Training 24h
Text: Michael Irrgang
In den folgenden Texten werden einige Grundlagen erklärt und Beispiele für Trainingswochen gegeben. Einen „richtigen“ 12-Wochenplan gibt es allerdings – aus guten Gründen – nicht.
Bild: Michael Irrgang
Einleitung zum Schwerpunktthema 24h-Lauf
Text: Michael Irrgang, Graphiken: DUV-Statistik, Foto: Manfred Hupka
Das Ultralaufjahr 2022 wurde insbesondere durch hervorragende Meisterschaften im 24h-Lauf geprägt.
Im Mai gab es die Deutsche Meisterschaft in Bottrop mit einem unglaublichen Herzschlagfinale, als Florian Reuss dank eines unvorstellbaren Endspurtes in der allerletzten Runde die Führung übernehmen konnte und gewann.
Sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen gab es prima Ergebnisse mit vielen Spitzen- und persönlichen Bestleistungen und bei den Mannschaftswertungen konnte die LG Ultralauf drei nationale Rekorde verbessern!
Viele Teilnehmer, gute Stimmung und gutes Wetter ermöglichten diese Leistungen.
Im September gab es die 24h-Europameisterschaft in Verona, bei der Aleksandre Sorokin mit fast 320 km einen neuen Fabelweltrekord aufstellte. Auch hier wurden sensationell gute Ergebnisse erzielt, die auch die Weltjahresbestenliste prägen.
Wie diese Statistik aus der DUV-Datenbank zeigt, wurden für die Graphen verschiedener Platzierungen die Vor-Corona-Leistungen überschritten und neue Bestmarken aufgestellt. Das internationale Niveau stieg in diesem Jahr enorm!
Für Deutschland trifft das begrenzt auch zu. Nach den beiden Coronajahren sind auch hierzulande die Leistungen förmlich explodiert, wobei im Gegensatz zur internationalen Auswertung das Vor-Corona-Niveau bei einigen Linien noch nicht erreicht wurde. Herausragend in diesem Jahr sind die Leistungen der besten Frau und des besten Mannes, die beide bei der EM erzielt wurden. Interessanterweise liefen beide bei der Deutschen Meisterschaft mit und erzielten dort beide persönliche Bestleistungen, die sie bei der internationalen Meisterschaft noch einmal deutlich übertrafen!
Anne Stephan (Die Laufpartner) lief in Bottrop Mitte Mai 230,551 Kilometer und nur 4 Monate später 250,572 km. Damit wurde sie bei der Deutschen Meisterschaft Siegerin und bei der Europameisterschaft knapp geschlagene Vierte. Diese Kilometer-Leistung katapultierte sie auf Platz 2 der ewigen Deutschen Bestenliste, nur 3,7 km hinter der Leistung von Nele Alder-Baerens aus dem Jahr 2019.
Michael Ohler (TSV Kandel) lief in Bottrop 253,732 km, wurde knapp Zweiter und erzielte in Verona 267,782 km, was bei der WM Platz 6 und in der ewigen Deutschen Bestenliste Platz 3 bedeutet. Den Deutschen Rekord hält seit 1987 Wolfgang Schwerk mit 276,209 km.
Der 24h-Lauf ist die längste Meisterschafts-Disziplin des DLVs und es ist wohl auch die schwerste Laufdisziplin, weil die Anforderungen an die Athleten sowohl im Training als auch im Wettkampf enorm komplex sind.
Die Wettkämpfe sind meist recht spannend, denn viele, die zu optimistisch beginnen und lange als uneinholbar erscheinen, werden in der Nacht von geduldig Gestarteten überholt. Oftmals entscheiden kleinere oder auch größere Krisen über Gut-Durchkommen, Einbrechen oder sogar einen abrupten Abbruch. Und dann geht es bei Meisterschaften oft auch um persönliche Bestleistungen sowie um Rekorde in den Altersklassen und Mannschaftswertungen. Insbesondere bei Meisterschaften ist das Teilnehmerfeld sehr leistungsstark und motiviert.
Zweifellos fasziniert der 24h-Lauf mit all seinen Facetten! Daher wollen wir den 24h-Lauf als Schwerpunktthema mit mehreren Artikeln erklären. Dabei geht es in erster Linie um die Themen Training und Renngestaltung mit dem Ziel, jedem interessierten Leser Ideen zu liefen, um die eigene Leistung zu steigern. Wäre doch super, wenn die Linien für Platz 10 und Platz 25 in diesem Jahr neue Allzeit-Höchstwerte erreichen könnten! Dabei sind die Hinweise sicher auch auf andere Ultralaufdisziplinen übertragbar.
Für Laien ist es manchmal überraschend, wie „gefühlt schlecht“ die Leistungen bei einem 24h-Lauf sind. Warum kann nicht jeder, der den Marathon in 3 Stunden läuft über 250 km laufen? Ist es tatsächlich „reine Kopfsache“, wie einige behaupten?
Im Grunde lässt sich eine Rennleistung durch zwei Komponenten erklären:
Das Potential und die Potentialausnutzung. Das Potential ist eine theoretische, maximale Leistungsfähigkeit, die sich durch einen Geschwindigkeitswert (Grundgeschwindigkeit) und einem Ermüdungsfaktor berechnen lässt und optimale, äußere Bedingungen voraussetzt. Beide Werte kann man messen sowie durch Training verbessern. Bei der Prognose geht man davon aus, dass bei langen Läufen eine kontinuierliche Ermüdung stattfindet und daher das Durchschnittstempo logarithmisch geringer wird, je länger das Rennen dauert. Ist das Durchschnittstempo berechnet, ergibt sich die Prognose aus der Multiplikation mit der geplanten Netto-Laufzeit. Sein Potential auszuschöpfen, setzt allerdings ein optimales, taktisches Verhalten voraus, was praktisch unmöglich ist. Zur Taktik gehört in erster Linie eine kluge Renneinteilung, die neben der optimalen Tempowahl beim Laufen durchaus auch Gehabschnitte oder gar Pausen einschließt. Zu diesem Thema werden wir den Artikel „Tempokontanz-Faktor im 24h-Lauf“ von Dr. Chritoph Wenzel vorstellen. Mit dem Tempokonstanz-Faktor setzt er die Kilometerleistung der zweiten Wettkampfhälfte ins Verhältnis zur ersten und kommt zu interessanten Schlussfolgerungen.
Gerade bei der Renneinteilung werden im mittleren Leistungsbereich oft entscheidende Fehler gemacht. Da haben es die Spitzenläufer einfacher, die oft zwar zu optimistisch starten, aber letztendlich durchlaufen können, während es im mittleren Bereich manchmal zu großen Einbrüchen und sogar Rennabbrüchen kommt.
Manchmal hängt der Erfolg auch mit der Ernährung zusammen, wobei mein Eindruck ist, dass oft einerseits zu viel und andererseits das Falsche gegessen wird. Auch zu diesem Thema werden wir ein paar Empfehlungen geben.
Es gibt viele spannende Fragen und zu allen gibt es teils völlig widersprüchliche Empfehlungen und Erfahrungen. Wir hoffen, dass wir möglich viele Sichten und Meinungen darstellen können.
Wenn ihr Feedback geben wollt, dann idealerweise auf Facebook auf unserer LG Ultralaufseite.
Auch ist die Themensammlung noch nicht abgeschlossen. Gerne könnt ihr auch Ideen und Fragen einbringen.
Bottrop 2022 war für viele eine sehr erfolgreiche Meisterschaft, die einfach Spaß gemacht hat. So blicken viele der Teilnehmer erwartungsfroh auf die nächste Meisterschaft in Braunschweig.
Trainingskonzepte für den 24h-Lauf
Text und Bild: Michael Irrgang
Bereits 2009 hatte ich in der DUV-Mitgliederzeitschrift ULTRAMARATHON Texte zum 24h-Lauf veröffentlicht, die sich aktuell noch auf der DUV-Homepage finden lassen. Aber nach über 10 Jahren wurde es einmal Zeit, sie einer Revision zu unterziehen, insbesondere um neue Aspekte zu ergänzen.
Im ersten Text geht es um Trainingskonzepte, im zweiten um Trainingsbausteine.
Um ein sehr guter 24h-Läufer zu werden, benötigt man viele trainierbare Kompetenzen; nicht nur enorm viel Ausdauer, sondern beispielsweise auch mentale Fähigkeiten sowie eine körperliche Robustheit. Ein regelmäßiges Kräftigungstraining, insbesondere des Rumpfbereiches ist ebenso nötig, wie eine bewusste Ernährung und Gewichtsmanagement.
Ein leistungsorientiertes 24h-Training kostet sehr viel Zeit und Energie. Der Spruch „Fleiß schlägt Talent“ gilt für den Ultralauf wahrscheinlich mehr als in allen anderen Leichtathletikdisziplinen. Da ist es ebenfalls wichtig, stets die Motivation hoch und die Regeneration im Blick zu halten, denn nur wer mit Spaß trainiert und gesund bleibt, wird Erfolg im Wettkampf haben.
Die ersten 24h-Läufe – Phase 1
Text: Michael Irrgang
Wie in der Einleitung zum Thema erläutert, hängt die Leistung vereinfacht dargestellt vom Potential und der Potentialausnutzung ab. Bei den ersten 24ern ist es ein guter Ansatz, zu versuchen, sich seine Kräfte über 24h optimal einzuteilen. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, wie schnell man einen Marathon laufen kann, wie alt man ist oder wie die Wetterbedingungen sind.
