Laufgemeinschaft der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung e.V.

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Text und Tabellen: Michael Irrgang, Bild: 48h WM, Gloucester: Martina Stumpf-Irrgang, 21.12.2023

Tag2 B2 StartDer 48h-Lauf wird populärer, und zwar nicht nur seitdem es Weltmeisterschaften in dieser Disziplin gibt. Das eigentliche Rennen ist recht komplex und erfordert viele Kompetenzen, die in der Vorbereitung systematisch antrainiert werden können. Auf der anderen Seite ist die Teilnahme an einem 48h-Lauf auch nicht so schwer, denn man kann versuchen, gesund am Start zu stehen und dann loslaufen oder auch wandern. Einfach einmal ausprobieren, ist durchaus ein üblicher Ansatz.

In diesem Text möchte ich ein paar Dinge des Trainings und der Renngestaltung erklären, damit es nicht zu einem chaotischen Abenteuer, bzw. unkalkulierbarem Experiment wird, sondern zu einem schönen Erlebnis. Geplant ist ein weiterer Text, der sich damit beschäftigt, was im Wettkampf zu beachten ist.

Grundsätzlich sind alle Ultralaufpläne auch zur Vorbereitung auf einen 48h-Lauf geeignet, insbesondere die zum 24h-Lauf. (Link: hier klicken).

Man sollte allerdings schon mehrere Jahre regelmäßig an 24h-Läufen teilnehmen und am Ende zwar müde, aber nicht verletzt sein, bevor man einen ernsthaften Start mit einer gewissen Leistungserwartung in Erwägung zieht. Trotzdem sollte bei der Premiere zwischen „ich will“ und „ich mach“ etwa 1 Jahr zur Vorbereitung liegen, um das Training strukturiert umsetzen und viele kritische Komponenten ausprobieren zu können. Denn man kann im Wettkampf nur abrufen, die man auch vorher geübt hat. Daher muss man das langsam laufen oder schnelle marschieren üben, üben und üben.

Das Wichtigste ist, dass man sowohl für das Training als auch den Wettkampf einen sachgerechten Plan, also eine Idee der strukturierten Gestaltung, über den gesamten Zeitraum hat.

Trainieren heißt „sich vorbereiten“ und schließt je länger der Lauf ist, immer mehr erfolgskritische Faktoren ein, die ausschnittsweise kurz vorgestellt werden.

Ernährung: Man verbraucht Unmengen an Energie im Wettkampf und muss lernen, trotz Belastung und ggf. Hitze Energie aufzunehmen und zu verwerten. Genügend Salz und Flüssigkeit natürlich auch, aber vor allem viele Kalorien. Nicht unwichtig sind die Fragen, was schmeckt nach 40 Laufzeit? Worauf habe ich Appetit? Was liefert mir die Nährstoffe, die ich brauche?

Ausrüstung: Man darf nicht frieren, nicht schwitzen, nicht überhitzen, keine Scheuerstellen/Blasen bekommen und sollte natürlich auch keine orthopädischen Probleme bekommen. Also sollte man zum Wettkampf genau wissen, welche Stellen eingecremt oder getapt werden müssen und welche Schuhe auch noch nach 24h passen, wenn die Füße angeschwollen sind.

Mentale Fähigkeiten: Im Wettkampf muss man sich am Anfang sehr zurückhalten, vielleicht langsamer starten als möglich und erste Pausen einlegen, wenn man sie noch gar nicht braucht. Später muss man tapfer und ausdauernd gegen Müdigkeit, Motivations- und Lustlosigkeit ankämpfen, darf weder zu viel noch zu oft gehen oder pausieren. Idealerweise erhält man sich über die Gesamtdauer Achtsamkeit und Lauffreude.

Auch diese mentalen Fähigkeiten kann und muss man üben! Wenn einem das Training zu leicht vorkommt, wird man im Wettkampf nicht in der Lage sein, Schwierigkeiten oder Motivationsprobleme zu überwinden. Also durchaus einmal knackige Trainingseinheiten oder Testwettkämpfe in die Vorbereitung einbauen.

