In wenigen Tagen findet der BUF, das Bottroper Ultralauf Festival statt. Wie im letzten Jahr wird es wieder einen 6-, 12- und 24 Stundenlauf geben, mit der 30. Deutschen Meisterschaft der DUV im 24h-Lauf als Hauptveranstaltung. Fast 200 Teilnehmer haben sich zum 24h-Lauf angemeldet und könnten zu der teilnehmerstärksten Meisterschaft sorgen, die es in der langen Geschichte gegeben hat. Zusammen mit den 6h- und 12h-Läufern werden etwa 280 Starter erwartet.
Im Vergleich zu den Meisterschaften im 100km-Lauf hat sich der 24h-Lauf komplett anders entwickelt. Die erste Meisterschaft gab es 1989 in Mörlenbach und die Teilnehmerzahlen der ersten 7 Meisterschaften schwankten zwischen lediglich 50 und 60. Im letzten Jahr in Gotha gab es 136 „Finisher“ und 2011 in Reichenbach sogar die aktuelle Rekordzahl von 137. Historie der 24h-Meisterschaften.
Die Teilnehmerzahlen und auch Leistungen sind im Laufe der Jahre also eher größer und besser geworden! Es ist gut möglich, dass dieser „Finisher-Rekord“ gebrochen wird, wobei natürlich nicht alle gemeldeten Starter antreten und nicht alle Starter die Mindestleistung schaffen, die für eine Aufnahme in die offizielle Ergebnisliste erforderlich ist.
Das DUV-Präsidium hat sich entschieden, diese Mindestleistungen für die höheren Altersklassen etwas zu senken, was sehr zu begrüßen ist. Die mit 80 Jahren älteste Starterin Christl Kunze von der LG Ultralauf ist über 80 Jahre alt. Sie hätte den Deutschen Altersklassenrekord übertreffen müssen, um in die Wertung zu kommen.
Bei den Altersklassen deutet sich ein weiterer Rekord an: Es sind nach aktueller Meldung 24 Altersklassen besetzt, d.h. von den jüngsten Klassen W20 und M20 bis zu den Klassen W80 und M80 sind Starter in allen Altersgruppen vertreten. Das ist ein wunderbarer Beleg dafür, dass bei dem 24h-Lauf besser als bei jeder anderen Disziplin Läufer allen Alters und jeder Leistungsklasse gemeinsam einen Wettkampf bestreiten können.
Neben der Größe und Breite des Startfeldes verspricht die Besetzung viele erstklassige Leistungen und interessante Entscheidungen.
Bei den Männern sind die drei Erstplatzierten der letzten Meisterschaft in Gotha dabei, wobei Marcel Leuze (TB Hamburg Eilbeck) als Titelverteidiger und sein Vize Stefan Wilsdorf (LAC Rudolstadt) sicher die Favoritenrolle gebühren, aber der Drittplatzierte, Stu Thoms (LG Nord Berlin), der ebenfalls mehrfacher Deutscher Meister und WM-Teilnehmer ist, wird ebenfalls um die Vergabe mitreden können. Aber es gibt auch Newcomer, denen man eine Top-Leistung zutrauen kann, wie beispielsweise Tobias Hegmann.
So vollständig das Männerpodest von Gotha vertreten ist, so unvollständig ist es bei den Frauen. Hier ist für mich die aktuelle Kader-Athletin Anke Libuda die Top-Favoritin, dahinter können 10 Frauen um die übrigen Podestplätze mitlaufen allen voran die erfahrene Nationalmannschaftskollegin von Anke, Sigrid Hoffmann. Eine Analyse aller Top-Läufer hat der Sportwart der DUV, Norbert Madry in seiner Vorschau gegeben (Link).
Die Mannschaftswertungen versprechen ebenfalls Spannung, da in allen vier Wertungen starke Vereine in Mannschaftsstärke gemeldet haben. Es gibt 6 Vereine mit Männermannschaften und 5 mit Frauenmannschaften, selbst bei den Seniorenmannschaften sind viele Mannschaften möglich. Bei den Männern könnte die Mannschaft von LG Mauerweg in den Kampf zwischen LG Nord und LG Ultralauf eingreifen und bei den Frauen die Ultrafriesen. Wird sicher wieder spannend werden.
Die Meisterschaft kann vor Ort natürlich optimal beobachtet werden. Dort gibt es die wunderschöne Cafeteria des Bürgerhauses im Batenbrockpark mit Blick auf die Laufstrecke. Auch für die Betreuer, Zuschauer und Gäste wird es wohl annährend rund um die Uhr Essen, Trinken, gute Musik und Zwischenergebnisse geben.
Aber auch die Interessierten, die nicht nach Bottrop reisen mögen, können live das Rennen verfolgen, denn wir planen, erstmalig für alle Wettkämpfe Live-Zwischenergebnisse online bereitzustellen. Und vielleicht sogar ab und zu ein Bild oder einen Kommentar.
Aber es gibt nicht nur die Jubiläums-Meisterschaft, die übrigens die letzte ihrer Art sein könnte, da es sich abzeichnet, dass der DLV ab dem nächsten Jahr diese Disziplin in sein Meisterschaftsprogramm aufnehmen wird, was einige Änderungen zur Folge haben wird, z.B. die Einführung der Startpasspflicht.
In diesem Jahr nehmen auch Leute an dem offenen 24h teil, die nicht an der Meisterschaft startberechtigt sind, weil sie beispielsweise aus den Niederlanden, Belgien und Dänemark kommen. Wir sind sehr froh über das internationale Publikum, dessen Anreise allerdings zumindest teilweise kürzer ist, als bei den Gästen aus Berlin oder aus Schwindegg.
Ein interessantes Duell zeichnet sich im 12h-Lauf der Frauen ab. Dieser Wettbewerb wird als Nachtlauf durchgeführt mit einem Start um 19 Uhr und einer Siegerehrung, die im Rahmen eines gemeinsamen Frühstückes durchgeführt wird und von der Atmosphäre etwas ganz Besonderes ist. Hier startet sowohl die Titelverteidigerin Lydia Doornbos aus den Niederlanden als auch Simone Durry, die sich nach einer Laufpause wieder zurückmelden möchte.
Bei den Männern startet über 12 Stunden der 81jährige Lokalmatador Theo Soboll, der bei der BUF-Premiere 2016 dort im 6h-Lauf Deutschen Rekord lief und damit bewies, dass die flache und schattige Strecke im Batenbrockpark am Fuße des Tetraeders, einem der Wahrzeichen von Bottrop, durchaus für sehr gute Ergebnisse geeignet ist.
Bei dem 6h-Lauf mussten wir die Anmeldemöglichkeit vorzeitig schließen, um den Großteil der Maximalkapazität für die 24h-Läufer zu reservieren. Hier sind jetzt etwa 60 Starter gemeldet.
Für bisher Unentschlossene ist in sehr begrenztem Umfang eine Nachmeldemöglichkeit vorhanden.