Training bedeutet „Vorbereitung auf einen Wettkampf“, aber bei den ersten 24ern ist eine gute Planung der Wettkampftaktik wichtiger als die Erzeugung einer optimalen physischen Leistungsfähigkeit.
Die Entwicklung zu einem sehr guten 24h-Läufer vollzieht sich immer in 2 Phasen:
In der ersten Phase geht es darum, möglichst lange auf der Strecke zu bleiben und mit einem Mix von Gehen und Laufen sowie möglichst kurzen Pausen das Optimum an Kilometern zu schaffen.
Beim Training würde ich an dieser Stelle an Bewährtem festhalten. Sollte es ein Marathontrainingsplan sein, wäre es lediglich wichtig, die lange Einheit zu verlängern und damit den Wochenumfang zu erhöhen.
In dieser Phase ist auch Wettkampferfahrung wichtig und jeder 6h-Lauf, 100km-Lauf oder auch 24h-Lauf hilft, sein Potential besser einschätzen und ausnutzen zu können.
Leistungsorientierte Entwicklungsphase – Phase 2
Text: Michael Irrgang
Erst in der zweiten Entwicklungs-Phase geht es darum, je Stunde mehr Meter zu schaffen. Und das ist gar nicht so einfach, wie es zunächst erscheinen mag. Einfach mutiger zu sein und das Anfangstempo zu erhöhen, ist sicher ein denkbarer Ansatz, der allerdings selten gut geht, selbst wenn es im Verlaufe des Wettkampfes lange den Anschein hat.
Nach der berühmten Peter Riegel-Formel lässt sich ein Wettkampfergebnis mehr oder weniger durch die aerobe Leistungsfähigkeit und einem konstanten Ermüdungsfaktor prognostizieren, bzw. durch die beiden Leistungskomponenten Ausdauer und Schnelligkeit.
Ein Beispiel zur Erläuterung der Kompetenzen Ausdauer und Schnelligkeit:
Angenommen, ein Läufer hätte die Fähigkeit, 10km in 45 Minuten und den Marathon in 3:30 Stunden zu laufen. Dann könnte man daraus einen Ermüdungsfaktor und für 24h eine Leistungsprognose ausrechnen.
Daraus ergeben sich zwei Ansätze zur Leistungssteigerung: Man könnte durch ein gezieltes Tempotraining die 10km-Zeit verbessern. Die Idee ist, dass, wenn man bei 10km jeden km um 5 Sekunden schneller laufen kann, man auch über Marathon oder 24h entsprechend schneller unterwegs ist. Ein anderer Ansatz wäre, die Ermüdung zu reduzieren, also bei gleichbleibender 10km-Zeit, beim Marathon und 100km-Lauf schneller zu werden. Beide Ansätze funktionieren grundsätzlich!
Zielkonflikte zwischen Ausdauer und Tempo
Text: Michael Irrgang
Leider führen die beiden Trainingsansätze zu völlig verschiedenen Trainingsmethoden, die sich nicht gut kombinieren lassen.
Wenn man nur eine Fähigkeit trainiert, leidet die andere darunter. Wer zu viel Ausdauer trainiert, verliert seine Schnelligkeit – und umgekehrt! Ein Mischtraining ist die Lösung, bei der eine Kompetenz schwerpunktmäßig trainiert und dadurch verbessert wird, während die andere durch sogenannte „Erhaltungsreize“ erhalten bleibt. So hat man einen Trainingsblock mit dem einen Schwerpunkt und einen folgenden mit dem anderen Schwerpunkt.
Für 24h-Laufeinsteiger ist es oft effektiver, durch eine Ökonomisierung der Laufbewegung und Verbesserung des Fettstoffwechsels die Ermüdungsresistenz zu steigern, also die Ausdauer zu verbessern. Das dauert Jahre und zigtausend Laufkilometer im relevanten Tempo!
Bei den meisten Ultraläufern, die schon lange laufen, ist allerdings die Verbesserung der aeroben Leistungsfähigkeit – also die Schnelligkeit – der bessere Ansatz, seine 24h-Leistung zu steigern.
Trainingsplanung beginnt mit der Schwächenanalyse
Es ist immer gut, vor Beginn der Saison, dem Setzen von neuen Zielen eine Stärken- und Schwächenanalyse zu machen und daraus Zwischenziele und Trainingsschwerpunkte abzuleiten, denn für eine Leistungsverbesserung ist es besonders effektiv, an seinen Schwächen zu arbeiten.
Jahresperiodisierung
Text: Michael Irrgang
Grob strukturiert kann man das mehrmonatige Training bis zu seinem Hauptwettkampf in die Phasen Grundlagentraining, Vorbereitungstraining und Wettkampftraining einteilen.
Geht man in der klassischen Leichtathletik von einer Doppelperiodisierung eines Jahres aus, scheint im Ultralauf eine Einfachperiodisierung sinnvoller.
In den Stadiondisziplinen gibt es die Hallen- und Freiluftsaison, im Marathon die Frühjahrs- und Herbstveranstaltungen, aber im Ultralauf ist immer Wettkampfsaison!
Erstaunlicherweise gibt es zwei Typen von Läufern:
Die Mehrheit der Läuferinnen und Läufer – und das betrifft alle Alters- und Leistungsklassen – trainieren das ganze Jahr über sehr ähnlich, haben immer eine gute Form und eine hohe Wettkampfbereitschaft.
Ein anderer Ansatz ist eine Jahresplanung, die beispielsweise mit einer Jahresregeneration im November beginnt, dann folgt ein zweimonatiges Grundlagentraining mit einem Tempoblock im Januar und Wettkämpfen von 10km bis Halbmarathon, im März/April folgen als Teil des Vorbereitungstraining kürzere Wettkämpfe (Marathon bis 6h-Lauf), im Mai als Halbjahreshöhepunkt ein 100km-Lauf mit anschließender Regenerationspause, dann folgt im Sommer eine kurze Trailsaison, bevor im Wettkampftraining die Vorbereitung auf einen 24h-Lauf im Herbst als Jahreshöhepunkt und Jahresabschluss beginnt.
So ist das Jahr sehr abwechslungsreich gegliedert und hat in jeder Phase spezifische Wettkämpfe, die sich von der Länge, bzw. Dauer steigern. Das schließt allerdings mehr Wettkämpfe nicht aus. Sie sind dann halt nicht spezifisch vorbereitet, ergeben nicht das optimale Ergebnis und haben eher den Charakter von Trainingsläufen.
Lebensperiodisierung
Text: Michael Irrgang
Es ist ein Irrtum anzunehmen, man könne sich innerhalb von einem Jahr mit spezifischem Training perfekt von einem Marathonläufer zu einem 24h-Läufer entwickeln. Man geht eher davon aus, dass man über 5 bis 7 Jahre kontinuierlich besser werden kann, bevor man seinen Leistungszenit erreicht, den man dann weitere 5 bis 7 Jahre halten kann.
Bei einer Planung einer mehrjährigen Läuferkarriere scheint es sinnvoll zu sein, zunächst an der Schnelligkeit zu arbeiten, denn das geht hormonbedingt in den jungen Jahren am besten. Also zunächst 5 Jahre an seiner Marathonzeit arbeiten und sich dann langsam über 6h, 100km an die ganz langen Strecken herantasten. Eine Steigerung des Trainingsumfanges und der Wettkampfdistanz erfolgt erst, wenn der Laufstil so optimiert ist, dass die orthopädische Belastung gut verträglich ist. Einige, die ihren Wettkampfschwerpunkt in den Ultrabereich verlegen, steigern schrittweise den Umfang auf 6.000 bis 8.000 km pro Jahr und werden immer besser. Wenn nun die Leistung stagniert, folgt ein weiterer Wechsel, hin zu einem „intelligenten Training“, wie es einige Betroffene nennen, also wieder weniger Umfang und mehr Tempo: Qualität und Quantität der Trainingskilometer werden neu ausbalanciert. In dieser Phase werden teilweise erstaunliche Leistungen erzielt, die aber nur teilweise auf das „intelligente Training“ zurückzuführen sind, sondern auf der soliden Basis von Schnelligkeit und Ausdauer aufbauen und ohne die vorbereitenden Jahre nicht möglich wären.
Da die Lauferfahrung, die Stärken und Schwächen sowie die gesundheitliche Belastbarkeit höchst unterschiedlich sind, ist auch das 24h-Training recht individuell. Man muss daher sehr vorsichtig sein, Trainingspläne von anderen zu kopieren. Gerade, wenn Anfänger ihren Vorbildern nacheifern, geht das oft schief.
Nachdem in diesem Text nun auf Basis der Lauferfahrung und der Schwächen vorgeschlagen wurde, was die besten Trainingskonzepte sind, werden im nächsten Text die entsprechenden Trainingsbausteine vorgestellt.
Trainingsbausteine 24h-Lauf
Text: Michael Irrgang
Im Artikel über die Trainingskonzepte wurde deutlich, dass man einerseits für eine Spitzenleistung mehrere Jahre Vorbereitung braucht, andererseits jederzeit – also auch ohne spezielles Training – 24h laufen kann.
