Laufgemeinschaft der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung e.V.

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Text, Tabellen und Grafiken: Mcihael Irrgang, 11.02.2024, Überarbeitung 29.2.2029
Wenn das Wettkampftraining beendet ist, beginnt die Tapering-Phase. Etwa 2 Wochen vor dem Wettkampf gilt es, die aufgebaute Form zu halten, kleinste Verletzungen auszukurieren, sich voll zu regenerieren und sich für den Wettkampf einen detaillierten Plan zu überlegen, falls nicht schon zuvor geschehen.
Aufgrund der Komplexität des Wettkampfes ist das zugegebenermaßen ziemlich schwer, aber trotzdem ist es für die meisten Läufer hilfreich, den Wettkampf einmal im Kopfkino ablaufen zu lassen. In diesem Text möchte ich ein paar Anregungen dazu geben, wie man das Rennen planen und gestalten kann. Im nächsten Text folgt dann ein konkreter Plan als Beispiel.
Folgende Aspekte wollen betrachtet werden:
Renntaktik: Mit welcher Geschwindigkeit möchte ich anfangs laufen? Nach welchem Rhythmus erfolgt der Wechsel zwischen Laufen und Gehen? Wie ändert sich die Pace und die Lauf-Gehverteilung im Laufe der Stunden? Wie viele Pausen möchte ich einlegen und wie lang sind sie jeweils? Wozu dienen sie? Zum Schlafen, Essen, Ausruhen, Massieren-lassen oder für Hygiene?
Gut ist, wenn man sich schon Monate vorher eine grobe Struktur überlegt. Auf jeden Fall sollte man Erfahrungen aus mehreren 24h-Läufen haben. Besser noch sind Erfahrungen aus Mehrtagesläufen, denn so manch ein plausibel erscheinender Plan funktioniert leider nicht.
Verpflegung: Bezüglich Verpflegung ist der Unterschied zwischen 24h und 48h nicht groß, da die in der Muskulatur gespeicherten Kohlenhydrate nicht lange halten und man sehr früh darauf achten muss, dass sich KH-Aufnahme und KH-Verbrauch die Waage halten. Man verliert zwar pro Tag ca 1 kg Fett, aber bei einem 2 Tageslauf sollte das für die allermeisten von uns nicht kritisch sein. Eine allgemeine Empfehlung, was man essen sollte und was eher nicht, ist schwer. Aber etwas abstrakt formuliert, gilt: Was sich bei einem 24h-Lauf bewährt hat, ist auch für 48h gut. Basische Kohlenhydrate mit einem niedrigen glykämischen Index scheint auf alle Fälle richtig zu sein. Je länger das Rennen, desto weniger erscheinen Gels geeignet zu sein, Riegel schon eher, aber besser noch richtig feste Nahrung, wie Kartoffeln, Reis, Brot. Fette eher nicht und, ob Eiweiße hilfreich sind, wird kontrovers diskutiert. Möglicherweise unterstützt die Einnahme während des Rennens bereits die Regeneration. Mit 250 bis 400 kcal pro Stunde sollten die meisten Läufer auskommen. Ich fange etwa in Stunde 2 mit dem Essen an und versuche, etwa die Hälfte der Energiemenge in flüssiger Form einzunehmen.
Wichtig sind auf jeden Fall genügend Mineralien, insbesondere Salz und Magnesium. Es gibt in verschiedenen Fachtexte Hinweise darauf, dass die Muskelerregbarkeit der limitierende Faktor bei ganz langen Ultraläufen ist. Wenn jemand also nach 24 Stunden total kraftlos ist, mangelt es eher nicht an Energie oder Willenskraft, sondern daran, dass die Muskeln aus „chemischen Gründen“ nicht mehr arbeiten können. Daher haben viele auch sehr gute Erfahrung mit geringen Mengen von Trockenobst wie Pflaumen, Datteln und Feigen gemacht.
Mentale Fähigkeiten: Das große Ziel ist, sein maximales Potential abzurufen und das ist, je länger der Wettkampf dauert, umso schwieriger und abhängig von den mentalen Fähigkeiten. Es gibt zwei mentale Aufgaben: Bezüglich Renntaktik-Disziplin muss man in der ersten Hälfte Kräfte sparen also Pausen machen, langsamer laufen und Gehabschnitte einbauen, obwohl man das „gefühlt nicht braucht“. In der zweiten Hälfte gilt es fokussiert zu kämpfen und möglichst viel Zeit auf der Strecke zu verbringen. Neben der Fokussierung auf seinen Plan ist der zweite Aspekt die Achtsamkeit. Man muss kleinste Störungen wahrnehmen und entsprechend reagieren, um größere Krisen zu vermeiden.
Zur Aufrechterhaltung der Motivation ist es häufig sinnvoll, sich kurzfristige Zwischenziele zu überlegen, z.B. bis zur nächsten Mahlzeit in 2 Stunden auf der Bahn zu bleiben oder erst xx km vollzumachen und dann eine Pause einzulegen. Je schwieriger die Situation ist, desto kurzfristiger sollten die Ziele sein. Beispielsweise könnte gegen Rennende das Ziel zweckmäßig sein, die aktuelle 2km-Runde in unter 15 Minuten zu beenden. Da der Fokus sehr volatil ist, gilt es, alle erlaubten Möglichkeiten zu nutzen: Betreuer können motivierend auf die Athleten einwirken oder Musik hören oder mit kurzen Mantras positive Selbstgespräche führen. Die Begleitung von Betreuern auf der Strecke ist nützlich, aber oft nicht erlaubt und sollte respektiert werden, allerdings können sich Teammitglieder oder allgemein Wettkampfteilnehmer untereinander begleiten und unterstützen.
Die größte Gefahr bei einem 48h-Lauf besteht darin, am zweiten Tag zu viele und zu lange Pausen zu machen. Das zu verhindern, insbesondere, wenn man ziemlich müde ist und der Traum von dem ganz großen Ziel schon geplatzt ist, ist die ganz große Kunst der mentalen Fähigkeiten.
Zurück zur Renntaktik, die individuell recht unterschiedlich sein kann. Eine recht einfache Analyse ist der Vergleich der erzielten Kilometer der zweiten zur ersten Wettkampfhälfte, dem Tempokonstanzfaktor nach Christoph Wenzel. (Link: Artikel Perfekte Renneinteilung bei einem 24h-Lauf).
