Tempotraining
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Aufbau eines Tempoblocks
Text: Michael Irrgang
Die folgenden Trainingseinheiten beschreiben immer den Hauptteil des Trainings. Vorher ist das Aufwärmen angesagt, anschließend noch 2 bis 4 km auslaufen. Der Trainingsaufbau erfolgt in drei Phasen mit verschiedenen Formen von Wiederholungsläufen. Bevor es losgeht sollte jedoch die Koordination, bzw. Bewegung geschult werden.
Phase 0: Verbesserung der Koordination
Text: Michael Irrgang
Wer seit Jahren nicht mehr „richtig schnell“ gelaufen ist, hat es unter Umständen regelrecht verlernt und sollte zunächst mit hinführenden Übungen beginnen. Wichtig sind hier Übungen zur Koordination und zur Steigerung der Sprungkraft. Das kann man durch die Laufschule, Lauf-abc aber auch durch Gymnastik / Athletikübungen oder durch Bergintervalle erreichen. Diese Phase ist recht schwer, wenn man die Bewegung der Beine und Arme und die Atmung nicht erklärt, gezeigt und ggf. korrigiert bekommt.
Phase 1: Motoriktraining
Text: Michael Irrgang
In der ersten Phase werden die Motorik (Koordination) und die „anaerobe Leistungsfähigkeit“ verbessert. Im Kern geht es um sehr kurze, intensive Wiederholungsläufe, die durch lange Pausen unterbrochen werden. Typische Einheiten sind:
- 200 Meter schnell, 300 Meter langsam (200 Meter auf der Bahn), 25 Wiederholungen
- 400 Meter schnell, 400 Meter langsam, 10 Wiederholungen
- 1 Minute schnell, 2 Minuten langsam, 25 Wiederholungen
Hierbei ist das Ziel, möglichst schnell zu laufen und dabei möglichst locker auszusehen. Schrittlänge und –fre-quenz, Abdruck, Kniehub, Atmung, Bein- und Armbewegung: Man muss auf 1000 Dinge bewusst achten. Mehr als 2 Minuten geht das gar nicht! Immer wieder: sprinten, dann erholen, konzentrieren, dann noch einmal und noch einmal. Ihr müsst bei dem 200 Meter-Intervallen etwa eine Minute schneller als euer geplantes Marathontempo werden, also als 3:00-Stundenläufer eine ganze Serie mit einem 3:15 min/km-Tempo!
Zum Gewöhnen kann man durchaus am Ende kleiner Trainingseinheiten, z.B. 10 km vor dem Auslaufen noch 5 Wiederholungen mit flotten 200-Metern- oder 1-Minute-Intervallen einbauen.
Phase 2: Intensive Wiederholungsläufe
Text: Michael Irrgang
Nun könnt ihr euch also recht geschmeidig bewegen und lernt nun, dieses Tempo auch über eine längere Distanz zu halten. Es handelt sich wieder um intensive Wiederholungsläufe im anaeroben Bereich, d.h. die Muskulatur bekommt zu wenig Sauerstoff. Ihr merkt das daran, dass gegen Ende die Beine so richtig schwer werden und ihr eine längere Pause braucht, bevor ihr erneut loshetzen könnt. Diese Einheiten merkt man meist noch zwei Tage später in den Muskeln.
Typische Einheiten wären:
- 1.000 Meter schnell, 1.000 Meter langsam, 8 Wiederholungen
- 2.000 Meter schnell, 1.600 Meter langsam, 4 Wiederholungen
- 3.000 Meter schnell, 2.400 Meter langsam, 3 Wiederholungen
Natürlich könnte man auch mehr Wiederholungen machen, dann müsste man allerdings langsamer laufen und das wollen wir in dieser Phase nicht! Die Zeiten der schnellen Teile sollten konstant und die Addition minimal sein!
3 x 3.000m oder sogar 3 x 5.000m laufen ambitionierte Marathonläufer u.a. zum Training der Laktattoleranz. Als Ultraläufer würde ich auf solche Einheiten verzichten.
Einige erfahrene (Marathon-) Läufer steigen direkt mit 1.000er in das Training ein und steigern sich dann über 2.000er zu den 3.000ern. Wenn man direkt ein brauchbares Tempo hinbekommt, mag das in Ordnung sein, allerdings fürchte ich, dass ein Ultraläufer, der in der Erholungs- und Grundlagenphase seine Knie nicht hochbekommt, sich hier schwertut und ihm mit kürzeren Intervallen geholfen ist, das „Schnell-laufen“ wieder zu erlernen.
Phase 3: Extensive Wiederholungsläufe
Text: Michael Irrgang
Diese Trainingseinheit ist die wichtigste! Ihr lauft nun im aeroben Bereich, möglichst exakt an oder knapp unter der anaeroben Schwelle. Das Tempo ist etwa 10 Sekunden langsamer als bei den intensiven Läufen der zweiten Phase. Aufpassen: Nicht zu schnell laufen! Ihr solltet in der Lage sein und könnt das Tempo der letzten Wiederholung um 10 sec/km steigern und würdet dann allerdings in den anaeroben Bereich hereinkommen.
Typische Einheiten wären:
- 800 Meter schnell, 200 Meter langsam, 15 Wiederholungen
- 1.000 Meter schnell, 200 Meter langsam, 20 Wiederholungen
- 2.000 Meter schnell, 300 Meter langsam, 10 Wiederholungen
- 5.000 Meter schnell, 400 Meter langsam, 5 Wiederholungen
Bei diesen Einheiten müsst ihr reichlich Zeit einplanen. Mit Ein- und Auslaufen werden es leicht über 30 Kilometer.
Das sind typische Einheiten für ambitionierte 100-Kilometerläufer. Kein mir bekannter 24-Stundenläufer trainiert allerdings so. Sollte er aber! Um sich an solche Trainingseinheiten heranzuführen, habe ich selbst mit Marathon-anfängern folgende Sequenz erprobt, wobei es den Leuten erstens Spaß gemacht hat und sie es zweitens sehr gut verkraftet haben. Das Tempo wurde die ersten drei Wochen etwas gesteigert; war ziemlich intensiv, allerdings nie am Anschlag, blieb danach, also in der 4. Und 5. Woche, annähernd gleich.
- 1. bis 3. Woche: 1.000 m schnell / 1.000 m langsam / 7 Wiederholungen (intensive WHL)
- 4. Woche: 700m schnell / 300 m langsam / 13 Wiederholungen (extensive WHL)
- 5. Woche: 800m schnell / 200 m langsam / 13 Wiederholungen (extensive WHL)
Bei dieser Trainingseinheit ist es unglaublich schwierig, dass richtige Tempo zu finden. Mein Tipp: Eher zu lang-sam als zu schnell laufen – etwa im 10km-Wettkampftempo! Die langsamen Passagen sind übrigens etwa 90 sec/km langsamer als die schnellen Teile.