Trainingstipps für Anfänger orientieren sich an den besonderen Anforderungen eines 24h-Laufes: Die Dauer ist extrem lang und widerspricht dem natürlichen Biorhythmus! Je nach Wetter und Leistung ist der Bedarf an Flüssigkeit und Energie enorm. Das Trainingsziel eines Anfängers sollte sein, mit einer optimalen Taktik möglichst viel Zeit auf der Strecke zu verbringen, während der Fortgeschrittene versucht, möglichst viel Zeit wirklich zu laufen. Dennoch ist es nicht nur für Experten wichtig, das Renntempo zu steigern.
Training heißt „sich vorbereiten“ und schließt deutlich mehr als nur Laufen ein. Doch wie gewöhnt man seinen Körper daran, 24h auf den Beinen zu sein, sich durch die Hitze eines Tages zu kämpfen oder 15.000 Kilokalorien zu verstoffwechseln?
In diesem Text möchte ich für Fortgeschrittene und Spezialisten Tipps geben – weniger für Anfänger.
Verschiedene Trainingsziele:
Trainingsziel Verbesserung des Fettstoffwechsels
Um ein bestimmtes Tempo über Stunden halten zu können, muss der Körper ein gewisses Energie-Gleichgewicht halten. Jede Stunde muss man etwa so viel Energie essen und trinken, wie man an Kohlenhydraten verbraucht. Ideal ist, wenn man einen sehr guten Fettstoffwechsel hat, der im Wettkampftempo Reserven lässt, um genügend Kohlenhydrate aufnehmen und verwerten zu können. Je besser der Fettstoffwechsel trainiert ist, desto weniger müssen auf die kostbaren Glykogen-Vorräte zurückgegriffen, bzw. neue Energie verstoffwechselt werden.
Trainingsziel „Ermüdungsfreies Laufen“
„Ermüdungsfreies Laufen“ setzt neben einem Energiegleichgewicht einen ökonomischen, kraftsparenden Laufstil voraus. Die Belastung für die Muskeln und Bindegewebe darf nicht zu Verletzungen führen. Auch ist die „Zellerrregbarkeit“ ein leistungslimitierender Faktor. Mit zunehmender Renndauer gerät die Chemie im Körper aus dem Gleichgewicht. Natrium und Magnesium müssen zugeführt werden, um die Muskelarbeit zu gewährleisten.
Trainingsziel Schnelligkeit
Der 24h-Wettkampf wird mit einem Tempo begonnen, dass bei 70% der maximalen Herzfrequenz liegt, bzw 75 bis 90 sec über dem Marathontempo und ist deutlich langsamer als das „Wohlfühltempo“. Dieses Tempo kann man über Stunden halten.
Wenn man mehr Kilometer schaffen will und ein höheres Tempo laufen will, ist daher ein Ansatz, seine Marathon-, bzw. 10km-Zeit zu verbessern. Und das geht nur über Tempotraining.
Verschiedene Trainingsansätze:
Mit FIX-Training zum Erfolg
In gewisser Weise ist das 24h-Training dem Marathontraining nicht unähnlich und hier gibt es den interessanten Ansatz FIX, also ein Training mit drei (Kern-) Einheiten pro Woche:
F – Fast. Ein Tempodauerlauf über 30 bis 60 Minuten.
I – Intervall. Intervalle in verschiedene Varianten. Die Klassiker sind 6 x 1000 oder 4 x 2000.
X – Extensive. Ausgedehnt und langsam. Im Marathonlauf 2 bis 3 Stunden zur Vorbereitung auf einen Ultra eher 3 bis 5 Stunden.
Mit dieser Trainingsstruktur kommt man mit 3 Einheiten die Woche schon sehr weit! Die F- und I-Einheiten können sich am Marathontraining orientieren. Es sind letztendlich die Kerneinheiten eines jeden Lauftrainings, die natürlich auch für Ultrastrecken funktionieren.
Trainieren nach einem Marathon-Trainingsplan
Selbstverständlich kann man auch jeden anderen Marathontrainingsplan zur Vorbereitung auf einen 24h-Lauf nutzen, zumindest in bestimmten Phasen der Vorbereitung. Wichtig sind ein hoher Kilometerumfang und angepasst werden muss immer die Länge des langen Laufes.
Zu oft langsam zu laufen ist falsch
Jeder – absolut jeder – strukturierte Plan hat ein Mindestmaß an Abwechslung mit verschiedenen Tempoelementen. Umso mehr überrascht es, dass viele Läufer nur den langsamen Lauf als Trainingsmittel kennen, der unterschiedlich lang ausfällt. Der Satz „Vieles vom Gleichen hilft nicht“ bringt es deutlich auf den Punkt, dass mit einer Gewöhnung des Körpers an dieses Trainingsmittel irgendwann kein Trainingsreiz mehr gesetzt wird und nur in geringem Maße Anpassungsprozesse stattfinden. Dann macht das Training zwar Spaß, fällt einem leicht, aber die Leistung stagniert.
Der Körper ökonomisiert dieses Lauftempo und der Fettstoffwechsel verbessert sich, aber die Leistungsreserve verschwindet, wenn man die Fähigkeit verliert, schnell laufen zu können. Ein guter VO2max-Wert hilft und darf nicht gänzlich vernachlässigt werden.
Zyklus eines Training mit unterschiedlichen Schwerpunkten
Ein Ansatz einer viermonatigen Vorbereitung wäre, den Schwerpunkt monatlich zu ändern:
- Monat: Training wie für einen 10km-Lauf
- Monat: Training wie für einen Marathon
- Monat: Training wie für 100km
- Monat: Training für 24h
Die Schwerpunkte verlagern sich dabei von der Schnelligkeit zur Ausdauer. 10km-Läufer machen täglich Technikübungen und Tempotraining, Marathonläufer haben einen höheren Umfang, trainieren dreimal die Woche Tempo und machen täglich Lauf-abc. Beim 100km-Läufer wird die lange Einheit im Vergleich zum Marathonläufer fast verdoppelt, im wettkampfspezifischen Training werden mehr Intervalle gelaufen, z.B. bis zu 20 x 1.000m, dafür deutlich langsamer. Der 24h-Läufer, der in seinem Formaufbau diese drei Phasen durchlaufen hat, trainiert dann im letzten Monat vor seinem Wettkampf, bzw. vor dem Tapern kaum noch Tempo, sondern wettkampfspezifisch langsam bei hohem Umfang. Bezüglich Schnelligkeit werden Erhaltungsreize gesetzt, also eher wieder Einheiten aus dem Marathontraining genutzt. Das Verhältnis der Trainingsschwerpunkte Schnelligkeit zu Ausdauer verändert sich von Monat zu Monat von 60:40 zu 10:90!
Falsches Training und Gutes Training
„Falsches Training“ ist, wenn die Ziele nicht erreicht werden, wenn man beispielsweise verletzungsbedingt gar nicht am Start steht oder das Rennen nicht beendet oder sich eine andere Leistung als das erzielte Ergebnis vorgestellt hat. Anders ausgedrückt: Wer mit seinen Wettkampfergebnissen zufrieden ist, hat auch richtig trainiert. Man kann seine Ziele aber mit mehr oder weniger Aufwand erzielen. „Gutes Training“ schließt neben der Zielerreichung daher auch Effizienz und Spaß ein, wobei Effizienz in diesem Zusammenhang heißt, dass das Ziel mit dem geringst-möglichen Aufwand und Verletzungsrisiko erreicht wurde.
Spaß ist tatsächlich wichtig, denn nur wer mit Freude und Leidenschaft sein Training durchzieht, wird seinen maximalen Erfolg erreichen. Wer einen Plan nur lustlos abarbeitet, geht an bestimmten Stellen, wo es wirklich wichtig ist, nicht an seine Leistungsgrenzen und verhindert so eine mögliche, optimale Anpassung seiner Leistungsfähigkeit.
Trainingsbausteine:
Es gibt wahrscheinlich 100 verschiedene Bausteine oder Trainingsmittel für den Ultraläufer. Davon müssen einige über Wochen und Monate vorbereitet werden. Möchte man beispielsweise extensive Wiederholungsläufe von 20 Wiederholungen über 1000m laufen, so ist es ratsam, erst einmal einen Block mit einer wöchentlichen Einheit mit 15 Wiederholungen zu laufen und sich von 700m schnell/300m langsam über 800m/200m bis zu 1000m schnell und 200m langsam zu steigern und nach einer Regenerationswoche 20 Wiederholungen zu versuchen. Auch einen 60kmLauf mit Endbeschleunigung kann sich niemand nur dank Talent richtig einteilen.
In der Folge gehe ich auf einige wichtige Bausteine ein, möchte darauf hinweisen, dass die Liste nicht vollständig ist und es zu jedem Baustein vermutlich 2 Alternativen gibt. Insgesamt sind die Trainingsbausteine recht verschieden und es benötigt schon viel Sachkenntnis, den individuell optimalen Mix zusammenzustellen.
Alternativ-, Ausgleichstraining
Damit meint man „Alles außer Laufen”. Hierzu gibt es auf unserer Homepage einen eigenen Artikel „Alternativtraining mit Inliner und Skikes“. Man muss nicht immer nur laufen. Manche Kompetenzen kann man genauso gut anders trainieren, mache sogar besser. Beispielsweise kann man Kraft viel besser mit einem gezielten Krafttraining aufbauen, als es beim Laufen geschieht. Gerade im Grundlagentraining aber auch in der Regeneration lassen sich andere Trainingsmittel gewinnbringend einsetzen.