Jemand der bei einem 24h-Lauf in den ersten 12 Stunden 100km läuft und in den zweiten 12 Stunden 80 km schafft, hat einen TKF von 80. Er empfiehlt eine einigermaßen gleichmäßige Renngestaltung mit einem TKF von über 90%, was in der Praxis nur sehr selten eingehalten wird.
Vergleich des TKFs bei den besten Teilnehmern der letzten 48h-Weltmeisterschaft:
48h TKF WM23
Die Gesamtergebnisse waren auf den ersten Blick sehr gut, aber wenn man sich die Zahlen etwas genauer anschaut, kann man sich gleich doppelt wundern. Da werden von den besten Läuferinnen und Läufern am ersten Tag unglaublich viele Kilometer gelaufen und am zweiten Tag im Verhältnis recht wenige! Die besten 6 der Gesamtwertung haben einen TKF von 59% bis 69%.
Die Empfehlung für den 24h-Lauf von 90% ist bei einem 48h-Lauf nicht zu halten, da man neben der Ermüdung, die zu einem geringeren Tempo führt, einfach mehr Pausen braucht. Da fehlen dann schnell 1 bis 2 Stunden auf der Strecke am zweiten Tag.
48h TKF2 WM23
Von den 55 Startern gibt es obige Verteilung auf TKF-Bereiche. Obwohl die meisten im Bereich zwischen 60 bis 79 % liegen, erscheinen mir diese Werte nicht ideal, weil zu niedrig. Sie sind vermutlich dem Umstand geschuldet, dass anfangs fast alle viel zu schnell gestartet sind. Logischerweise hatten alle große Ziele, waren hoch motiviert und gut ausgeruht. Ob sie wirklich zu schnell gestartet sind, prüfen wir später. Als weitere Ursache kommen die Wettbedingungen in Fragen. Sie waren nicht so gut, wie man es von einem Bahnrennen erwarten konnte, denn es gab doch ordentlich Wind, der gefühlt 75% der Zeit von vorne kam. Schaffte man es unter erhöhter Kraftanstrengung am ersten Tag einigermaßen seine geplante Pace zu halten, so fällt es dann doch irgendwann auf, dass die Reserven aufgebraucht sind und man wird spätestens am zweiten Tag deutlich langsamer!
Lediglich 2 Personen haben einen Wert von über 90%. Die beiden, die einigermaßen gleichmäßig liefen und sich ihre Ressourcen also optimal eingeteilt haben, waren allerdings zwei ältere Wanderer mit einem unterdurchschnittlichen Ergebnis.
48h TKF3 WM23
Am anderen Ende der Statistik stehen außerdem 7 Personen, die gar keine Kilometer am 2. Tag gelaufen, bzw. gewandert sind oder nur sehr wenige.
Dass das so sicher nicht geplant war, zeigt die Problematik des 48h-Laufes: Man kommt fast nie ohne größere Krisen durch! Manchmal sind die Läufer gar nicht zu optimistisch schnell gestartet, sondern haben Scheuerstellen, Blasen oder Magenprobleme oder was auch immer bekommen. Das kostet manchmal ein paar Stunden zur Pflege oder Erholung, bis man das Rennen wieder aufnehmen kann oder führt im Extremfall sogar zum vorzeitigen Rennabbruch. Aber diese großen Krisen kommen immer erst in der zweiten Rennhälfte und sind oft Ursache für eine schlechte Kilometerleistung an Tag 2. Insofern gehören zur guten Renngestaltung auch eine gewisse Selbstwahrnehmung inklusive eines klugen Krisenmanagements, um große Krisen zu vermeiden oder schnell zu überwinden.
Ein weiteres Beispiel für einen Tempokonstanzfaktor im 48h-Lauf:
48h TKF Unna
Vom 48h-Rennen in Unna liegen ebenfalls die Zwischenergebnisse nach 24h vor. In der Endabrechnung hatten die besten 4 Teilnehmer einen durchschnittlichen TKF von fast 75% und das obwohl die Strecke mit den vielen Höhenmeter schwer zu laufen war. An diesem Tag wurde das Rennen klar am zweiten Tag entschieden: Vorne platzierte sich, wer auch am zweiten Tag viele Kilometer schaffte. Die TKF-Spitzenwerte von über 80% schafften nur die sehr erfahrenen Michael Vorwerg und Walter Zimmermann, Jan-Philipp Struck lief als Veranstalter etwas außerhalb der Konkurrenz mit.
Schaut man sich die Zwischenergebnisse des aktuellen Weltrekordlaufes der Frauen durch Camille Herron an, kann man ein paar taktische Feinheiten erkennen. (Link Artiikel: Bericht zum Rekordlauf mit einem Link zu allen Rundenzeiten).
Da für dieses Rennen alle Rundenzeiten vorliegen, habe ich das Rennen in acht 6-Stundenblöcke eingeteilt und ausgewertet:
48h TKF WR
Die dritte Spalte zeigt die gelaufenen Gesamtkilometer und die vierte Spalte die km innerhalb des 6-Stunden-Abschnittes. Als Pause habe ich alle Rundenzeiten von größer als 5 Minuten genommen und die normale Laufzeit abgezogen. So komme ich auf eine unglaublich kurze Gesamtpausendauer von fast 5 Stunden. Am ersten Tag hat sie weniger Pausen eingelegt, die aber länger waren, z.B. in der ersten Nacht. Dagegen hat sie in den letzten Stunden nur noch sehr kurze Pausen gemacht, dafür häufiger. Die vorletzte Spalte zeigt die Zeit auf der Strecke und die letzte die Pace ohne Pausen.
48h TKF2 WRDiese Tabelle verdichtet die Daten auf den ganzen Tag. Camille hat am 2. Tag 82% der Kilometerleistung vom ersten Tag geschafft – das ist ein recht hoher TKF. Sie hatte sich am zweiten Tag etwa eine halbe Stunde mehr Zeit für Pausen gegönnt und war im Durchschnitt ca 1 Minute pro Kilometer langsamer. Schwer zu sagen, ob diese Taktik perfekt war – manchmal lohnt sich eine Pause zum Ausruhen oder Massieren-lassen, weil man dann wieder schneller laufen kann. Trotzdem sind diese drei Zahlen vom zweiten Tag absolut bemerkenswert und sind für die meisten 24h-Läufer nicht zu schaffen. Offenbar hat sie für das Training und die Wettkampftaktik noch Verbesserungspotential erkannt und angekündigt, in diesem Frühjahr ihren Weltrekord anzugreifen.