Zum groben Ablauf: Am Freitag 17 Uhr beginnt die Veranstaltung mit der Startnummernausgabe. Pünktlich 12 Uhr am Samstag fallen dann die Startsignale für den 6h- und 24h-Lauf – ein Moment, den Läufer wie Organisatoren entgegenfiebern. Die Teams der ausrichtenden Vereine Adler-Langlauf Bottrop und LG Ultralauf und die DUV als Veranstalter der Meisterschaft freuen sich auf gutes Wetter, schöne Wettkämpfe und viele nette Menschen. Abgeschlossen wird das Ultralauf Festival am Sonntagnachmittag mit der feierlichen Siegerehrung.
Text und Bilder: Michael Irrgang, 28.8.2018
Transscania 2018
Üblicherweise entsteht ein Bericht von einem Ultra bei mir bereits während des Laufs. Dabei leiten mich Fragen wie „Was interessiert die Leser?“, „Was ist besonders an diesem Lauf?“, „Welche Erlebnisse sind am eindrucksvollsten?“ usw.
Beim Transscania hatte ich diese Überlegungen nur selten, und wenn, dann sind mir die entsprechenden Antworten verloren gegangen..
Der Reihe nach …
Nach meinem ersten 100 Meiler letztes Jahr (Mauerweglauf) sollten neue, längere Herausforderungen her. Meine Wahl fiel im Herbst auf den Transscania, einer doppelte Durchquerung der südschwedischen Landschaft Schonen (schwedisch „Skåne“, lateinisch „Scania“) von Bjärred an der schwedischen Südküste nach Håväng an die Ostküste und zurück nach Lund, dem historischen Zentrum Südschwedens. Insgesamt 246 km auf dem „Skåneleden“ (einem Wanderweg) überwiegend auf Trails und Schotterstraßen und einem Cut Off von 60 Stunden – für mich sehr herausfordernd aber es schien mir machbar …
Quelle: transscania.se
Anfang November erhielt ich dann die Bestätigung vom Veranstalter, dass ich dabei bin – immerhin gab es nur 20 Startplätze.
Jetzt ging es für mich wirklich mit der Vorbereitung los: Karten vom „Skåneleden“ organisieren, Google Maps analysieren etc.
Meine Trainings- und Wettkampfplanung richtete ich komplett auf diesen Wettkampf aus:
Im März traf ich in Rheine zufällig Georg, der den Transscania bereits 2016 finishen konnte und mir zahlreiche hilfreiche Tipps gab, die mir u.a. halfen, meine Ausrüstung abzurunden und zu optimieren.
Nach den 24Stunden von Saeby fiel ich in ein Motivationsloch, dass sich ab Anfang Juli so vertiefte, dass ich beschloss, das Tapering ‚mal auf 5 Wochen zu verlängern … Nicht die schlechteste Idee im Nachhinein.
Bereits drei Wochen vor dem Wettkampf ging es mit der Familie in den Urlaub nach Schweden. Wir reisten mit dem Wohnwagen durch den heißesten Sommer in Schweden seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im 18. Jahrhundert. Statt zu laufen ging ich viel lieber mit meinen Lieben paddeln oder schwimmen. Ein angedachter langer Lauf mit meiner Fahrradbegleitung vom letztjährigen Mauerweglauf fiel leider aus, so dass aus dem langen Tapering eher eine lange Regenerationsphase wurde. J
Da ich bereits wochenlang vorher in der Hitze trainiert hatte, hatte ich eigentlich keine wirklichen Bedenken in Bezug auf die Temperaturen. Außerdem kündigte die Wettervorhersage eine Abkühlung auf die üblichen schwedischen Sommertemperaturen (20-25 Grad) an. Ich wusste, dass die Versorgung, insbesondere mit Nahrung und Wasser die große Herausforderung werden würde, da der Lauf komplett ohne Versorgungspunkte war. Es gab lediglich einen Dropbag Standort ungefähr in der Mitte Schonens, der zwei Mal passiert wurde, den ich aber nicht nutzte.
Am heißesten Tag des Jahres fuhr mich meine Familie nach Lund. Nach Besichtigung des eindrucksvollen Doms (immerhin der älteste Skandinaviens) bezog ich mein Hotel und machte mich auf zum „Pre-Race Dinner“. Am Eingang traf ich den einzigen weiteren Ausländer Rouven aus den Niederlanden, der aber in Lund lebt und mich gleich darauf hinwies, dass hier ein Teil der schwedischen Ultra Elite antrat.
Nach einem sehr netten und unterhaltsamen Briefing gab es ein Essen, das für deutsche Ultraläufer doch etwas exotisch (Thai) und insbesondere unterdimensioniert ausfiel. So war ich froh, mich bei einem Kiosk um die Ecke anschließend noch mit Sandwiches und Dosenbier stärken zu können.
Ich schlief recht gut, bis mich heftiger Regen weckte – über Schonen zog ein nicht vorher gesagtes, aber sehr heftiges Gewitter mit dem ersten richtigen Regen seit Wochen hinweg. Umdrehen, Hauptsache weiter schlafen, denn es würde lange dauern, bis ich dazu wieder Gelegenheit bekäme.
Leider fiel das Frühstück im Hotel aufgrund der frühen Uhrzeit aus, aber ‚mein‘ Kiosk war wieder die Rettung – Kanelbullar und Kaffee waren eine zumindest ausreichende Grundlage.
Im Startgeld enthalten war der Transfer von Lund zum Start in Bjärred, jeweils vier Läufer wurden in ein Taxi verfrachtet und 15 Minuten später waren wir an der „Långa Bryggan“, einer der längsten Seebrücken Schwedens. Hier gab es die für diesen Lauf obligatorischen GPS Tracker, die es Familie, Freunden und vor allem den zwei (!) Organisatoren erlaubten, die Läufer im Blick zu behalten, damit niemand verloren ging. Man konnte am Meer sehen, dass sich das Wetter grundlegend geändert hatte, ein starker Westwind sorgte für deutlich mildere Temperaturen als die Tage zuvor.
Nach ein paar letzten Instruktionen ging es pünktlich um 8.00 Uhr mit 20 Teilnehmern auf die Strecke, die ersten 400 Meter ‚übers‘ Meer.
Foto: Christofer Kull (https://www.flickr.com/photos/ckull/sets/72157669970957837/)
Sehr früh wurde ich ans Ende des Feldes „durchgereicht“, hatten doch einige der Pros das Ziel, den bisherigen Streckenrekord (31:37) zu unterbieten und vor allem die Schallmauer von 30 Stunden zu durchbrechen – was auch gelang!
So wurden es immer weniger Gesprächspartner im Feld, aber schnell stellte sich heraus, dass ich vom Tempo und Anspruch gut mit der einzigen Frau im Feld harmonierte. Lupita war für mich ein echter Glücksfall, hatte sie doch bereits drei Mal am Rennen teilgenommen und zwei Mal gefinished. Und sie kam aus der Region und konnte mir vor allem auf der zweiten Hälfte des Hinwegs viele Details über das Leben in Schweden erläutern. Wir konnten uns viel erzählen und blieb die sonst bei mir übliche Gedanken (siehe oben) aus.