Alternativ zum klassischen Regenerationslauf kann man (besser) eine Stunde Rad fahren. Grundsätzlich gilt, dass man seine Trainingsziele mit möglichst wenig Lauf-Trainingskilometer anstreben sollte. Allerdings ist das Ausweichen auf alternative Sportarten oftmals nicht ganz so effektiv, d.h. man muss mehr Zeit investieren, aber es hat den Charme einer geringeren orthopädischen Belastung.
Im oben zitierten Artikel zum Ausgleichstraining werden Inliner und Skikesfahren genannt, aber Radfahren, Schwimmen, Skilanglauf oder auch Wandern sind super geeignete Methoden, um das Training unterstützen, insbesondere im Grundlagenbereich.
Athletiktraining
Das ist der Klassiker und absolut keiner kann darauf verzichten, der länger verletzungsfrei und erfolgreich performen will. Man braucht zwingend eine gute Basis an Kraft, Beweglichkeit und Koordination, um einen ökonomischen Laufstil aufzubauen und über Stunden zu halten.
Insbesondere für die Rumpf- und Fußmuskulatur muss man spezielle Kräftigungsübungen regelmäßig machen.
Vorschlag: täglich 5 Minuten mit den wichtigsten Übungen sowie zwei- bis dreimal pro Woche eine eigene Einheit je 20 bis 30 Minuten. Wählt man bei sehr hoher Intensität eine kurze Belastungsdauer wird mehr Maximalkraft trainiert; bei vielen Wiederholungen eher Kraftausdauer.
Gängige Durchführungsmethoden sind HIIT (hochintensives Intervalltraining) mit beispielsweise 8 Wiederholungen mit 20 sec Belastung / 10 sec Pause (sogenanntes Tabata-Training) oder Übungsdauern von 45 Sekunden bis zu 1 Minute bei einer Pause von bis zu 10 Minuten bis zur nächsten Wiederholung der Übungen bei mehreren Sets.
Diese Haupt-Einheiten sollten immer mit einer Aufwärm- und Mobilisierungsphase beginnen und können dann gut 1 Stunde dauern. Am Tage danach sollte man die beanspruchten Muskelgruppen gut spüren und Kraft-, bzw. Schnelligkeitseinheiten eher vermeiden.
Es gibt sehr viele Übungen, allerdings nicht „die beste Übung“, denn sobald man sie ein paarmal gemacht hat und beherrscht, ist der Trainingsreiz verpufft. Dann muss man die Intensität erhöhen oder sogar die Übung wechseln. Die beste Übung ist die, die man bisher nicht oder schon lange nicht mehr trainiert hat.
Beispiele sind alle Übungen im Unterarmstütz oder Seitstütz, Übungen für den Rücken und die Füße. Für Trailläufer gibt es wunderbare Übungen zur Kräftigung der Beinmuskulatur, beispielsweise einbeinige Kniebeugen oder Sprünge. Auch koordinative Übungen, die das Gleichgewicht und die Bewegungsfrequenz verbessern sind wichtig.
Übrigens: Die LG Ultralauf bietet ihren Mitgliedern seit langem Onlinekurse für das Athletiktraining an.
Beim Gerätetraining im Fitnessstudio bin ich eher skeptisch. Sogenannte „geführte Bewegungen“ sind gut geeignet, um einzelne Muskeln zu stärken, aber sie vernachlässigen Aspekte der Koordination und ignorieren die Komplexität der Laufbewegung. Gegen die Nutzung von Kurz- und Langhanteln oder Therabänder oder ähnlichen Hilfsmitteln ist nichts einzuwenden.
Auch Kurse wie Yoga oder Pilates sind gut geeignet, allerdings nicht jeder Kurs ist für uns gleichermaßen zweckmäßig, denn letztendlich geht es nur um Kraftausdauer und bei für uns ungeeigneter Übungsanordnung wird eher ein Muskelwachstum und eine Steigerung der Maximalkraft angeregt – und beides wollen und brauchen wir nicht.
Regeneration
Unter diesem Begriff versteht man „die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit“, bzw. die Verarbeitung der Trainingsreize. Ein probates Mittel ist natürlich die Pause, also einfach Abwarten, bis man sich wieder fit fühlt, bzw. solange es die Laufuhr einem sagt. Das geht natürlich im Leistungssport nicht, sondern hier wird versucht, die Zeit zu verkürzen, z.B. durch Dehnen, Rollen, Massage, Wärme, aktive Regenerationseinheiten, Schlaf und Ernährung.
Trotz aller hilfreichen Regenerationsmaßnahmen sind bewusste Pausentage oder gar -wochen absolut notwendig und Teil eines ausgewogenen und auf eine langfristig Entwicklung ausgelegten Trainings.
Mentales Training
Kann man „seinen Kopf“ trainieren, im Sinne von: auf die Anforderungen des Wettkampfes vorbereiten? Ja! Man kann sich durch „langweilige“ oder „schwierige“ Einheiten durchkämpfen und profitiert im Wettkampf davon. Man kann Krisen-Überwinden im Training üben. Hat man „niemals aufgeben“ als sein Mantra definiert, so gilt dies auch im Training zu beherzigen. Wer im Training Abkürzungen, bzw. Vereinfachungen nimmt, wird auch im Wettkampf nicht an seine Grenzen gehen. Aber Achtung: Manche Einheiten, die einen überfordern würden, sollte man sehr wohl abbrechen. Da aus jedem Abbrechen etwas im Erfahrungsschatz bleibt, gilt es grundsätzlich solche Einheiten zu vermeiden bzw im unwahrscheinlichen Fall des Auftretens aufzuarbeiten.
Achtsamkeit ist neben der Willenskraft ein zweiter wichtiger mentaler Aspekt. Der Begriff meint, ein Gefühl für seine Ressourcen zu entwickeln.
Und schließlich benötigt der Läufer Selbstbewusstsein, denn man kann im Wettkampf nur Leistungen trainieren, die man zuvor visualisiert hat, d.h. sich auch realistisch zutraut. Ideal sind hier Testwettkämpfe oder die Methode der Verdichtung. Unter Verdichtung verstehe ich, dass man eine bestimmte Leistung im 24h-Lauf anstrebt und diese zunächst mehrfach in einer Woche läuft. Verteilt auf 5 oder 6 Einheiten sollte das eigentlich kein Problem sein – wenn doch, dann ist der Körper noch nicht so weit. In der zweiten Phase der Verdichtung wird die Kilometerdistanz in drei aufeinanderfolgenden Tagen gelaufen. Möchte man beispielsweise 210km laufen, so wären das beispielsweise 3 x 70km oder 50/80/80. Wenn man diese Einheit einmal vor dem Wettkampf läuft und auch gut regeneriert bekommt, so kann man einigermaßen sicher sein, die Strecke auch „am Stück“ laufen zu können.
Bausteine des Lauf-Trainings
Welches sind nun die wichtigsten, spezifischen Trainingseinheiten für den 24-Stundenlauf? Ich bilde mal willkürlich diese 6 Klassen:
1. Lange, langsame Läufe
Zwei Zahlen sind für die Einschätzung, ob ein Läufer bei einem 24h-Lauf „gut durchkommt“ relevant: Der durchschnittliche Wochenumfang und die Länge des langen, langsamen Laufes.
Wobei die Fragen, wie lang und wie oft sehr umstritten sind und insbesondere von der Lauferfahrung abhängen. Ultralaufnovizen sollten 35km bis 50km regelmäßig laufen, gestandene 24h-Läufer eher im Bereich von 50km bis 75km. Wer das im Training nicht schafft, kann an einem der zahlreichen Ultraläufe teilnehmen mit einer entsprechenden Wettkampfdauer. Gerne auch Landschaftsläufe mit ein paar Höhenmeter dabei. Technisch sehr anspruchsvolle Bergläufe sind eher ungeeignet, weil sie eine sehr hohe orthopädische Belastung darstellen.
Der Mann mit dem Hammer ist keine Illusion, auch wenn für Ultraläufer die magische 35km-Marke keine große Schwelle darstellt. Ultraläufer erwischt es meist nach 60 bis 70 Kilometer. Die meisten DNFs bei einem 100km-Lauf erfolgen in diesem Bereich. Das Gefühl des plötzlichen Einbruches hängt mit der Zellerregbarkeit zusammen und hängt mit den Elektrolyten Kalium, Natrium und Magnesium zusammen. Am besten ist, mal achtet auch im Training auf eine Natrium- und Magenesiumzufuhr, insbesondere, wenn man viel schwitzt und läuft ab und zu an diese Schwelle heran. Daher die genannten 75km.
Diese Läufe werden gleichmäßig langsam gelaufen. Idealerweise mit wenig Energie und Energiezufuhr, was im wirklich empfehlenswerten Buch von Dr. Feil zur F-AS-T-Formel als „TRAIN LOW“ bezeichnet wird. Die Idee ist, dass der Körper bei einem geringen Vorrat von Kohlenhydrathen sparsamer damit umgeht und mehr Energie aus Fetten nutzt. Der Anpassungseffekt geschieht durch die Bildung von zusätzlichen Mitochondrien, die die Leistungsfähigkeit der Zellen erhöhen.
Varianten
Diese langen Einheiten stellen eine gewisse orthopädische Belastung dar, abgesehen davon, dass sie viel Zeit kosten. Daher sind abkürzende Varianten populär.