48h WR Kouros

Ebenfalls beeindruckend sind die Kennzahlen von Yannis Kouros, der 1995 im April eine Bestleistung über 24h aufstellte und schon vier Wochen danach einen Weltrekord über 48h. Dabei übertraf er beim 48h am ersten Tag seine kurz vorher aufgestellte 24h-Bestmarke. Am zweiten Tag schaffte er noch 185km. Wenn man die Zahlen im Verhältnis setzt, ergibt sich ein Wert von 101% seiner 24h-Bestleistung am Tag 1 des 48h-Laufes. Am Tag 2 schaffte er 65% seiner Kilometerleistung vom ersten Tag. In Summe ergibt sich eine Gesamtleistung, die 166% seiner 24h-Bestleistung entspricht.

Im Folgejahr war er noch besser in Form und lief im April bei einem 24h-Lauf 295km, was damals Weltrekord bedeutete und lief wieder vier Wochen später in Surgére (Frankreich) einen 48h-Weltrekord. Interessanterweise lief er am ersten Tag fast exakt die gleiche Distanz, was 97% seiner neuen 24h-Bestleistung entsprach. War sein Ziel, sich am ersten Tag "etwas" zu schonen, um am zweiten Tag mehr Reserven zu haben, so hat der Plan nicht ganz geklappt. Er überbot zwar den Weltrekord um 2 km, aber gemessen an seiner 24h-Bestleistung, die ja 12 km besser war, war seine Leistung 1995 mit 166% höher einzustufen als die Leistung ein Jahr später. 

Camille Herron hatte eine andere Renntaktik. Sie lief am ersten Tag 89% ihrer 24h-Bestleistung und am zweiten Tag 82% der Leistung von Tag 1. Interessanterweise entspricht ihre 48h-Leistung ebenfalls 161 % ihrer damaligen 24h-Bestleistung. 

Klar ist, dass man am zweiten Tag weniger Kilometer schafft, wenn man am ersten Tag mehr Kilometer läuft. Aber der Ansatz: am ersten Tag 10 km weniger zu laufen, um am zweiten Tag 20 km mehr zu schaffen, ist offenbar zu optimistisch gedacht und trifft in diesem Fall zumindest nicht zu, obwohl die besonderen Umstände der beiden Läufe nicht bekannt sind. Trotzdem erscheint mir die Strategie von Camille besser als die von Yannis, der am ersten Tag nahe an seiner Bestleistung begann.

Bei der nächsten Weltmeisterschaft im 48h-Lauf Anfang Juni in Ungarn steht Aleksandr Sorokin auf der Startliste und man kann sicher sein, dass auch er den bestehenden Weltrekord angreifen wird. Obwohl der 48h-Lauf von der taktischen Gestaltung eine gewaltige Komplexität hat, die es unmöglich erscheinen lässt, beim Debut eine optimale Leistung zu erzielen, gibt es wohl niemanden in der Szene, der ihm das nicht zutraut.
Neben dem idealen TKF ist eine andere Frage, wie viele Kilometer man im Verhältnis zur aktuell möglichen 24h-Leistung am ersten Tag anstreben sollte? Erst im Vergleich zu dieser Zahl kann man erst beurteilen, ob ein Läufer überhaupt zu schnell war.
48h TKF3
Die erste Spalte hinter dem Namen zeigt die 24h-Bestleistung, die bei den meisten aus den letzten 2 Jahren stammt, lediglich bei Sagan ist sie von 2016 (der Wert ist möglicherweise zu niedrig) und bei Soikkeli aus 2020. Meine Leistung ist von 2018 und nicht meine Bestweite von 2009, entspricht aber vermutlich meinem aktuellen Leistungsniveau. Auch bei Herron ist die Distanz aus dem Jahr 2019.
Logisch ist: Wer man ersten Tag näher an seinem Limit läuft, am zweiten Tag müder ist und entsprechend weniger Kilometer schaffen kann. Insofern gilt es, die beiden Werte „% der 24h-Bestleistung am ersten Tag“ und „Leistungsverlust am zweiten Tag (Tempokonstanzfaktor, TKF)“ so zu wählen, dass die Gesamtleistung nach 48h den höchsten Prozentwert seiner 24h-Bestleistung hat.