Nach 28 km kamen wir in Skrylle an, der erste Punkt, an dem es Wasser und Nahrung gab. Ein kleines Cafe in einem Naherholungsgebiet bot Essen und Getränke an, die ich gerne und ausreichend nutzte. Bargeld war wie immer in Schweden nicht notwendig, jede Kleinigkeit unterwegs (und wenn es nur ein Eis war) wurde einfach per Kreditkarte bezahlt.
Leider verpassten Lupita (die von Ihrer Familie supported wurde) und ich uns und so war ich die nächsten 40 km auf mich allein gestellt.
Bis Skrylle war das Rennen eher ein Prolog, viel Asphalt und Schotter, kaum Abwechslung. Hinter Skrylle ging es dann endlich auf die richtigen Trails, es gab nun Höhenmeter satt und vor allem immer wieder Begegnungen mit Rindern, da große Anteile des „Skåneleden“ durch weite, extensiv genutzte Weidelandschaften führten. Bereits die erste große Rinderherde jagte mir einen gehörigen Schrecken ein, meinte doch ein junger Bulle, sich mit einem Angriff auf mich profilieren zu können. Zum Glück habe ich immer noch eine rechte laute Stimme, die ihn im letzten Moment seinen Angriff abbrechen ließ.
Es folgten einige Höhenzüge und Trails, die, obwohl nicht höher als ca. 175 Meter über NN, doch einen Mittelgebirgseindruck hinterließen und aufgrund des Gewitters der letzten Nacht nicht immer einfach zu Laufen waren.
Foto: Jens Kruse
Danach traf ich dann noch einmal zufällig im Restaurant eines Golf Klubs Hendrik, der auch bei seiner sechsten Teilnahme traditionell hier eine Mahlzeit einnahm. Da er Schwierigkeiten hatte, seine Mahlzeit aufzuessen, kam ich zum ersten Mal in meinem Leben zu einem traditionellen „Pytt in Panna“ (einem schwedischen Reste-Essen aus Kartoffeln, Fleisch, Roter Beete und Spiegelei).
In Blentarp (km 65) gab es erstmalig einen Supermarkt, ich aber hatte Pasta in einem Wirtshaus vorab per Mail bestellt. Leider war die Bestellung nicht beim Koch angekommen, der aber zauberte mir in kürzester Zeit die beste Nudelmahlzeit meiner Laufkarriere während eines Laufs, leider wie immer zu viel, als dass ein Ultraläufer Magen die Menge aufnehmen könnte.
Ich sollte mich nun beeilen, hatte ich mich doch in Snogeholm (km 72) mit meiner Familie verabredet. Wir hatten vorab vier mögliche Treffpunkte vereinbart, da der Campingplatz, auf dem unser Wohnwagen stand doch über eine Stunde Fahrzeit entfernt war.
Ich kam pünktlich in Snogeholm an und wurde perfekt von Silke und Jasper betreut und verwöhnt. Da es mittlerweile zu dämmern anfing, machte ich mich nachtfertig und als ich los laufen wollte, kam prompt Lupita vorbei, die ich bereits voraus gewähnt hatte. Von nun an liefen wir fast den gesamten Weg zusammen weiter.
Ziel war es, das Dorf „Lövestad“ (km 93) vor Mitternacht zu erreichen, da die dortige Gastwirtschaft üblicherweise so lange auf sein würde.
Gegen 23.30 Uhr trafen wir dort ein. Während Lupita 1 km weiter zum Haus Ihrer Eltern laufen wollte, genoss ich die herzliche Aufnahme in „Karlssons Hörna“, bekam mein geliebtes Käsebrot und gutes alkoholfreies Bier und hatte noch ein paar nette Gespräche mit den anwesenden Gästen und Wirtsleuten. Der Transscania ist tatsächlich für ein kleines Dorf in der schwedischen Provinz ein Ereignis. Per Beamer wurde die Karte mit den Trackerdaten an die Wand geworfen und jeder Läufer wurde mit großem „Hallo“ begrüßt. Die Gäste diskutierten fachmännisch die Leistungen insbesondere der Spitzenläufer – würde Martin den Rekord brechen?
Gut gestärkt ging es wieder weiter Richtung Ostküste, ich holte Lupita ab und dann folgten die schwersten Stunden der ersten Nacht: wir hatten Neumond und die orange Markierung des „Skåneleden“ war nur noch schlecht zu sehen (Wer wandert auch solche Wege nachts?). Oft mussten wir wieder zurück zur letzten bekannten Markierung, da wir einen falschen Pfad erwischten. Gegen 1.30 Uhr kam uns Martin als führender Läufer entgegen, er war bereits gegen Mitternacht in Håväng gewesen und wurde optimal durch eine sehr bekannte Ultra Läuferin (Marathon Mia) supported.
Zwischen 4.00 und 5.00 Uhr wurde ich sehr müde und unkonzentriert. Leider an völlig falscher Stelle, ging es doch jetzt das Tal des Flusses „Verkeån“, an dessen Ufern es über schmale und teilweise abgerutschte Single Trails weiter ging. Zu diesem Zeitpunkt war ich sicher, dass ich nur bis Håväng laufen wollte und mich dort von meiner Familie abholen lassen würde. Am Ende dieser schwierigen Strecke graute der morgen und mit letzter Konzentration traf ich in Vantalängan (km 114), einem kleinen Übernachtungsplatz für Wanderer mit WC und Schutzhütte, die Entscheidung, es mit einem Power Nap, einem Kurz-Schlaf zu versuchen. Während Lupita weiter wandern wollte, legte ich mich in eine Schutzhütte und stellte mir den Wecker meines Mobiltelefons für 15 Minuten später ein. Ich wurde tatsächlich auch sofort wach und fühlte mich erholt und beinahe frisch und konnte bereits einen Kilometer später Hendrik und Niklas überholen, die ebenfalls in Vantalängan geschlafen hatten, aber deutlich länger (ca. 30 Minuten) und nun zum Sonnenaufgang bei ca. 16 Grad sehr froren. Lupita erreichte ich einige Kilometer später kurz vor dem Wendepunkt in Håväng. Dort tauchte ich meine Hände kurz ins Ostseewasser, bevor ich dankend das von Lupitas Eltern bereit gestellte Frühstück aufnahm: schwarzer Kaffee und Hot Dogs – etwas gewöhnungsbedürftig J. Und natürlich lief ich weiter!
In Brösarp hatte nun auch der Supermarkt auf, es gab dort wieder Kanelbullar und eine Art Bitter Lemon. Durch den Urlaub im Land vorab und der Tatsache, dass fast alle Supermärkte auf der Route zur gleichen Kette gehörten, hatte ich bereits im Vorweg einige Lebensmittel auf Verträglichkeit ausprobiert, so dass ich nicht viel Zeit beim Einkaufen verlor. Die Kilometer bis Lövestad vergingen gefühlt nun deutlich schneller, mussten wir doch nicht mehr nach dem Weg suchen. Auch konnten wir nun das Tal des „Verkeån“ genießen.
Foto: Jens Kruse
Kurz vor Lövestad gab es bei Lupitas Eltern wieder Hot Dogs (gar nicht ‚mal so schlecht bei einem Ultra!) und dieses Mal auch auf meinen Wunsch etwas Milch im Kaffee – für Schweden, wie alle Skandinavier, eher unverständlich.