Vorermüdung durch Startbeschleunigung oder Koppeltraining
Entscheidend, d.h. wertschöpfend sind die letzten 10km, die bei geringem Energiespeicher gelaufen werden. Daher ist es eine gute Idee, die Einheit mit einem Tempolauf zu starten, bei dem nur wenig Fette genutzt werden und eine Kohlenhydrat-Schnellentladung stattfindet. Dieser erste Teil kann auch beispielsweise durch eine Einheit Mountainbike ersetzt werden, wobei hier eine hohe Intensität notwendig ist. Eventuell kann man auch an einem normalen Stadtmarathon teilnehmen, diesen schnell laufen und anschließend noch eine gemütliche 20 km-Runde dranhängen.
Völlig falsch wäre es, bei dieser Trainingseinheit alle 5 km Energie zu sich zu nehmen, wie man es im Wettkampf tun würde. Einschränkend sei ergänzt, dass dies für das Grundlagentraining gilt, nicht unbedingt jedoch für das Wettkampftraining, bei dem man die Ernährungsstrategie testen und optimieren möchte. Um im Wettkampf eine optimale Leistung zu erzielen, muss man dafür sorgen, dass der Energiespeicher immer gut gefüllt ist, was Dr. Feil „COMPETE HIGH“ nennt. Mit vollem Speicher fallen einem diese langen Läufe, bzw. das Tempo zu halten, deutlich leichter, aber den größeren Trainingseffekt erhält man, wenn man mit wenig Energie sich objektiv höher belastet.
Diese Läufe muss man vorsichtig steigern und man sollte immer einen Notriegel dabei haben, um zu verhindern, dass man sich komplett leer läuft.
Nüchtern laufen
Morgens ist der Blutzuckerspiegel gering, was den Fettstoffwechsel zusätzlich begünstigt und die Energie-Speicher der Muskulatur sind auch nur gering gefüllt. Ideale Voraussetzungen für eine Laufeinheit zur Verbesserung des Fettstoffwechsels!
Die meisten können sofort 1 Stunde langsam vor dem Frühstück laufen. Die Dauer kann man im Laufe von Jahren auf mehrere Stunden erhöhen, wobei eine Dauer von über 2 Stunden als ungünstig eingeschätzt wird, weil der Körper sich bei unzureichender Vorbereitung seine Energie von nicht gewollten Strukturen holt, z.B. kann Muskulatur verstoffwechselt werden.
Empfehlung
Einen langen, langsamen Lauf über 3 bis 4 Stunden sollte man wöchentlich beispielsweise am Wochenende machen, dazu zwei bis viermal unter der Woche einen Nüchternlauf über 1 bis 1,5 Stunden. Das Tempo ist 60 bis 90 Sekunden langsamer als das Marathontempo, bzw. ist die Herzfrequenz im Bereich 60 bis 70 Prozent vom Maximum. In diesem Tempobereich werden mindestens 50% des wöchentlichen Laufumfanges gelaufen, bei hohem Umfang sogar deutlich mehr.
In der Wettkampfvorbereitung wird der Lauf regelmäßig auf 5 bis 7 Stunden ausgedehnt. Muss nicht jede Woche sein, aber alle zwei Wochen wären gar nicht schlecht.
2. Lange, schnelle Läufe
Diese werden in der Regel als Wettkämpfe gelaufen und dienen der Leistungsbestimmung, sie haben aber auch andere Vorteile. Beispielsweise schulen sie die Wettkampfhärte und das Gefühl, welches maximale Tempo bis zum Rennende gehalten werden kann. Wer im Training nicht seine Grenzen kennenlernt, wird kaum im Wettkampf in der Lage sein, sein Potential abzurufen.
Aufbauwettkämpfe kann man durchaus schnell laufen. Idealerweise nicht ganz am Limit, weil dann die Regenerationszeit zu lang ist, aber wenigstens so schnell, dass man ein Gefühl für sein Leistungslimit bekommt.
In einem mehrmonatigen Trainingsaufbau kann man einen Block „Marathontraining“ einplanen und mit einem entsprechenden Wettkampf abschließen. Man kann aber auch zwischendurch einfach einmal einen schnellen Marathon laufen und sein Leistungsvermögen testen. Wenn man das häufiger macht, bekommt man Referenzwerte, um die Form zu vergleichen und erhält Ideen zur Tempogestaltung für das Training und für den Wettkampf.
Diese Wettkämpfe werden in der Regel „aus dem Training heraus“ gelaufen, d.h. in das ganz normale Training eingebaut, normalerweise mit wenigen Tagen Tapering am Ende eines Belastungsblockes vor der Regenerationswoche. Dabei ist die Wettkampf-Belastung so zu wählen, dass nach der Regenerationswoche das normale Training fortgesetzt werden kann.
Während für den 100km-Läufer der Marathonlauf eine gute Länge ist, kann es für den 24h-Spezialisten auch länger sein. 6h bis 100 km finde ich ok, ein 12-Stundenlauf ist allerdings das absolute Maximum. Hier würde ich eher empfehlen, die ersten 10 Stunden die geplante 24h-Wettkampftaktik zu testen und dann eine zweistündige Endbeschleunigung zu probieren. Wer hier nicht mindestens 15 Sekunden pro Kilometer beschleunigen kann, plant für den Hauptwettkampf zu optimistisch!
Varianten:
Endbeschleunigung
Im Gegensatz zu der im vorherigen Teil genannten Startbeschleunigung erfolgt die Aufteilung der Einheit bei einer Endbeschleunigung in einen langsamen Teil am Anfang und einem schnellen Teil am Ende. Dabei beträgt der Geschwindigkeitsunterschied 45 bis 60 Sekunden pro Kilometer. Beispielsweise läuft man die ersten 35km im 100km-Tempo von 6:00 min pro km und beschleunigt dann plötzlich auf das Marathontempo von 5:00 min pro km für die restlichen 15 km. Bei der Endbeschleunigung gilt es, stets das Tempo zu prüfen und bei Bedarf es anzupassen auf das maximale Tempo von dem glaubt, es bis zum Ende halten zu können. 15km Endbeschleunigung sind allerdings für den Einstieg viel zu viel, besser wäre eine Steigerung von 5 km über 9km, 12km bis zu 15km.
Crescendo ist eine andere Methode, bei der man nicht sofort von langsam auf schnell umschaltet, sondern mehrere Temposchritte hat. Man kann dabei sogar langsamer als das geplante 24h-Lauftempo beginnen, was sich nach der absoluten Unterforderung anfühlen sollte. Eine Einheit dieser Art könnte beispielsweise so aussehen: Zunächst 15 km im Tempo von 6:30 min/km, dann 15km im Tempo von 6:00 (=100km Tempo), dann 5 km in 5:30 min/km, 5 km in 5:00 min/km (Marathontempo), 5 km in 4:30 (10k-Tempo), 3 km maximales Tempo, 2 km in 7:30 zum Auslaufen.
So ein Tempowechsellauf kann auch als Fahrtspiel durchgeführt werden, z.B. als Tempowechsellauf über 50km immer 5 km langsam in 6:00min/km im Wechsel mit 5 km schnell in 5:00 min/km. Oder als mehrstündiger Geländelauf mit längeren Abschnitten mit hoher Intensität.
Empfehlung
In der Vorbereitung zu dem 24h-Hauptwettkampf langfristig Aufbauwettkämpfe auf Unterdistanzen einplanen und diese mit 95% des Leistungsvermögens laufen, also z.B. einen 50km-Lauf 15 min langsamer als möglich. Ideal wären 3 Wettkämpfe im Bereich von Marathon bis 6h sowie einen, bei dem man zwischen 8 und 12 Stunden unterwegs ist, z.B. einen 100km-Lauf, einen Traillauf oder mit Einschränkung einen 12h-Lauf.
Ansonsten würde ich zunächst im Training den langen Lauf auf ca 50km ausdehnen und dann im Wechsel eine Woche 50km als Crescendo oder mit Endbeschleunigung gestalten und die andere Woche als langsamer Lauf und dabei die Länge bis auf 75km erhöhen.
In einer dritten Phase kann man die beiden unterschiedlichen, langen Läufe auch kombinieren, d.h. einen Tag einen schnellen, langen Lauf über z.B. 50km und am Folgetag einen langsamen, langen Lauf, z.B. über 40 km.
3. Tempodauerläufe
Der klassische Tempodauerlauf ist ein Schwellenlauf und hat unabhängig vom Tempo eine Dauer von 30 bis 45 Minuten. Für viele Ultraläufer sind 10km daher viel zu lang. Es ist ein sogenannter Schwellenlauf, dessen Beanspruchung im Bereich der Laktatschwelle liegt, bzw. sogar etwas höher, was bedeutet, dass Laktat kontinuierlich aufgebaut wird. Das Tempo ist gleichmäßig maximal hoch, der Puls liegt im Bereich um die 90% vom Maximum.
Bei diesem Tempo im anaeroben Bereich wird kaum Fett verbrannt, jedoch reichen die Vorräte ohne Energiezufuhr problemlos eine Stunde.
Interessant sind langen Tempodauerläufe über 2 Stunden Dauer. Diese werden natürlich deutlich langsamer gestaltet, unterhalb der Laktatschwelle, was bedeutet, dass der Laktatwert im Blut auf ein gewisses Niveau ansteigt, aber sich dort hält. Bei 2 Stunden Dauer werden allerdings gegen Ende die Glykogenvorräte knapp, was zu einer Fettverbrennung führt und sich zugegebenermaßen nicht wirklich gut anfühlt. Das Gefühl ist ähnlich dessen bei den langen, schnellen Läufen, daher kann man durch diese Tempoläufe die Läufe mit Endbeschleunigung gut vorbereiten.