Taktik: Wahrscheinlich kann niemand 48h am Stück laufen. Daher gilt es, den optimalen Mix aus Laufen, langsamen Gehen, schnelles Marschieren sowie kurzen und langen Pausen zu finden. Und das ist sehr individuell! Folglich braucht man einen sehr individuellen, erprobten Plan und, man muss sich natürlich auch an daran halten!

Resilienz: Die Widerstandsfähigkeit gegen Ermüdung aller Art ist der Schlüssel, um lange aktiv auf der Strecke zu sein und fasst in gewisser Weise alle oben genannten Punkte zusammen.

Läuferische Leistungsfähigkeit: Man braucht viel Ausdauer und eine hohe Laufökonomie. Beides bekommt man durch lange Läufe und hohe Umfänge im geplanten Wettkampftempo. Und trotzdem gilt die Regel: Je schneller man 10 km laufen kann, desto höher ist die aerobe Leistungsfähigkeit und damit das Potenzial (auch) für einen 48h-Wettbewerb. Daher schadet ein bisschen Tempoarbeit auch nicht.

Grundsätze zum Training

Der wöchentliche Trainingsumfang und die Länge des langen Laufes sind die entscheidenden Parameter der Vorbereitung, aber nicht nur. Daher ist ein ganz banales Ziel der Vorbereitung, beide Zahlen zu steigern.

Der lange, langsame Lauf ist die wichtigste Einheit, weil sie zum einen perfekt den Fettstoffwechsel und die Ausdauer trainiert, aber zum anderen wettkampfspezifisch ist, weil diese Einheiten etwa im Anfangstempo des Wettkampfes gelaufen werden. Die wöchentliche Standardeinheit sollte sich von 3 auf 5 Stunden steigern. Im Wettkampftraining, der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung gerne auch mehr, bzw. gerne auch im Rahmen von Trainingswettkämpfen. Von der Herzfrequenz schlage ich einen Bereich von 65 bis 70% der Hfmax vor, bzw vom Tempo etwa 60 bis 90 Sekunden pro km über dem Marathonrenntempo.

Man kann in diese langen Einheiten auch sinnvoll Gehabschnitte integrieren. Insbesondere am Anfang, wenn einem die Dauer noch schwerfällt und am Ende, wenn man sich spezifisch auf den Wettkampfrhythmus vorbereitet. Ansonsten eher nicht. Gehabschnitte kann man nach Zeit wie „9,5 min laufen, 0,5 min gehen“ oder nach Distanz „950m laufen und 50m gehen“ planen. Eher ungeeignet ist der Ansatz „nach Gefühl“, was man allerdings häufig sieht.

Man kann den Trainingseffekt der Einheit dadurch verbessern, dass man mit einer gewissen Vorermüdung startet, z.B. weil man am Vortag eine belastende Trainingseinheit gemacht hat oder, wenn man bewusst nicht mehr Nahrung zu sich nimmt, als erforderlich ist.

Tempotraining. Tempotraining hat das Ziel, schneller zu werden. Es schult Kraft, Koordination, verbessert die VO2max und andere leistungslimitierende Faktoren. Durch Tempotraining erhöht man sein läuferisches Potential. Auch wenn das Tempo weit vom Wettkampftempo entfernt ist, ist der Effekt, dass sich auch bei niedrigem Puls das Lauftempo erhöht. Zwei Tempoeinheiten pro Woche sind ausreichend, z.B. einen 30-minütigen Tempodauerlauf oder Wiederholungsläufe wie 8 x 1000 Meter.

Athletiktraining. Die Kräftigung der Rumpf- und Fußmuskulatur ist essenziell für einen guten, verletzungsfreien, ermüdungsarmen Laufstil. Einmal die Woche 30 Minuten laufspezifisches Training ist die minimale Pflicht, zweimal 30 Minuten deutlich besser und zweimal 1 Stunde perfekt.