In Lövestad machte ich noch einen kurzen Stopp im örtlichen Tanta Emma Laden und sagte der Besitzerin kurz hallo, hatte sie doch den Läufern angeboten, sie bei Bedarf nachts anzurufen, damit sie den Laden für uns Läufer bei Bedarf öffnen würde.
Die Menschen am Wegesrand waren wie so oft eine echte Motivation: überall hörte man eine „brå jobbat“ (gut gemacht) und wurde man angefeuert, oft stand einfach jemand mit einer Flasche Cola oder Limonade am Wegesrand und bot einen Schluck an.
Foto: Jens Kruse
Auf dem Weg nach Snogeholm kam uns im mitten im Wald ein völlig Unbekannter per Fahrrad entgegen, begrüßte uns überschwänglich wie alte Freunde, kannte (vermutlich wegen des Trackers) unsere Namen und bot uns auf den kommenden 3 Kilometer Mineralwasser und Chips an, die er auf dem Fahrrad mitführte. Wenige hundert Meter vor unserem Versorgungspunkt in Snogeholm (wir diskutierten gerade, ob wir es unter 48 Stunden schaffen würden) erwischte uns ein erster Schauer, es sollte im Verlauf des Abends leider nicht der letzte sein. Das wir es schaffen würden, war uns nun bei Kilometer 175 klar, hatten wir doch ein ausreichendes Zeitpolster.
Auch hier lief Lupita vor mir los, ich wechselte zum ersten Mal die Schuhe und legte erstmalig Gamaschen an – leider viel zu spät, musste ich doch vorher immer wieder kurz anhalten, um kleine Steine aus meinen Schuhen zu kippen.
Dies war eine gute Entscheidung, wie ich im weiteren Verlauf der Nacht feststellen konnte.
Zwischen Sövde und Blentarp fing es erneut an zu regnen, diesmal lang andauernd, was dafür sorgte, dass die Füße schnell durchweichten (hier, lieber Georg, konnte ich nun gut nachvollziehen, was durch 2016 durchmachen musstest …) und für Blasen sorgten.
Es war inzwischen merklich kalt geworden, doch in Blentarp war das Wirtshaus leider schon zu. Gerne hätten wir uns mit einem Tee o.ä. aufgewärmt. Der Abschnitt zum Golf Klub zog sich und ich erkannte leider nichts wieder. Auch musste ich jetzt verstärkt mit der Karte navigieren, da meine neue Uhr, die angeblich im Ultra Modus bis zu 120 Stunden funktionieren soll, rapide an Batteriekapazität verlor – und das trotz Nachladens bei den Treffen mit meiner Familie. Ich hatte leider auch das Kabel für die Uhr im Auto liegen gelassen, so dass ich die von Lupita angebotenen Power Bank nicht nutzen konnte. Am Golf Klub gönnte ich mir noch einmal einen kurzen Power Nap, während Lupita hier von Ihrer Familie versorgt wurde.
Es ging jetzt bei Nacht in die schwierigen Abschnitte über Römmelåsen und Väderkullen. Wir hatten mittlerweile ein super Teamwork bei der Orientierung entwickelt, mussten uns aber gelegentlich immer wieder kurz ausruhen. Dennoch waren wir wohl in diesem Abschnitt mit die schnellsten, wie uns später im Ziel bestätigt wurde. Der Schlafmangel und das schaukelnde Gehen (an Laufen war schon lange nicht mehr zu denken) über Stock und Stein auf rutschigem Grund mit einer Stirnlampe verlangten uns alle Konzentration ab. Einmal schliefen wir beide wohl kurz ein – wie lange konnten wir beide nicht sagen. Der Regen hatte mittlerweile wieder aufgehört und so folgte auf die Morgendämmerung ein sehr schöner Sonnenaufgang. Die letzten 10 km vor Skrylle zogen sich unendlich hin, immer wieder musste ich Lupita ‚mitschnacken‘, blieb sie oft doch aus Müdigkeit einfach stehen.
Kurz vor Skrylle stand plötzlich Lupitas Mann mit dem Auto im Wald und versorgte Lupita letztmalig vor Lund. Im Auto hatte er einen Läufer, der leider aufgrund des hohen Rückstands und seiner körperlichen und psychischen Verfassung das Rennen aufgeben musste. Ab Skrylle versuchte ich noch einmal zu pacen, aber das mittlerweile neue Ziel, unter 50 Stunden zu bleiben, verfehlten wir, wenn auch nur knapp.
Das war auch nicht mehr wichtig, wir genossen einfach nur den Zieleinlauf ins Zentrum von Lund, wo uns eine ganz kleine Ansammlung von Läufern, Freunden und Familie erwarteten. Hier gab es dann das obligatorische Finisher Shirt.
Foto: Magnus Bodin
Meine Familie war so nett und hatte mir das Auto in Lund gelassen – aber an Fahren war noch über 52 Stunden ohne echten Schlaf nicht zu denken und so nahm ich das Angebot von Lupitas Mann an, mich zum Campingplatz zu bringen, dankend an.
Auch jetzt, 5 Tage später spüre ich meine Beine noch. Das Schlafdefizit ist mittlerweile weitestgehend ausgeglichen. Ich habe eine Menge über mich, meinen Körper, aber auch meine Motivation(sfähigkeit) gelernt.
Und ich bin mir sicherer denn je, dass sich jede Grenze überwinden lässt. Wenn man es denn will, und bereit ist, seine Komfortzone(n) zu verlassen …
So ganz habe ich es allerdings noch immer nicht verinnerlicht, dass ich mein Ziel, den Transscania zu finishen, erreicht habe. Erst beim Schreiben dieser Zeilen wird mir klar, was ich geleistet habe und so langsam keimt Stolz auf – ich lass den Keim sich einfach ‚mal entwickeln.
P.S.1: Ob ich das noch einmal mache? Ich denke nicht. Obwohl …? Mit meinem Finish darf ich jetzt jederzeit wieder beim Transscania starten.
P.S.2: Ich habe jetzt sogar 6 UTMB Punkte. Ehrlich gesagt, weiß ich noch nicht, wohin damit … J Vielleicht kann ich sie ja für die nächste Herausforderung nutzen?
Jens Kruse 16.08.2018
Viele Vereinsmitglieder haben am diesjährigen Mauerweglauf teilgenommen und berichten von ihren Eindrücke.
Berichte folgen von Kerstin Hommel, Peter Hübner, Kirsten Althoff, Sylvia Faller, Matthias Kröhling und Sebastian Gonschorek. Teilweise wurden sie gekürzt aus Facebook übernommen.