Empfehlung
Im Grundlagentraining ist ein Tempodauerlauf pro Woche Pflicht. Er kann allerdings durchaus zwischen 5 und 10 km variieren. Im Wettkampftraining zum 24h-Lauf kann man kurze Tempodauerläufe mit langen abwechseln. Beispielsweise in der einen Woche einen Tempodauerlauf über 40 min. Achtung: Hier kommen noch ein paar Kilometer zum Ein- und Auslaufen dazu. Und in der Folgewoche einen Tempodauerlauf über 2 Stunden. Hier ist i.d.R. kein Einlaufen notwendig, stattdessen kann man mittelschnell starten und auf den ersten beiden Kilometer zur Zielgeschwindigkeit beschleunigen, allerdings sind 2 Kilometer Auslaufen eine sehr gute, erste Regenerationsmaßnahme.
4. Extensive Wiederholungsläufe
Extensive Wiederholungsläufe zeichnen sich durch viele schnelle Kilometer und kurze Trabpausen aus. Das Trainingstempo ist dem vom Tempodauerlauf ähnlich, allerdings gibt es häufige Tempowechsel. Diese Trainingsform ist die optimale Einheit, um die Laufökonomie zu verbessern, da man ganz bewusst, die Körperspannung, Armhaltung, Fußaufsatz und Atmung ständig ändert.
Es gibt von der Gestaltung der Einheit einen fließenden Übergang zu den Tempodauerläufen, z.B. kann man ebenfalls 3 x 3 km oder sogar 4 x 5 km schnell laufen, jeweils mit einer Trabpause von 500 bis 1000 Meter. Da ist man dann im ähnlichen Tempobereich unterwegs – nur länger.
Das Tempo ist je nach Einheit das 10km- bis Halbmarathontempo.
Empfehlung
Einmal die Woche sollte man diese Einheit einplanen, dabei müssen die Einheiten nicht zwingend auf der Bahn gelaufen werden, man kann beispielsweise auch ganz simpel 20 Mal 4 Minuten schnell, 1 Minute langsam laufen. Diese Einheiten können im spezifischen 24h-Training durchaus eine Dauer von 2 Stunden haben!
Für den, der über Jahre Tempotraining vernachlässigt hat, sind die extensiven Wiederholungsläufe eine gute Option zum Wiedereinstieg. Hier bieten sich zu Beginn Einheiten wie 5 Mal 8 min schnell / 2 min langsam an. Wenn diese Einheiten gut funktionieren, kann man die Belastungszeit reduzieren und das Tempo erhöhen. Nur nicht zu früh mit intensiven Wiederholungsläufen anfangen!
5. Intensive Wiederholungsläufe
Diese Einheiten werden mit maximaler Geschwindigkeit gelaufen. Dabei wird Laktat produziert, welches idealerweise in der Trabpause abgebaut wird. Da Ultraläufer keine Laktatanpassungen benötigen, sind für Ultraläufer die Trabpausen meist länger als für die Marathonläufer. Eine Faustregel besagt gleiche Strecke oder doppelte Zeit. Klassische Varianten in diesem Bereich sind beispielsweise 20 Mal 200m, bzw. 20 Mal eine Minute schnell. Entsprechend würde man dann als Ausgleich eine Trabpause über 200m, bzw. über 2 Minuten einlegen. Diese Einheiten kann man tatsächlich ziemlich gut auf der Bahn laufen, da hier die GPS-Abweichungen sich sonst leistungsverzerrend bemerkbar machen.
Diese Sprinteinheiten sind für Ultraläufer höchst ungewohnt, fühlen sich komplett „falsch“ an und führen nicht selten zu Verletzungen. Das liegt aber nicht daran, dass die Einheiten an sich „gefährlich“ sind, sondern zum einen daran, dass die athletischen Voraussetzungen nicht vorliegen und zum anderen daran, dass diese Trainingseinheiten falsch aufgebaut werden. Bei diesen Einheiten sind ein umfangreiches Aufwärmen und Mobilisieren notwendig.
Details finden sich in den Texten zum „Tempotraining für Ultraläufer“. Hier wird auch empfohlen, diese Einheiten als Berganläufe zu organisieren. Das grundlegende Problem bei Ultraläufern ist die fehlende Koordination, d.h. der Ultraläufer kann seine verfügbare Energie nicht vollständig in eine schnelle Bewegung umsetzen. Bei 2 bis 4 % Steigung ist der Läufer in gewohnter Schrittlänge und Schrittfrequenz unterwegs, kommt aber vom Puls in die gewünschte Beanspruchung.
Diese Einheiten fördern die Koordination und Kraft sowie allgemein die VO2max. Interessant sind auch die Bergsprints über 30 bis 45 Sekunden, die maximal schnell gelaufen werden. 10 Wiederholungen reichen da völlig aus, um an seine Leistungsgrenze zu kommen und einen schönen Trainingseffekt zu erzeugen. Diese Sprints benötigen einen maximalen Energiebedarf der Muskulatur und der Körper reagiert durch die Bildung von neuen Mitochondrien auf diesen Trainingsreiz. Über diesen Mechanismus führt genau diese hochintensive Trainingsmethode zur Verbesserung des Fettstoffwechsels!
Empfehlung
Nur im Grundlagentraining einsetzen. Später ggf als Erhaltungsreize Einheiten wie 5 Mal 200m laufen oder in Form von Steigerungsläufen die Koordination austesten. Für Ultraläufer schlage ich nur Belastungszeiten bis 2 Minuten, bzw. 500m flach vor. Die üblichen Einheiten sind aber 200er und 400er.
6. Spezielle Technikübungen
Einen ökonomischen Laufstil erkennt man selbst daran, dass zum Halten der Geschwindigkeit möglichst wenig Energie benötigt wird. Beobachter erkennen einen solchen Laufstil daran, dass die Bewegung leicht aussieht und frei von überflüssigen Hüpf- und Rotationsbewegungen ist. Für dieses harmonische Zusammenspiel der gesamten Muskulatur ist eine gute Koordination erforderlich. Die Grundlagen hierfür sind das Athletiktraining. Koordination ist der Schlüssel zu Spitzenleistungen! Übungen zur Verbesserung der Koordination sind beispielsweise das Lauf-abc, was selbst Marathonläufer fast täglich durchführen! Im Ultralauf wird dieses Trainingselement allerdings eher selten genutzt und wenn, dann vermutlich in angeleiteten Trainingsgruppen oder im Spitzenbereich.
Steigerungsläufe oder Treppentraining sind ebenfalls gute Ideen. Die Fußkraft kann ebenfalls super durch Seilspringen trainiert werden, weswegen das Seilspringen bei einigen Spitzenathleten zum Training gehört.
Fazit und Ausblick
Im Text wurden viele Bausteine zur Leistungsverbesserung im 24h-Lauf beschrieben. In Abhängigkeit der bisherigen Lauferfahrung, der Trainingsphase, der persönlichen Stärken und Schwächen sowie der zur Verfügung stehenden Zeit und des individuellen Spaß-Empfindens gilt es einen individuellen, optimalen Mix davon, den man in einen schriftlichen, wöchentlichen Plan einarbeiten kann.
Wenn man gemäß dem FIX-Ansatz drei Kerneinheiten auswählt und durch Athletiktraining ergänzt, erhält man schon eine sehr gute, grobe Trainingsstruktur. Im Spitzenbereich wird man häufiger auch zwei Einheiten am Tag laufen, beispielsweise morgens den Nüchternlauf und abends Athletik oder eine Tempoeinheit. Vorschläge, wie aus den Bausteinen Trainingspläne werden, sind im nächsten Text vorgesehen.
Trainingspläne für den 24h-Lauf
Text und alle Tabellen: Michael Irrgang, 05.05.2023
Hat man für sich als ein Lebensziel definiert, ein guter 24h-Läufer oder ein Spartathlonfinisher zu werden, so gehen der Saison mit der Höchstform meist 5 bis 7 Jahre des Leistungsaufbaus voraus, in denen man seine Bestzeiten steigert, den Trainingsumfang erhöht und die Wettkampflänge zunimmt. Um 150, 200 oder sogar 250 km am Stück schadlos laufen zu können, benötigt man einige Trainingsjahre mit sehr vielen Laufkilometern sowie athletische Grundlagen. Manche haben allerdings auch schon in jungen Jahren einen sehr schönen, ökonomischen Laufstil – nennen wir das mal Talent! Nun weiß man aber, dass Talent alleine nicht reicht ohne Fleiß. Und eine gewisse Struktur sowohl zum jahrelangen Formaufbau als auch in der Vorbereitung zu einem konkreten Jahreshöhepunkt ist natürlich auch notwendig, um sein theoretisches Potential auszuschöpfen.
1. Grundlagen
Zyklen im Training
Mit dem Makrozyklus meint man meist die Vorbereitung auf den nächsten Wettkampf-Höhepunkt. Diese Periode erstreckt sich in der klassischen Leichtathletik über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten. Im Ultralauf nutzen viele eine Jahresperiodisierung, in der in den verschiedenen Jahreszeiten unterschiedliche Trainings- und Wettkampfschwerpunkte gesetzt werden.
Der Mesozyklus entspricht meist 3 oder 4 Wochen und ein Mikrozyklus ist eine zusammenhängende Folge von 2 bis 3 Trainingseinheiten. Das Verständnis der letzten beiden Zyklen ist für die Gestaltung von Trainingsplänen sehr wichtig.