Besondere Einheiten. Viele Ultraläufer haben sehr gute Erfahrungen mit zwei langen Einheiten an aufeinanderfolgenden Tagen gemacht. Der 48h-Läufer sollte durchaus zweimal 8 bis 10 Stunden laufen oder sogar über mehrere Tage. Auch ein Wanderurlaub ist durchaus zielführend, bei dem man beispielsweise 5 Tage je 10 Stunden wandert! Oder eine mehrtägige Radtour oder eine Woche Trainingslager, in dem Laufen, Wandern, Radfahren und andere Sportarten kombiniert werden. Nach solchen Belastungsspitzen ist es allerdings erforderlich, reichlich Regeneration einzuplanen – daher sollte man solche Intensivblöcke nicht zu oft einlegen.

Wettkämpfe. Wettkämpfe sind eigentlich immer möglich. Unabhängig davon, ob sie als Trainingslauf, Leistungstest und zum Spaß bestritten werden. Dabei sind schnelle Marathons genauso gut geeignet wie 24h-Läufe, Backyards oder 100-Meilen-Trailläufe! Sie bringen Abwechslung ins Training und insbesondere, wenn man gute Ergebnisse anstrebt, schulen sie die Selbstwahrnehmung und andere mentale Faktoren. Aber auch hier gilt: Nicht zu oft, nicht zu hart, auf Regeneration achten.

Fazit: Tempo- und Athletiktraining sind wichtig, aber am wichtigsten ist der regelmäßige, lange Lauf und der Umfang pro Woche. Sowohl im Training, im Trainingslager als auch bei Wettkämpfen darf man sich nicht überfordern, sondern ist gut beraten, die Länge, bzw. den Umfang nur langsam zu steigern. Im Idealfall sollte man in der Lage sein, im Training 6 bis 8 Stunden zu laufen oder bei einem 24h-Lauf verletzungsfrei eine 90%-Leistung abzurufen. Auch vor einem zweimaligen Training pro Tag sollte man nicht erschrecken. Es ist oftmals der sinnvolle Weg, verschiedene Trainingszwecke zu kombinieren.

Konkrete Trainingspläne

Wie könnte nun ein Trainingsplan aussehen? Genauso wie beim Marathon müssen Teilnehmer mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielsetzungen systematisch, aber unterschiedlich trainieren. Allerdings spielen die Ziele eine nachgelagerte Rolle, da viele 48h-Teilnehmer ihr Ziel mit „gut durchkommen“ beschreiben würden und nicht mit einer konkreten Kilometerleistung und Wettkampfpace. Weit häufiger als man denkt, richtet sich der individuell optimale Plan auch nach der verfügbaren Zeit und Lust und weniger nach sportwissenschaftlichen Erkenntnissen.

Der folgende Plan richtet sich eher an die Kategorie „ambitionierte Läufer“, der für jeden Einzelfall individuell angepasst werden muss. Bei der Beschreibung hat sich bewährt, die Trainingsstruktur mit Dauer und Typ zu beschreiben. Da kann sich dann jeder selbst seine Distanz und sein Tempo heraussuchen.

In diesem Plan sehe ich zwei Zeitfenster für die Sporteinheiten vor: morgens, d.h. vor dem Frühstück, bzw. nach einem kleinen Snack und abends, d.h. vor dem Abendessen.

48h Struktur

Ich benutze für die verschiedenen Typen verschiedene Farbe, die bestimmten Belastungen entsprechen.

Der erste Plan „Start“ wäre eine Startstruktur, mit der die meisten erfahrenen Ultraläufer sofort starten könnten. Von der Phase würde ich dies als „Grundlagentraining“ bezeichnen, in dem der Fokus auf die Entwicklung der Schnelligkeit gelegt wird. Der zweite Plan entspricht der Zielstruktur, d.h. das Training wird allmählich in diese Richtung entwickelt. Aber Achtung: Die Anzahl der Trainingseinheiten und der Gesamtumfang muss langsam gesteigert werden. Als Faustregel gilt: Nur 1 Mehreinheit und 10% mehr Umfang pro Monat!