Kerstin Hommel hat einen längeren Bericht geschrieben:
Wie vor jedem Lauf lege ich mir je nach körperlichen Verfassung meine ambitionierten Ziele fest. Das war für Berlin, in der Klasse M55 unter die ersten 10, im Gesamtklassement unter die ersten 50 und das ganze unter 21h laufen. Die Ziele verflogen ganz schnell, als sich ab km 30 die Beine extrem bemerkbar machten und ich mich einfach nicht auf den Lauf konzentrieren konnte. Neues Ziel, einfach finishen und sich evtl. das Buckle noch schnappen. Wie es manchmal bei Ulträufen so ist, dreht sich der Wind. Ab ca. km 70, kam ich endlich richtig in den Lauf. Am Ende durfte ich doch noch alle Ziele erfüllen. In der AK55 Platz 5, im Gesamtklassement Platz 47 und Endzeit 20:25:08. Was sagt uns dass? Gebt niemals auf und verfolgt eure Ziele bis zum Schluss.
Text und Bild von Peter Hübner
Kirsten Althoff hat bei ihrem ersten 100Meiler sensationell mit dem dritten Platz belegt. Auf Facebook schreibt sie dazu:
In den zwei Wochen vor dem Lauf war ich in einem Modus der Dauer-Nervosität! Ich hab wirklich angenommen, dass mein Körper nach 100km aufhört zu laufen. Die zwei Wochen waren wirklich schrecklich und beim nächsten Mal lasse ich diese Pre-Race-Anspannung einfach mal weg :-P
Pünktlich zum Start hatte ich aber einfach nur noch unglaublich Bock auf den Lauf. Ich hab mich gefreut dabei sein zu dürfen und war neugierig, was da wohl passiert auf der langen Strecke.
Dank Marcel Zöllner bin ich eher defensiv gestartet und hab mich die ersten 60km mit Hinz und Kunz über Gott und die Welt unterhalten. Das Laufen fühlte sich unglaublich entspannt an. Anschließend habe ich mich weiter gut unterhalten, aber nicht mehr mit Hinz und Kunz, sondern mit meiner Radbegleitung. Einen großen Dank an meine Eltern, die sich auf den "letzten" 100km abgewechselt haben.
Ab km 120 wurde es genau wie Tanja Niedick gesagt hat, etwas zäh. Wobei das "etwas" etwas untertrieben ist. Ich hatte zusehens Probleme was zu trinken. Dennoch hatte ich körperlich insgesamt wenig Probleme und konnte permanent laufen. Allerdings habe ich meiner Radbegleitung, die zwischendurch immer wieder über Verbesserungspotentiale philosophiert hat, gesagt, dass das eine absolut einmalige Sache sei. (Ist natürlich Quatsch, aber währenddessen daran zu glauben, ist ganz gut).
Die letzten 30 Kilometer haben sich ewig hingezogen. Gefühlt waren die genauso lang wie die 130km vorher
;-)
Mental fand ich den Lauf äußerst interessant. Bei 100km Läufen habe ich vorher immer die Strecke in Teiletappen unterteilt, wie wir es auch vom Marathon kennen. Bei der Distanz von 161 km habe ich nur gedacht: Das ist mir zu lang zu denken. Ich stell mir einfach vor, dass der Lauf ewig und drei Tage dauert. Deshalb habe ich auch unterwegs nie an eine Zielzeit oder Platzierung oder wieviel km es noch sind gedacht. Neben den Gesprächen hat in meinen Kopf eine Dauerschleife von "Lauf, lauf, lauf" oder wahlweise auch "Schritt, Schritt, Schritt" stattgefunden. Ich war nur in der Gegenwart. Für mich deutlich enspannter als das in die Zukunft gerichtete.
Dass am Ende diese Zeit von 17:49 Stunden und der dritte Platz der Frauen rausgesprungen ist, ist noch nicht bei mir angekommen. Ich hab mit einer Zeit von unter 20 Stunden geliebäugelt. Wahrscheinlich kommt mir meine Wander-Unlust zugute. Selbst wenn es hart wird, denke ich: Wenn ich jetzt durchlaufe, bin ich schneller im Ziel. Selbst an den VPs habe ich keine Lust mich aufzuhalten, sondern genieße das entspannte Eintauchen in den "ewigen" Laufrhythmus. Durch meine Radbegleitung musste ich auch kaum anhalten und bin mehr oder minder durchgelaufen. Mein Plan war einfach stumpf so lange zu laufen wie es geht. Hat zum Glück bis zum Ziel gepasst. Danach ging allerdings ohne Hilfe keine einzige Treppenstufe mehr :-)
Vielen, vielen Dank an Florian Reus. Seine Trainingsberatung ist absolut perfekt. Mir ging es körperlich erstaunlich gut und das hängt maßgeblich mit einer sehr gut verträglichen Trainingsgestaltung zusammen.
Vielen Dank an meine Eltern für den Support! Mir tut eine direkte Begleitung so unglaublich gut. Jedes aufbauende Wort schießt direkt ins Herz.
Vielen Dank an die Organisation des Mauerweglauf - 100Meilen Berlin und die zahlreichen Helfer!!
Vielen Dank auch an MyVitargo!!
Mit diesem Lauf hat unser Spendenprojekt für das Hospiz am Wall seinen Höhepunkt gefunden. Wir konnten in diesem Jahr über 16.000 € sammeln. Davon wird nun ein Verein mit den Ehrenamtlern gegründet, der das Geld verwaltet. Bisher wurden schon einige Herzenswünsche der Gäste erfüllt: Stadionkarten für BVB, ein Segelflug und eine Geburtstagsfeier. Vielen Dank an alle Helfer, Ehrenamtler und Spender!!
Text und Bilder von Kirsten Althoff
Sylvia Faller und Jens Allerheiligen wollten sich ihre Körner für die 24h-DM in Bottrop aufheben und haben sich die Strecke als 2er-Staffel geteilt. Sylvia hat ebenfalls ihre Eindrücke auf Facebook geschildert:
Auch ich war am Wochenende laufend unterwegs. Diesmal nicht allein, sondern, als 2er Staffel mit Jens Allerheiligen beim Mauerweglauf Berlin. Es war sehr emotional und ergreifend für mich. Dieser Lauf war dieses Mal zum Gedenken an ein Maueropfer, das gerade mal 10 Jahre werden durfte: Jörg Hartmann. Trotz des nachdenklichen Hintergrundes war es ein gelungenes Event. Tolles Wetter, super Orga, tolle Läufer auf der Strecke und natürlich auch großen Dank an Jens. Haben wir super zusammen gerockt! Ich durfte als erstes auf die Strecke und nach 91 Kilometern hat Jens den " Staffelstab" übernommen und ist nochmal 70 Kilometer super ins Ziel gelaufen. Unsere Belohnung für die Anstrengung war ein toller 5. Platz. Und auch wenn es keine Wertung diesbezüglich gibt, die beste Mixstaffel?
Text und Bilder Sylvia Faller
Sebastian Gonschorek schreibt zu seinem Lauf:
Mauerweglauf 2018, meine dritte Teilnahme, aber wieder etwas ganz besonderes. 161km entlang der ehemaligen Grenze West-Berlins. Es war wieder einmal schön, so viele bekannte Gesichter zu treffen und neue Verrückte aus dem Laufzirkus kennen zu lernen.
Großen Respekt und Dank an alle Helfer des Laufes.