Ein dreiwöchige Zyklus bedeutet, dass nach zwei Wochen mit hartem Training eine Erholungswoche folgt. In diesem Konzept bedeutet 100% ein Trainingsvolumen, welches noch gerade so in der Woche regeneriert werden kann, man also mehr oder weniger über einen längeren Zeitraum durchführen kann. Übersteigt die Beanspruchung diesen Wert, so kumuliert sich die Ermüdung, was zu einer Leistungsstagnation und zu Übertraining führen kann, wenn die Belastung nicht kurzfristig durch eine Erholungswoche ausgeglichen wird. In der Regenerationswoche erfolgt eine vollständige Erholung.
Für mich hat sich sowohl als Läufer als auch als Trainer der vierwöchige Mesozyklus bewährt. In so einem Zyklus wird meist eine Leistungskomponente über drei Wochen gesteigert, bevor die Erholungswoche folgt. Die Woche 2 ist schon anstrengend, die Woche 3 überfordert systematisch die Regenerationsfähigkeit. Zwei harte Woche wie im dreiwöchigen Zyklus sind möglich, aber mehr sicher nicht.
Superkompensation
Vermutlich gibt es kaum ein Konzept der Trainingslehre, welches so oft fehlinterpretiert wird. Korrekt ist, dass Belastung und Regeneration immer eine Einheit bilden und erst in der Regeneration die Belastungsreize zu einer Leistungssteigerung führen.
Falsch ist hingegen, dass nach jeder Belastungseinheit – zur Vermeidung von Übertraining und Verletzungen – eine Regeneration eingeplant werden muss. Niemand will Verletzungen riskieren und trainiert lieber vorsichtig, aber falsch periodisierte Regeneration verhindert eher die Leistungssteigerung als Verletzungen. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass bei einem 24h-Lauf die Beanspruchung an alle Körpersysteme sehr hoch ist. Wenn man im Training 6 Stunden im geplanten 24h-Tempo läuft, hat man das einfachste Viertel des Wettkampfes prima geübt. Im Wettkampf würden jetzt weitere 18 Stunden Wettkampftempo folgen. Eine Idee zur Simulation der langen Belastung ist, Trainingsreize in einer sehr dichten Folge zu setzen, also zum Beispiel am nächsten Tag noch einmal 6 Stunden laufen. Da fühlt sich dann schon die erste Laufstunde nicht normal an und der Puls ist höher als sonst. Aber egal wie schlecht sich die Beine am Ende der zweiten 6h-Einheit anfühlen, sicher besser als nach 12 Stunden im 24h-Wettkampf und dann ist erst die Hälfte erreicht!
Im 24h-Training bilden daher oft mehrere Einheiten zusammen einen Belastungsblock, der erst anschließend in einem Erholungstag, spätestens in der Regenerationswoche vollständig regeneriert wird. Z.B. könnte man nach zwei Tagen mit jeweils sehr hoher Belastung 2 Tage Pause einlegen. Derartige Blöcke sind sehr effektiv!
Wettkampfumfang trainieren
Bei dieser Trainingsidee wird gleichermaßen Körper und Geist trainiert. Es geht im Kern darum, sich für den Zielwettkampf ein realistisches Ziel zu setzen und dieses dann mehrfach verteilt auf mehrere Einheiten zur Vorbereitung zu laufen.
1. Phase
Einmal im Monat sollte man in der Wochensumme diese geplante Zahl an Kilometern laufen. Es ist wichtig, diese Zahl in seinen Trainingsaufzeichnungen zu sehen und verteilt auf 5 bis 6 Einheiten sollte das auch locker zu schaffen sein!
2. Phase
Nun wird das Training verdichtet! Man läuft den Umfang in drei aufeinander folgenden Tagen! Wer 210 km laufen möchte, läuft beispielsweise 3 x 70 km oder 1 x 50km und 2 x 80 km.
Klappt das gut, so erscheint auch die nächste Verdichtung auf eine einzige Einheit über 24 Stunden möglich.
Einmal die Drei-Tage-Variante sollte in der direkten Vorbereitung reichen.
Athletiktraining
In der Endphase eines 24-Stundenlaufes sieht man (leider) sehr häufig Haltungsschwächen: Die Läufer sacken in sich zusammen oder kippen vorne rüber! Auch die Schrittlänge wird oft immer kürzer und die Effizienz der Bewegung leidet. Um dies zu vermeiden, ist eine starke Rumpfmuskulatur erforderlich. Hier gibt es zahlreiche, gute Übungen! Für viele braucht man keine Geräte.
Zwei Aspekte sind bei einem Athletiktraining wichtig: Erstens muss man die laufspezifischen Übungen regelmäßig machen und zweitens muss die Intensität stimmen; „hochintensiv“ ist das richtige Adjektiv.
Alternativsport
Grundlagentraining kann man fast ebenso gut durch andere Ausdauersportarten trainieren: Schwimmen, Radfahren, Inlineskaten, wandern; es gibt so viele Sportarten, die man mit einer geringen Belastung über eine längere Zeit machen kann – alles ist sinnvoll und lässt sich wunderbar in ein Training integrieren.
2. Bewährte 100km-Trainingspläne
Ein 100km-Plan kann zur Vorbereitung ebenfalls genutzt werden, insbesondere, wenn er sich bewährt hat. Auf der LG Ultralauf-Homepage gibt es ein drei Pläne für 100km-Läufer:
- Für Leute ohne Zeit: ein sehr effizientes, minimalistisches Training.
- Für ambitionierte Läufer: Das Training ist recht anspruchsvoll und muss gegebenenfalls vereinfacht vorbereitet werden.
- Optimierung / Konkretisierung des Planes für ambitionierte Läufer nach der F-AS-T-Formel von Dr. Feil.
Der zweite Plan ist ein typisch strukturierter Trainingsplan mit Regenerationstagen am Montag, Mittwoch und Freitag und einer Regenerationswoche.
An diesem Beispiel sieht man schön die Belastungsentwicklung in den drei Belastungswochen. Auf den ersten Blick sind es viele „schnelle“ Kilometer, aber am Dienstag wird im Halbmarathontempo gelaufen, am Donnerstag eher im Marathontempo und am Samstag noch einmal 15 sec pro km langsamer. Wenn die Balance zwischen Tempo und Umfang nicht stimmt, sollte man bevorzugt die Tempoelemente kürzen, z.B. am Dienstag nur 15 Wiederholungen einplanen, aber nicht die Intensität reduzieren.
Anpassungen nach F-AS-T
Folgt man den Optimierungsvorschlägen von Dr. Feil so ist es ein großer Unterschied, ob man die Einheiten morgens oder abends läuft, was man davor und danach isst und welche Einheit man vorher gelaufen ist. Außerdem müssen auch die beiden Athletikeinheiten klug platziert werden. Details findet ihr im „Trainingsplan für Ambitionierte nach F-AS-T“. Die Wochenstruktur des obigen Planes sieht angepasst dann so aus.
3. Mögliche Wochenstrukturpläne für ein 24h-Training
Wie könnten denn nun für den 24h-Lauf optimierte Wochenstrukturen aussehen? Gut ist eine feste Struktur mit grob thematischen Einheiten, die sich gut mit einer normalen Arbeitswoche verbinden lässt.
Bei den folgenden Plänen benutze ich obige Kategorien, die im Text der Bausteine beschrieben sind. Bei einem Plan ist immer wichtig, dass er möglichst bunt ist, d.h. viele Tempobereiche angesprochen werden.
So könnte ein recht einfacher Plan mit 5 Einheiten die Woche aussehen. Hier erkennt man gut zwei Mikrozyklen. Dienstags bis donnerstags wird eher kürzer und schneller gelaufen. Als Tempoeinheiten plane ich dienstags zwei Stunden und am Donnerstag eine Stunde ein. Die erste Variante, die oben dargestellt ist, sieht vor, am Dienstag extensive Wiederholungsläufe zu machen, z.B. 15 x (700m schnell und 300m langsam) und am Donnerstag einen Tempodauerlauf von ca 40 Minuten. Alternativ kann man allerdings auch die Dauer tauschen! Hier wäre eine typische Dienstags-Einheit 10 x 2 Minuten schnell oder Bergsprints mit 5 % Steigung bei 30 bis 45 Sekunden Belastungsdauer. Als Ergänzung wäre dann der Tempodauerlauf ca. 1,5 bis 2 Stunden lang.
Bei „Sprint-Einheiten“ gibt es berechtigt eine Angst vor Verletzungen. An dieses schnelle Laufen muss man sich herantasten und sich den passenden Laufstil aneignen. Außerdem ist man gut beraten zwischen dem Einlaufen und dem Start des Hauptteils einen kleinen Block Lauf-Abc, Mobilisierung und Steigerungsläufe einzulegen, um den Körper auf die Belastung vorzubereiten. Und als letzten Tipp sei erwähnt, dass Berganläufe risikoärmer als flache Tempoeinheiten sind.
Am Mittwoch ist eine leichte Einheit geplant. Diese ist morgens vor dem Frühstück ideal platziert, kann aber auch abends gelaufen werden. Am Freitag folgt ein weiterer Erholungstag, um frisch in den nächsten Mikro-Block zu starten.
Samstag und Sonntag bilden eine Einheit, wobei es zahlreiche Möglichkeiten der Gestaltung gibt. In diesem Beispiel wird am Samstag schneller gelaufen. Alternativ kann man samstags auch ein Fahrtspiel oder einen Crescendolauf – beispielsweise mit einer Beschleunigung alle 5 km – durchführen. Am Sonntag folgt dann das wichtigste Trainingselement eines Ultraläufers: der lange, langsame Lauf.