Die morgendlichen Einheiten am Montag und Freitag sind optional und eher für die ganz Fleißigen gedacht. Sie haben eher regenerativen Charakter und tun nicht weh. Dieser Plan ist für die Grundlagenphase gedacht, in welcher der Schwerpunkt auf Tempo und Athletik liegt. Ein konkreter Plan könnte so aussehen:

48h Start

Montag ist der Ruhetag, alle anderen Tage haben einen Tempo- oder Kraftanteil. Am Dienstag werden bei dieser typischen extensiven Intervalleinheit 10,5 km etwa im Halbmarathontempo gelaufen und am Donnerstag ist bei der intensiven Intervalleinheit das Tempo etwa 30 sec pro km schneller. Beide Einheiten sollten mit Steigerungsläufen und etwas Lauf-Abc vorbereitet werden. Man darf hier nicht überziehen und muss erst das Laufgefühl für die für Ultraläufer ungewohnte Bewegung entwickeln.

Alternativ kann man auch einen einstündigen Traillauf vorsehen.

Am Freitag ist das Ziel, etwa 30 min schnell zu laufen, d.h. es können im Mittelstück auch 6 oder auch 9 km sein. Insgesamt dauert diese Einheit keine Stunde! Am Samstag folgt ein Fahrtspiel, gerne im hügeligen Gelände. Die Einheit hat abwechselnde Intensitäten, im Durchschnitt aber über 80% Hfmax und sollte sich „mittelintensiv“ anfühlen. Am Sonntag gibt es morgens ein ganz gemütliches Training über 3 Stunden, bevor abends noch einmal Athletik trainiert wird.

Warum mittwochs und sonntags Athletiktraining? Weil die Mitglieder der LG Ultralauf an diesen Tagen an einem Online-Training teilnehmen können.

Der Plan wird monatlich immer ein klein wenig angepasst, bis er etwa dieser Zielstruktur entspricht.

48h Ziel

In Summe sind es bei täglichen Laufeinheiten zwischen 14 bis 18 Stunden, zusätzlich 2 Krafteinheiten je 1 Stunde und 2 Stunden schnelles Walken. Insbesondere, wer plant, längere Abschnitte zu wandern, sollte mindestens einmal pro Woche das schnelle Marschieren üben.

In der Zielstruktur kommen am Montag und Freitag zusätzliche, ganz leichte Einheiten hinzu. Am Dienstag wurde die Anzahl von 15 auf 20 erhöht und in diesem Beispiel eine andere Variante ausgewählt. Hier wären auch andere Varianten von „Extensiven Wiederholungsläufen“ möglich, wie z.B. 5 x 2 km schnell (also Halbmarathontempo) mit 500m Trabpause. Die intensiven Wiederholungsläufe am Donnerstag wurden durch die frühere Samstagseinheit ersetzt. Dadurch wird nun auch unter der Woche ein langer Lauf absolviert. Der Samstagslauf ist jetzt flach und die Dauer kann auf bis zu 6h schrittweise ausgedehnt werden. Auch der Sonntagslauf wird etwas verlängert und könnte 4 Stunden in Anspruch nehmen.

Achtung: Dies sind Belastungswochen und dürfen auf gar keinen Fall jede Woche trainiert werden. Stattdessen sollte man je nach Regenerationsbedarf nach 2 oder 3 Wochen eine Regenerationswoche einlegen. 

Dieser Plan ist sehr zeitaufwändig und alleine vom zeitlichen Umfang für die meisten nicht zu schaffen. Das macht nichts, man sollte, wenn eine Einheit nicht passt oder man eine Pause braucht, sie ersatzlos streichen.

Der Zeitbedarf ist sicher der Knackpunkt. Grundsätzlich sind die Regenerationsfähigkeit und die orthopädische Belastung weitere kritische Punkte, auf die man achten muss. Hier ist eine gewisse Erfahrung nötig.

Wie oben erwähnt, setzt man wirksame, sinnvolle Trainingsreize, wenn man ab und zu aus diesem Schema ausbricht und Trainingsblöcke einstreut, wie beispielsweise 3 Tage laufen zu 6 bis 8 Stunden oder einen Wettkampf absolvieren. Etwa alle 4 bis 6 Wochen kann man einen Wettkampf von 100km bis 24h ins Training integrieren. Kürzere Wettkämpfe gehen eigentlich immer statt des üblichen Wochenend-Blockes.

Für die Vorbereitung wünsche ich euch viel Spaß, eine Verbesserung eurer Leistungsfähigkeit sowie anhaltende Gesundheit und Motivation.

 

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