Speziell wurde diesmal an das jüngste Maueropfer gedacht. Mit nur 10 Jahren verlor Jörg Hartmann 1966 sein Leben. Ihm zu Gedenken legten die Teilnehmer Spielzeug ab, was nun gemeinnützigen Zwecken zu Gute kommt.
Mein persönliches Ziel konnte ich erreichen: mit 19:24 Std. bin ich unter den 20 Std. geblieben.
Text und Bilder: Sebastian Gonschorek
Jeder Lauf ist es wert, einmal im Nachhinein analysiert zu werden, bei denen, die nicht so gut gelangen, ist es dabei besonders wichtig. Matthias Kröling tut dies auf seine Art.
Jeder Läufer, den ich kannte und der schon mal beim Mauerweglauf war, wollte danach wieder dahin. Selbst Trail-Puristen, die ansonsten jeden Meter Asphalt meiden, empfahlen mir eine Teilnahme und wollten sich in diesem Jahr dort ihre Back-to-Back-Medaille sichern. Na denn, fahr ich halt mal nach Berlin. Es gäbe viel zu sagen zum Wochenende. Über die vielen bekannten Gesichter, die Tagesstrukturen und meinen Rennverlauf. Ich beschränke mich hier auf drei für mich wesentliche Erkenntnisse.
1. Der Mauerweglauf ist wie kein zweiter Ultralauf in dieser Größenordnung (eine Runde über 100 Meilen mit 26 Verpflegungsstationen) perfekt organisiert. Ich würde sogar sagen, erschreckend perfekt. Von der großen Logistik (70 Tonnen Getränke und Verpflegung mit LKWs durch Berlin karren), über die große Gastfreundschaft (Übersetzung der Siegerehrungen ins Englische, Italienische und wahlweise sogar Japanische) bis hin zu kleinen Details (Sonntagmorgen um 4:20 Uhr verlasse ich die Bezirkssportanlage. Am offenen Tor steht selbst um diese Uhrzeit ein Volunteer, der überwacht, dass niemand Unbefugtes die Anlage betritt), um nur einige Beispiele zu nennen. Ganz großer Sport! Oder um noch einmal das Wort „perfekt“ zu gebrauchen: Oft wird es bei der Würdigung von reibungsloser Organisation inflationär verwendet, aber über die 100 Meilen von Berlin kann man nicht anders sagen, als dass sie perfekt organisiert sind.
2. Mein eigener Lauf war das Gegenteil von perfekt. Am Ende steht eine für mich „okaye“ Zeit von 21:38 Stunden und ich bin vor allem begeistert von den Leistungen meiner VereinskollegInnen, etwa Kirsten, Christian, Sebastian, Fabian und Peter. Die Erkenntnis des Wochenendes ist, dass Geiz nicht geil ist. Ich habe des Nachts mit der Helligkeit meiner Stirnlampe geknausert. So erreichte ich eine Trittsicherheit von 97%. Die drei fehlenden Prozent sind bei einem kurzen Läufchen kein Beinbruch. Wenn man aber nach über 15 Stunden Laufen bei jedem kleinen Schritt immer und immer wieder aufgrund der unzureichenden Lichtverhältnisse nur zu 97% trittsicher ist und demzufolge die Muskeln immer minimal mehr kontrahieren als erforderlich, dann rächt sich dies bei mir. Genauer gesagt rächt sich der Muskulus vastus medialis, sagt Google. Zunächst war es ein Ziehen, dann ein Stechen, dann war ich nicht mehr in der Lage, mehr als 50 bis 100 Meter am Stück zu laufen und bin vom VP23 die restlichen 18 km bis in Ziel fast nur noch gegangen. (Klar hatte ich eine leistungsstarke und vollgeladene Stirmlampe, klar hatte ich Ersatzbatterien im Rucksack. Es gibt für mein Vorgehen keine vernünftige Erklärung.)
3. Vor allem aufgrund des Malheurs mit dem Oberschenkel waren die letzten Stunden eine Qual. Als ich so humpelnd, mal leise, mal laut fluchend mit mir selbst beschäftigt war auf diesen letzten Kilometern, stülpte sich die Frage nach dem Warum wie eine dumpfe Glocke über mein ganzes Selbst. Warum – in alles in der Welt – und für wen überhaupt sollte ich mich noch einmal so anstrengen? Es war mein dritter Lauf über 100 Meilen in diesem Jahr. Vielleicht ist es auch des Guten zu viel. Natürlich war ich im Vorhinein viel zu selbstsicher, ja, quasi mir selbst gegenüber arrogant, diesen lockeren Straßenlauf mit dem überreichen Verpflegungsangebot auch noch drei Wochen vor Bottrop locker schaukeln zu können. Nun ist es nicht so eingetroffen. Und statt dass mich dieser Lauf für Bottrop motiviert, bin ich mir gerade nicht sicher, ob ich dort überhaupt starten kann (Oberschenkel) bzw. will (kein Bock mich zu quälen).
Text: Sebastian Gonschorek
Alle Ergebnisse unserer Vereinsmitglieder - allerdings sind nicht alle Vereinsmitglieder sind unter LG Ultralauf gestartet.
Platz | Männer | Laufzeit |
30 | Bandowski, Dirk | 19:08:55 |
31 | Mohr, Christian | 19:14:16 |
34 | Gonschorek, Sebastian | 19:24:18 |
47 | Hübner, Peter | 20:25:08 |
61 | Mantel, Klaus | 21:04:44 |
76 | Kröling, Matthias | 21:38:27 |
90 | Heinle, Matthias | 22:11:43 |
101 | Landwehr, Matthias | 22:33:13 |
128 | Benz, Fabian | 23:00:03 |
218 | Petry, Michael | 27:00:16 |
230 | Porstner, Thomas | 28:20:55 |
234 | Pflügler, Christian | 28:34:06 |
DNF | Beckmann, Stefan | |
DNF | Künkel, Norbert |
Platz | Frauen | Laufzeit |
3 | Althoff, Kirsten | 17:49:57 |
12 | Nowottny- Hupka, Rita | 20:40:53 |
31 | Großgarten, Heide | 24:15:11 |
40 | Hommel, Kerstin | 26:44:06 |
Die Ergebnisliste findet ihr hier.
Zusammenfassung: Jens Allerheiligen 15.08.2018
48 Stunden Berlin – Fliegender Wechsel zwischen Mauerweglauf und Leichtathletik-EM
Wie schrieb bereits einst der römischer Dichter und Philosoph Seneca?
"Non exiguum temporis habemus, sed multum perdidimus." - zu deutsch: "Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nutzen." (Zitat aus De Brevitate Vitae (Von der Kürze des Lebens).
Gemäß diesem Motto reiste ich am Freitag Nachmittag nach Berlin mit einem recht straffen Zeitplan im Gepäck:
Freitag, ca. 16 Uhr: Ankunft am Hauptbahnhof in Berlin.
Freitag, ca. 16:30 Uhr: In der Nähe vom Olympiastadion hole ich meine Volunteer Unterlagen für die Leichtathletik EM für Sonntag ab. Direkt am Olympiastadion kaufe ich mir noch ein Ticket für die Abend Session der EM für Samstagabend.
