Laufgemeinschaft der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung e.V.

Text und Fotos: Fabian Benz, 12.6.2022

Der Lauf war bereits vor 1 Woche, die Fotos und kurzer Bericht erfolgt jedoch erst jetzt, da ich lange Zeit nicht genau wusste, wie ich den Lauf einordnen soll. Kurz zusammengefasst mein Resümee: Die Lofoten sind schon eine mega-geile Landschaft. Es ist der Hammer, nachts bei Sonnenschein in der Mitternachtssonne zu laufen (die Lofoten liegen ca. auf dem 68° Breitengrad und damit nördlich des Polarkreises mit 66° und damit ist im Sommer für einige Wochen die Sonne rund um die Uhr am Himmel). Trotz dieser beiden Punkten bin ich aber zu dem Entschluss gekommen, dass ich NIE wieder so einen Lauf machen werde und mir zuvor genau überlege, zu welchem „Spaß“ ich mich anmelde. Die 166 km und 7000 hm sind das eine, damit hatte ich formal eigentlich keine Probleme, das andere war viel mehr die derart lauftechnisch anspruchsvolle Strecke, die mir von Anfang an kein Spaß gemacht hat, weil sie mich meist leicht bis stark überfordert hat, ich dafür nicht trainiert war oder es einfach nichts mit Laufen zu tun hatte (im Sinne von meinem Verständnis von Laufen). Die durchschnittliche „Laufgeschwindigkeit“ von 5,2 km/h (bzw. 11:30 min/km) spricht Bände. Die 7000 hm bergauf waren anstrengend, aber haben mir im Wanderschritt meist Spaß gemacht und habe ich sicherlich ganz gut gemeistert. Die 7000 hm bergab hatten es aber stets in sich und waren für mich nicht ansatzweise laufbar. Es ging nicht nur über „Stock und Stein“, sondern es mussten regelrecht Felsen erklommen werden, zwischen größeren und kleineren hin-und-her gesprungen werden. Dann gab es Holzleitern (teils kaputt), mehrere Passagen mit Seilen und auf den Gipfeln mehrere längere Gratüberschreitungen, wo es dann rechts und links wahrscheinlich 100 m fast senkrecht bergab geht. Und fast wahnsinnig gemacht hat mich, dass man von Anfang an mehr oder wenig durchgehend nasse Füße hatte, weil irgendwelche Flüsse durch-/überquert werden mussten, oder sumpfig-wässriges Gras/Moos etc. überlaufen wurde, wo man auch meist mindestens Knöcheltief im Wasser stand und mehrmals seine Schuhe fast stecken geblieben sind. Die Strecke war mit Fähnchen auf Sichtweite meist gut markiert, aber an einigen Stellen war dennoch hilfreich, dass man eine Navigation mit gps-Uhr hatte.

