraining beschäftigen.
Foto: Michael Irrgang
Beim Trainingslager in Bad Bergzabern 2010 zeigt der Schweizer Daniel Schwitter seine Berglaufqualitäten. Einheiten im Schnee bergauf sind einerseits sehr fordernd andererseits sehr effektiv.
Foto: Harald Hüttmann
René Strosny führt die schnelle Gruppe bei dem Conconitest beim Trainingslager in Laubach 2011 an. Ihm folgen Mario Reichelt, Oliver Ruf und Dietmar Branner. Vier beneidenswerte Läufer, die nicht nur sehr lange, sondern auch sehr schnell laufen können! Trainingseinheiten im Stadion haben den Vorteil, dass sie sehr gut wiederhol- und vergleichbar sind.Far far away, behind the word mountains, far from the countries Vokalia and Consonantia, there live the blind texts. Separated they live in Bookmarksgrove right at the coast of the Semantics, a large language ocean.