Freitag, ca. 17:15 Uhr: Im H4 Hotel am Alexanderplatz hole ich meine Startunterlagen für den 100 Meiler Mauerweglauf ab, nutze die dortige Pastaparty und höre mir das Briefing für den Lauf an.
Freitag, ca. 20:30 Uhr: Ich checke in einem Backpacker Hostel ein.
Samstag, ca. 5 Uhr: Frühstück im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark.
Samstag, 6 Uhr: Start für den 100 Meilen Mauerweglauf. Die ersten Kilometer sind gekennzeichnet durch Abschnitte im Stop-and-Go Tempo aufgrund unzähliger Roten Ampeln im Stadtzentrum, später folgen dann landschaftlich sehr schöne Abschnitte in kaum/weniger besiedelten Gebieten Berlins und Umgebung. Alle 5-8 km gibt es VPs mit einem unglaublichen Angebot an Naschereien, die einem dazu verleiten immer viel zu lange Pause zu machen
Samstag, ca. 18 Uhr: Knapp 116 km bin ich in den letzten 12 Stunden gelaufen. Das reicht mir auch als „langen Trainingslauf“ für den anstehenden Spartathlon. Ich teile den Helferinnen am VP mit, dass ich für die nächsten Stunden den Lauf unterbrechen werde und ziehe mir meine Wechselklamotten an. Jetzt gilt es möglichst schnell ins Olympiastadion zu kommen. Glücklicherweise kann mich ein Angehöriger einer VP-Helferin mit dem Auto nach Spandau mitnehmen, von dort nehme für den Rest der Strecke die U-Bahn.
Samstag, ca. 19:10 Uhr. Ich bin am Olympiastadion angekommen, esse erstmal 2 Hacksteak-Brötchen und organisiere mir noch eine Packung Popkorn und 2 Cola. Pünktlich um kurz vor 20 Uhr sitze ich auf meinem Platz im Stadion… die „Spiele“ beginnen, die Deutschen sahnen richtig ab und die Stimmung im Stadion ist einfach unbeschreiblich… Malaika Mihambo und Mateusz Przybylko gewinnen Gold im Weit- bzw. Hochsprung, dazu im Diskus noch Silber und Bronze durch Nadine Müller und Shanice Craft.
Samstag, kurz nach 22 Uhr: direkt nach den 4x400 m der Männer und Frauen ist die Abend Session der EM schon Geschichte und ich winke mir auf der Straße vor dem Stadion ein Taxi herbei. Der Taxifahrer fährt mich (da er nicht nach außerhalb Berlins fahren möchte) zu einem weiteren Taxi in Spandau, welches mich letztendlich nach Schönwalde bringt.
Samstag, kurz vor 23 Uhr: Ich bin wieder an dem VP zurück, wo ich mich vor einigen Stunden „zur Pause abgemeldet“ habe. Ich melde mich bei den VP-Helferinnen zurück und setzten dem Mauerweglauf fort… es ist bereits dunkel, Stirnlampe und Warnweste sind nun Pflicht… für die noch zu laufenden knapp 45 km plane ich jedoch mit einer Zielankunft für 5 Uhr, d.h. knapp 6 Stunden „Wandern“ (eine frühere Ankunft bringt mir nichts, da mein nächster „Berlin Programmpunkt“ für 6 Uhr terminiert ist und ich in der Nacht eh nicht schlafen werde…eine spätere Ankunft würde die „Pause“ für Duschen etc reduzieren).
Samstag, 5 Uhr: Nach nahezu exakt (wie geplant) 23 Stunden (23:00:03 Stunden um genau zu sein) überquere ich die Ziellinie, 100 Meilen, also 161,9 km, sind geschafft, ganz nebenbei auch noch meine zweitlängste jemals „am Stück“ (trifft das überhaupt jetzt zu?) gelaufene Strecke .
Samstag, 5:30 Uhr: Die warme Dusche im Hostel fühlt sich unglaublich gut an.
Samstag, 6 Uhr: Die Rezeption im Hostel öffnet, ich kann auschecken, mein Gepäck darf ich jedoch bis zum Nachmittag im Hostel lassen (da man als Volunteer keinen Koffer mit zur Marathon-EM-Strecke mitnehmen darf).
Samstag, 6:45 Uhr: Ich stehe zusammen mit weiteren Volunteer zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz und wir werden auf unsere anstehenden Aufgaben während des Marathonlaufs im Rahmen der EM vorbereitet. Der Start der Frauen folgt um 9:05 Uhr, die Männer eine Stunde später… es sind jeweils 4 Runden zu laufen mit einer kleinen Extraschleife in Runde 4. Ich freue mich sehr für Fabienne Amrhein (11. Platz), die mich in den letzten Wochen bei meinem allwöchentlichen Bahntraining häufig überholte.
Samstag, kurz nach 13 Uhr: Der Volunteer-Einsatz ist vorbei, ich fahre zum H4 Hotel am Alexanderplatz und esse dazwischen auch noch etwas zu Mittag.
Samstag, kurz nach 14 Uhr: Die Siegerehrung beginnt, jedoch etwas später als geplant und mit vielen „Dankes-Worte“ und „Gruß-Gesprächen“ zu Beginn.
Samstag, 14:45 Uhr: Bisher ist auf der Siegerehrung noch kein Läufer/in geehrt worden, sodass ich leider die Siegerehrung verlassen muss ohne Finisher-Medaille und Buckle, da ich ansonsten zeitliche Probleme bekommen würde mit meiner Heimreise.
Samstag, 15 Uhr: Ich hole mein Gepäck vom Hostel ab.
Samstag, kurz nach 16 Uhr: Ich steige in den ICE Richtung Heimat. Ein kurzes, aber ereignisreiches Wochenende liegt hinter mit. Ich glaube ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich die zurückliegenden 48 Stunden Aufenthalt in Berlin maximal genutzt habe…Seneca wäre sicherlich stolz gewesen.
Text und Bilder Fabian Benz 14.08.2018
Der LGU Deutschlandlauf ist eine Veranstaltungsreihe, bei der sich die Mitglieder gegenseitig besuchen oder gemeinsam eine Runde laufen. Seit Mai werden in allen Regionen verschiedene Etappen geplant und gelaufen, wobei sich die Betroffenen über die Strecke, die Länge, das Tempo, die Versorgung, An- und Rückreise selbst abstimmen müssen.
Gäste sind dabei gerne willkommen.
Am 6.8. wurde von zwei Startorten ein gemeinsames Ziel angelaufen. Es ging von München und Salzburg nach Rosenheim.
Für Evi und Guido Piehlmeier war es bei dieser Etappe im Vergleich zu Martin zwar von der Länge her etwas kürzer, aber aufgrund der Hitze eine harte Einheit, bei auf dem Deich gefühlte "mindestens 40 Grad".