90% scheint ein ganz guter Ausgangswert für den ersten Wert zu sein. 10% weniger Kilometer am Tag 1 bedeutet beispielsweise, dass man seine normale 24h-Pace läuft, aber jede Stunde 6 Minuten zusätzliche Pause einlegt oder etwas langsamer läuft und zusätzlich 1 Stunde Pause am Stück einlegt.
In der folgenden Tabelle sieht man wieviel Prozent der 24h-Bestleistung bei unterschiedlichen TKFs und „%24h-BL am Tag 1“ herauskommen sowie eine Bewertung.
48h TKF4
Wie ist die Tabelle zu lesen? Nehmen wir einmal die grüne Zahl 167 in der Mitte der fünften Zeile und betrachten jemanden, der 200km in 24h laufen kann. Dann bedeutet 167%, dass er 167% seiner 24h-Bestleistung in 48 Stunden erreichen kann, was 334km wären. Die linke Zeilenüberschrift „90“ bedeutet, dass er mit 90% seiner Maximalleistung am ersten Tag das Rennen beginnt, also mit 180 Kilometer. Die Spaltenüberschrift TKF 85 bedeutet, dass er 85% der Leistung vom ersten Tag am zweiten Tag schafft, also 85% von 180km, gleich 153km.
Zur Veranschaulichung der Farben und deren Bedeutung schauen wir uns die Zeile zu den 90% der BL an Tag 1 an. Wer so ambitioniert startet, kann meines Erachtens im Idealfall am zweiten Tag immer noch 80 bis 85% der Kilometer des ersten Tages schaffen. Zumindest, wenn man verletzungsfrei durch den zweiten Tag kommt und mental nicht einbricht. Schafft man nur 70% so verschenkt man Potential. 75% sind gut, aber möglicherweise hätte man bei einer hohen Motivation noch mehr schaffen können. Bei einem TKF von „nur“ 70 % oder noch weniger ist es denkbar, dass in der zweiten Nacht eine vierstündige Schlafpause gemacht wird. Dann ist man zwar ausgeruht und kann schneller laufen, schafft aber nicht die Kilometerzahl, die möglich wäre, hätte man nur 2 Stunden geschlafen. Einen Tempokonstanzfaktor von über 90% halte ich für ausgeschlossen, wenn man schon am ersten Tag eine gute Leistung abgeliefert hat. Daher habe ich diese Zellen in rot eingefärbt. Der TKZ beim 48h hat aber sehr viel mit den mentalen Fähigkeiten zu tun! Wer 18 bis 20 Stunden auf der Strecke ist und „so gut es geht läuft“, kann mindestens einen TKZ von 75 erzielen. Das Problem ist, dass man schlicht die Lust verliert, wenn die Beine müde und kraftlos sind und man trotz Einsatz von Willensleistung keine ordentliche Pace mehr hinbekommt. Dann wird oft länger gesessen und gewandert als notwendig.
Schaut man sich in der vorherigen Tabelle die Werte für Mäkinen und Durry an, die mit 77% und 78% ihrer 24h-Bestleistung am Tag 1 eher vorsichtig gestartet sind, so haben sie im Vergleich zu den anderen Top-10-Läufern zwar einen höheren TKF-Wert, aber auch nicht so überragend, um einen Top-Wert in der Spalte 48h-Gesamtleistung im Verhältnis zur 24h-Bestleistung zu erzielen. Der „% Gesamtwert“, der die 48h-Leistung im Verhältnis zur 24h-Bestleistung zeigt, von 133%, bzw. 140% deutet im Vergleich zu den anderen Mitläufern an, dass sie etwas hinter ihren Möglichkeiten blieben.
Als Fazit empfehle ich, mit 90% der 24h-Bestleistung zu starten. Allerdings kennt man sein aktuelles Leistungsvermögen nicht, daher der relative Vorschlag „kontrolliert mutig“ zu starten. Dass jemand im Rahmen eines 48h-Laufes eine 24h-Bestleistung aufstellt, wie bei der letzten WM Viktoria Brown, ist höchst ungewöhnlich, aber möglich. Wenn man dann am zweiten Tag noch einen guten TKF von 80 bis 85 erzielt, hat man im Nachhinein alles richtig gemacht.