Am Starttag erfolgte zunächst vom Ziel (nördlicher Punkt der Lofoten) ein Bustransfer über 2 Stunden, danach folge eine Katamaranfahrt über 1 Stunde zum eigentlich Startgebiet (südlicher Punkt der Lofoten). Der Start des Laufs war um 12 Uhr bei gutem Wetter mit Sonnenschein. Das heißt aber auch, dass es zwar Sonnenschein hatte, aber halt trotzdem nur 15 Grad auf Meeresspiegel (entsprechend weniger auf den Bergen). Die Lofoten liegen in der Arktis und das wahrscheinlich typische arktische Wetter durften wir im Laufe des Laufs hautnah kennenlernen. Die ersten Stunden waren mit Sonnenschein und Windstille gut machbar mit Laufjacke. Am Abend und v.a. in der Nacht wurde es aber dann schon merklich kühler, sodass ich über die Laufjacke noch eine Windjacke drüberzog und so auch gut durch die Nacht gekommen bin. Ab ca. 4 Uhr in der Nacht hat man schon gemerkt, dass das Wetter zunehmend kippt, es immer weiter kühler wird und vor allem der Wind merklich zunahm, was wiederum die gefühlte Temperatur erniedrigte. Zudem begann es auch mit leichtem Regen. An dem Verpflegungs-/Kontrollpunkt bei km 96 (ca. 5 Uhr morgens) war ich schon derart durchgefroren, dass ich mich dort erstmal für 1 Stunde vor dem dortigen Ofenfeuer erwärmte. Meine mitgeführte Regenjacke und Regenhose hatte ich bereits zuvor schon aufgrund der Kälte angezogen. Weitere Kleidung konnte man vorab erst beim Checkpunkt bei km 116 deponieren, sodass ich irgendwie bis dorthin kommen musste. Nur beispielsweise: diese 20 km von km 96 bis 116 waren mehr oder weniger flach. Das heißt aber überhaupt nicht, dass man dann auch „Laufen“ konnte, denn es ging regelrecht über größere und kleine Steine oder vielmehr Felsen direkt am Mehr an der dortigen Felsklippe, stetig die Felsklippe hoch und wieder runter. Beim Checkpunkt km116 zog ich dann wirklich alle Kleidung an, die ich dort zuvor deponiert, denn das Wetter wurde weiter merklich schlechter. Meine Kleidung: Thermo-Unterhemd, Langarmshirt, Thermo-Winterjacke, Windjacke, Regenjacke. Zudem Thermo-Hose und darüber noch Regenhose. Die letzten 50 km bis zum Ziel hatten es dann wirklich in sich. Zunächst eine Bergkette mit dem Gipfel bei ca. 500 Meter über dem Meer und dortiger Gratüberschreitung. Dort regnete es nur ein wenig, aber der Wind war die Hölle, starke bis sehr starke Sturmböen bei komplettem Nebel mit Sichtweiter 20-30 Meter. Die Gratüberschreitung war für mich schon eine regelhafte Qual, weil Felsstein zu Felsstein zu erklimmen waren und dazu noch starke Windböen, bei denen man sich dann regelrecht an den Felsen festhalten musste und dazu die Aussicht, dass es rechts und links neben einem viele, viele Meter steil bergab geht. Grenzwertig. Die weitere Strecke führte dann von km 130 bis 145 auf der Landstraße am Meer entlang. Ab hier und bis zum Ziel anhaltend setzte dann ein Regenschauer seines gleichen an, es schütte teils aus Kübeln und dazu der Sturm. Die Brückenüberquerungen wurden richtig zur Herausforderung, denn man musste sich aufgrund des Sturms von der Seite regelrecht am Geländer festhaltend fortbewegen, um durch die Böen nicht auf die Straße geworfen zu werden. Ab km 145 stand dann für die letzten 20 km noch die letzte Bergkette an. Das Wetter wurde weiter kritischer (auch wenn das kaum noch möglich war). Zunächst musste beispielsweise ein Fluss durchquert werden mit ca. 8 Meter breite und man stand Knie-bis Oberschenkel tief im Wasser. Dann ging es steil bergauf und in ausgesetzter Höhe mussten dann wieder Felsen erklommen werden, Schneefelder durchquert werden. Eine Gratüberschreitung, die seines gleichen sucht. Aufgrund des starken Regens glich die Strecke (sofern nicht Felsen erklommen werden mussten) nun nur noch einem Flussbett, bei dem man mindestens knöcheltief im Wasser stand. Die Schneefelder und auch der matschige Boden wurden zur reinsten Rutschpartie, bei der ich alle paar Meter rücklings, seitlich oder bauchwärts auf dem Boden lag. Die Kälte führte dazu, dass man Füße und Hände kaum noch spüren konnte. Keine Ahnung wie, aber irgendwie bin ich dann trotz dieser Widrigkeiten in Ziel gelaufen. Aufgrund des „Schlotterns“ auf den letzten Kilometern bin ich dann nur kurz über die Ziellinie, kurzes Foto und dann umgehend weitergelaufen in mein Hotel, das 300 Meter entfernt war. Dort dann mit allen Klamotten und Schuhen noch an unter die maximal heiße Dusche…

Im Nachhinein habe ich dann erfahren, dass für langsamere Läufer aufgrund der Wetterumstände die letzte Bergkette aus Sicherheitsgründen umgeleitet wurde und sie auf der Straße direkt ins Ziel laufen durften, was schon viel früher von Nöten gewesen wäre.

Welche Erkenntnisse nehme ich aus dem Lauf mit? In Zukunft überlege ich mir vorher genau, wo ich laufen werde. Ich mag Wärme und Hitze. Das Laufen in der Arktis kann zu extremen Temperaturen führen und ist für mich zu kalt. 7000 Höhenmeter haben es an sich schon in sich, viel entscheidender ist aber auch noch der Untergrund. Für mich als Flachlandtiroler und aktuell in Berlin wohnend ist eine derart lauftechnisch anspruchsvolle Strecke nichts, das hat für mich nichts mit „Laufen“ im eigentlichen Sinne zu tun. Ich bin dafür nicht trainiert oder ausgebildet. Am letzten Berg haben mich die führenden der 50 Meilen und der 48 km Strecke überholt, die später gestartet sind. Da habe ich nur gestaunt, wie die über die Felsen gehüpft sind. Es war eine Augenweite anzusehen, dass Trail-Running auch wirklich „Running“ sein kann. Mein Fortbewegen in diesen Passagen glich eher einem Walross oder Elefant, ohne diese jetzt zu diffamieren.

Insgesamt bin ich im Nachhinein natürlich glücklich und auch ein wenig stolz, den Lauf mit all seinen Umständen gefinisht zu haben, aber einmal ist definitiv ausreichend. So ganz schlecht war ich wohl auch nicht. Meine Zeit: 31:33 Stunden. Dies führte dann zu Gesamt-Platz 12. Gestartet sind insgesamt 100 Läufer:innen, davon konnten jedoch nur 48 finishen. (Anmerkung: dies war dennoch die mit Abstand höchste Finisherquote in den letzten Jahren bei diesem Lauf!)

Die wunderschöne Landschaft der Lofoten und die Mittsommersonne werde ich nie vergessen.

Anmerkung Gerhard Kaster: Ich bin dort in 2019 gelaufen. Miserables Wetter, Schneefall, keine Mitternachtssonne. Glücklicherweise bin ich nur die 80KM gelaufen (2. in der AK). Bei den 166km hatten nur 15% gefinished!!!

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