Martin ist in Salzburg gestartet. Hier sein Bericht:
Nach einigen Terminjonglierereien hatten wir es dann doch geschafft. Am Montag, 06. August fand das Treffen München/Salzburg in Rosenheim statt. Ursprünglich war auch über eine 2-Tages-Tour mit Übernachtung nachgedacht worden, letztendlich kristallisierte sich dann doch heraus, dass nur ein Tag gelaufen und dafür ein Treffen in der Mitte gefunden werden sollte. Leider haben wir unseren Lauf etwas kurzfristig bekanntgemacht, so dass dann doch nur Evi und Guido aus München und ich aus Salzburg uns getroffen haben. Evi und Guido waren aber dadurch genauso ungebunden in der Planung der Strecke wie ich. Sie fuhren erst mit der S-Bahn bis Holzkirchen und begannen dort ihren Lauf entlang des Mangfall-Radweges, ich selbst startete direkt ab der Haustüre.
Da es bereits in den letzten Tagen sehr heiß war und auch für den Lauftag zwar zum Teil Wolken, aber trotzdem Temperaturen über 30°C angesagt waren, hatte ich mich für eine Strecke hauptsächlich abseits der Straßen, dafür durch Wälder und ohne Asphalt entschieden. Verpflegungsstationen brauchte ich nicht vorzubereiten oder einzuplanen, da ich immer wieder durch Ortschaften mit Einkaufsmöglichkeiten kommen sollte. Pünktlich um 06:00 Uhr verließ ich das Haus Richtung Deutschland. Schon nach 5 km überquerte ich die Saalach und damit die Grenze nach Deutschland, was ohne Stau und Passkontrolle unproblematisch war ?.
Die mit Komoot geplante und auf GPS-Gerät und Laufuhr gespeicherte Route führte mich durch eine wunderschöne Landschaft, zum Teil über Wege, die mehr an Trampelpfade ...
erinnerten, zum Teil über touristisch aufgewertete Wanderwege wie den Teisendorfer Rundwanderweg.
Das erste Etappenziel Traunstein erreichte ich nach gut 35 km, etwas über 1/3 der Strecke aber weit über die Hälfte der insgesamt ca. 1.150 barometrisch gemessenen positiven Höhenmeter. Unterwegs hatte ich zwischendurch an Brunnen meine Wasserflaschen immer wieder aufgefüllt und mit Mineralien angereichert. Eigentlich benötigte ich keine weitere Verpflegungsaufnahme und lief ohne Zwischenstopp weiter Richtung Chiemsee. In der Planung hatte ich mich für die Nordumrandung des Chiemsees entschieden, hier führt auch die Bahnstrecke Salzburg-Rosenheim entlang, falls ich aufgeben sollte, wäre es auf dieser Route einfacher nach Rosenheim zu gelangen. An Aufgeben dachte ich aber überhaupt nicht, an Essen fast auch nicht, da musste ich mich (wie fast immer beim Laufen) zu zwingen. Mehr als ein Gel und ein Energieriegel gingen aber nicht zum Runterwürgen, dafür immer wieder Flüssigkeit. Nach 6,5 Stunden und 55 km war ich am Ufer des Chiemsees.
Jetzt ein Bad nehmen, entspannen, Bier trinken und Eis essen - ein Traum! Aber wenig hinter Seebruck genehmigte ich mir dann doch eine Pause. Ein Gastgarten eines Campingplatzes war zu verlockend, zumindest ein kaltes, alkoholfreies Bier (naja, gut, es waren zwei) zur kurzen Regeneration gönnte ich mir. Außerdem steckte ich mir für den letzten Streckenabschnitt noch eine extra Portion Energie ein.
13:30 Uhr, noch gut 35 km mit wenigen Höhenmetern vor mir - ich könnte evtl. bis 17:00 Uhr (unserem anvisierten Termin) in Rosenheim sein. Aufgefrischt ging es weiter. Jetzt musste ich ein kurzes Stück auf einem Radweg parallel der Straße in sengender Hitze laufen, puh das war schon mühsam. Jedes Mal, wenn etwas Schatten war, versuchte ich etwas schneller zu laufen, in praller Sonne wollte ich es nicht übertreiben. Vor Bad Endorf befindet sich eine ganze Seenplatte. Hier war es wieder angenehmer durch Schatten und, weil immer wieder eine leichte Brise vom Wasser her wehte.
Am Simssee zeigten sich dann aber Schwächen der digitalen Planung. Eine Weggabelung wird auf dem GPS-Gerät nicht angezeigt. Zuerst folgte ich der Hauptrichtung nach rechts - Sackgasse. Zurück und auf der linken Strecke weiter - Ende in einem Sumpfgebiet. Wieder zurück mit permanentem Blick auf das GPS-Gerät. Wo ist nur der vorgegebene Pfad? Nirgends zu finden! Also musste ich mir im Wald meinen eigenen Weg durch die Wildnis suchen, in natura war nichts zu erkennen von einer Markierung oder gar Spuren eines ehemaligen Weges. Ich kraxelte entlang der angezeigten Strecke auf dem GPS-Gerät einen Hang hoch, wo ich dann wieder auf einen alten Wanderweg stieß. Weiter ging es auf der Ostseite des Sees. Weiter war es öfters mehr ein Suchen, denn der Weg ging über alte Pfade, die teilweise mit Dornen, Brennnesseln und Gestrüpp überwuchert waren, was ein Laufen unmöglich machte. Endlich gelangte ich auf den Rundweg um den Simssee, jetzt waren Orientierung und Laufen (trotz Hitze) wieder möglich. Einen kleinen Umweg musste ich noch auf mich nehmen, da ein Stück Wiese abgesperrt und explizit das Queren verboten war, hier führte wohl früher der Weg entlang, den mir mein Gerät anzeigte. Vom Südufer des Simssees sind es nur noch 8 einfache km nach Rosenheim.
Die Stadtgrenze liegt direkt am Inn, gleich danach führt die Straße über die Mangfall. Irgendwo hier wollte ich mich kurz frisch machen und das Gewand wechseln, fand aber keinen direkten Zugang zum Wasser. Also einfach auf der Route weiter zum vereinbarten Treffpunkt. 500 Meter vor dem Ziel sah ich zum Glück noch den Stadtbach mit extra Zugang zum Wasser. Jetzt konnte ich mich doch noch schnell abkühlen und von Schweiß und Staub befreien. Eva und Guido hatten sich schon mit einer Freundin getroffen und warteten gemeinsam in einer Pizzeria auf mich.
Den vereinbarten Zeitpunkt von 17:00 Uhr hatte ich zwar nicht einhalten können, trotzdem war es noch ein schöner Abend und gemeinsam gingen wir zum Abschluss zum Bahnhof. Zurück nach Hause ließen wir uns von der Bahn chauffieren und so verabschiedeten wir uns, Eva und Guido wieder zurück nach München, ich nach Salzburg. Letzte Anmerkungen: 93,56 km, 1.147 Hm, 12:35:20 h incl. Pause, Ø-Temp. 25,8°C, max. Temp. 39,0°C. Wieder neue, schöne, interessante Gegenden entdeckt und einen wunderbaren Lauftag gehabt. Wurmnavigation ist gut, GPS-Gerät ist besser, die Wirklichkeit ist am besten. Und überhaupt: Wo waren die vorhergesagten Wolkenfelder?
Texte: Michael Irrgang, Martin Kurz, Bilder: Evi Piehlmeier, Martin Kurz, 13.8.2018