48h Prognosen

Wie weit kann man nun bei bekanntem 24h-Lauf-Niveau bei einem 48h-Lauf laufen? Wie schon beschrieben, wird man bei einer Premiere kaum eine Chance haben, sein Potential auszuspielen, dennoch gilt es, so lange es geht eine kluge Renntaktik umzusetzen. Die Empfehlung ist, mit 90% des aktuellen Leistungsvermögens vom 24h-Lauf zu beginnen. Die obige Tabelle zeigt für verschiedene 24h-Niveaus für den ersten Tag 3 Werte (A bis C) mit 85%, 90% und 95% des Niveas. Für Tag 2 habe ich einmal die sehr guten Werte 75%, 80% und 85% angenommen, die durchaus realisitisch sind, wenn man mental keinen Hänger hat und auch sonst, sich die Krisen in Grenzen halten, sondern lediglich die Müdigkeit führt zu einer geringeren Geschwindigkeit und mehr Pausen. Eine sachlich korrekte Prognose wäre vermutlich, einen hohen %-Wert für Tag 2 bei einem niedrigen Wert für Tag 1 anzunehmen, aber im Sinne von minimal, realistisch und maximal, habe ich den geringen Wert (blaue, linke Spalte) aus dem Wert A berechnet und entsprechend den Wert E aus dem Wert B und den höchsten Wert F auf Basis von C, was mir allerdings absolut unrealistisch erscheint. Addiert man nun die minimalen, realistischen und maximalen Werte der beiden Tage, so ergibt sich eine gewisse Bandbreite mit einem realistischen Wert in der Mitte auf der vorgeschlagenen Basis von 90%/80%. 

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