Zwei und Vier Stunden Dauer sind eher die Einstiegsgrößen und sollten, falls möglich, im Laufe der Zeit deutlich gesteigert werden, wenn diese Grundstruktur an sich gut klappt. Die Tempoeinheiten sollte man nicht verlängern.
Andere Varianten für die beiden Einheiten am Wochenende:
- Samstag: 6 h langsam und am Sonntag 2h langsam
- Samstag 4h Fahrradfahren, 2h langsam laufen, Sonntag 6h langsam laufen
Wem der Kilometerumfang grundsätzlich zu hoch ist, kann gut die Wochenendeinheiten durch alternative Ausdauer-Sportarten teilweise ergänzen, z.B. zunächst Radfahren, dann deutlich weniger laufen.
Wenn man ambitionierter unterwegs ist, ist es der bessere Ansatz, die Wochenstruktur um weitere Einheiten zu ergänzen, als bestehenden Einheiten zu verlängern, insbesondere, da die Tempoeinheiten weder ausbaubar, noch mit anderen Einheiten wie 10 km ein- oder auslaufen kombinierbar sind.
Dann könnte der Wochenstrukturplan so aussehen:
Auch hier habe ich noch deutlich erkennbar die beiden Blöcke Dienstagmorgen bis Donnerstagmorgen und Freitagabend bis Sonntagmittag.
Dieser Plan enthält sehr viele Stunden aktives Training, die man in Laufschuhen verbringt und ist eher die „Zielstruktur“ für Kaderathleten, die sonst wenig Hobbies haben.
Die morgendlichen Einheiten dienstags bis donnerstags sind allesamt sehr leichte Einheiten, die etwa im 24h-Tempo gelaufen werden. Sie haben regenerativen Charakter und dienen – insbesondere, wenn sie nüchtern durchgeführt werden – der Verbesserung des Fettstoffwechsels. Auf gar keinen Fall sollte man jedoch in ein Energieloch laufen – dann besser vorher einen kleinen Snack essen.
Dieser Plan beinhaltet alle Varianten der Tempoläufe und deckt so alle Tempobereiche in einer spezifischen Kerneinheit ab.
Interessant ist natürlich, dass der Hauptunterschied zwischen Plan 1 und 2 der ist, dass viel mehr langsame Kilometer enthalten sind. Damit verändert sich das Verhältnis der schnellen Kilometer zu den langsamen.
Zur Berechnung habe ich drei Belastungs-Gruppen gebildet. Die intensiven Kilometer betreffen im Plan die Farben gelb, orange und rot, mittel ist blau und leicht ist grün, wobei bei den Tempoeinheiten nur zwei Drittel der Dauer angesetzt wurden, da das Ein- und Auslaufen sowie die Trabpausen zu den leichten Kilometern zu zählen sind.
„Leicht“ ist etwa der Tempobereich langsamer als Marathontempo plus 1 Minute pro Kilometer. In diesem Bereich sollten mindestens 50% der Laufkilometer trainiert werden – mehr ist besser, setzt aber einen gewissen Umfang voraus. Mittel ist das, was die meisten als Wohlfühltempo verstehen und sollte sich leicht anfühlen, also etwa Marathon-Tempo bis Marathontempo plus 1 min pro km. Alles andere ist rot! Rot ist wichtig, sollten aber im Umfang begrenzt werden.
Noch ein anderer Strukturplan
Dieser Plan wäre jetzt eher für Leute, die Tempo nicht so mögen und eher über den Umfang ihre Leistung aufbauen. Hier ist am Dienstag ein mittelschneller 3h-Lauf eingeplant, der auch gerne als Fahrtspiel mit Höhenmetern durchgeführt werden kann. Typischerweise findet am Freitag ein langer Tempowechsellauf und am Samstag die lange Einheit statt. Diese ist geteilt, d.h. sie beginnt mit einem mittelintensiven Tempolauf gefolgt von einem zweistündigen, langsamen Lauf.
Die Idee ist, dass man für diese Einheit nur 3 Stunden braucht, sie aber durch die „Startbeschleunigung“, dessen Ziel die schnelle Entleerung der Energiespeicher ist, die Wirkung eines 5-Stundenlaufes hat.
In diesem Plan habe ich ebenfalls zwei Einheiten Athletiktraining eingebaut, wobei ich für den Mittwoch sogar 1 Stunde vorgesehen habe. Zweimal die Woche 30 Minuten ist das Minimum, eine Stunde pro Einheit ist besser, da man dann alle wichtigen Muskelgruppen trainieren kann. Gerade wenn man die hochintensiven Laufeinheiten weglässt, ist es sinnvoll, diese „Hochpulseinheiten“ durch alternativen Sport zu ersetzen. Alles, was die Sauerstoffaufnahme und -verwertung verbessert, hilft auch für den Fettstoffwechsel!
4. Konkreter Trainingsplan für einen 24h-Läufer
Auf Basis der Struktur von Plan 3 möchte ich hier die konkrete Gestaltung eines Trainingsplanes vorstellen. Dabei möchte ich nach Leistungsvermögen differenzieren und drei Leistungs-Kategorien definieren:
- A: Läuft Marathon in 3 Stunden (Tempo 4:15 min/km) und plant in 24-Stunden 240 km.
- B: Läuft Marathon in 3:30 Stunden (Tempo 5:00 min/km) und plant in 24-Stunden 200 km.
- C: Läuft Marathon in 4:15 Stunden (Tempo 6:00 min/km) und plant in 24-Stunden 170 km.
Eine typische Belastungswoche könnte etwa so aussehen:
Wochentag | Kat A | Kat B | Kat C |
Montag | Pause | Pause | Pause |
Dienstag | 28 km in 4:30, 2 km in 6:30 auslaufen | 24 km in 5:15, 2 km in 6:45 | 15 km in 6:00 |
Mittwoch | 12 km in 5:30 | 10 km in 6:00 | 8 km in 7:00 |
Donnerstag | 18 km in 5:30 | 14 km in 6:00 | Pause oder 11 km in 6:15 |
Freitag abends | 2 km einlaufen in 5:30, 10 x 1.000 m in 3:45, Trabpause 200 m in 6:15, 2 km auslaufen in 7:00 (16 km gesamt) | 2 km einlaufen in 6:00, 8 x 1.000 m in 4:15, Trabpause 200 m in 6:30, 2 km auslaufen in 7:15 (13,4 km gesamt) | 2 km einlaufen in 6:30, 7 x 1.000 m in 5:15, Trabpause 200 m in 7:00, 2 km auslaufen in 7:30 (12,2 km gesamt) |
Samstag morgens | 15 km in 4:45, 20 km in 6:15 | 10 km in 5:15, 20 km in 6:30 | 10 km in 6:00, 15 km in 7:15 |
Sonntag | 50 km in 6:00 | 40 km in 6:30 | 30 km in 7:00 |
Summe | 161 km | 133,4 km | 90,2 km |
Diese Trainingswoche wäre jetzt die Woche 3 im 4-Wochen-Mesozyklus, also die Hauptbelastungswoche. In den Wochen zuvor könnte bei Kat A am Dienstag eine Steigerung von 22km über 25km auf 28km sein, am Freitag das schnelle Segment zunächst 700m, dann 800, dann 1000 Meter und am Sonntag 30km, 40km bis 50km. Die anderen Einheiten bleiben konstant. Bei Kat B wäre die gleiche Entwicklung, wobei ich am Sonntag mit 25km beginnen würde, dann 30, dann 40km. Bei dem Kat C-Läufer würde ich eher versuchen, jeden Dienstag 15km zu laufen, aber von Woche zu Woche 2 Minuten schneller zu sein. Am Sonntag wäre die Steigerung 20km, 25km, 30km.
5. Spezialwochen
Möchte man Wettkämpfe ins Training einbauen, so lässt man am einfachsten den zweiten Mikrozyklus (Freitag bis Sonntag) weg und ersetzt ihn durch den Wettkampf. Wettkämpfe auf Unterdistanzen kann man fast immer zu 98% seines Leistungsvermögens laufen. Also nicht am Limit, aber schon schnell. Nach dem Wettkampf folgt immer eine ganze Regenerationswoche, sodass ein Wettkampf nach der 3. Woche ideal, nach der 2. Woche möglich ist. Andernfalls müsste man vorher die Mesozyklen anpassen.
Wettkämpfe
Mehrtagesläufe
Mehrtagesläufe sind Belastungen mit enorm hohen Umfängen, die neue Trainingsreize setzen. Die helfen, sich zu entwickeln und die der Körper und der Geist nicht vergessen. Deswegen ist es auch nicht so wichtig, ob sie 5 oder 15 Wochen vor dem Hauptwettkampf liegen. Ideal erscheint mir ein Abstand von 5 bis 8 Wochen vor dem Zielwettkampf, da oftmals kleinere Verletzungen die Folge sind, die erst komplett auskuriert werden sollten. Laufurlaube oder Trainingslager sind einfach schön und machen viel Spaß.
Ein Fünftageslauf scheint ideal für einen 24h-Wettkampf.
Trainingslager
Ein Trainingslager ist einem Mehrtageslauf gut vergleichbar. Allerdings zeichnet er sich durch mehr Abwechselung aus und kann daher länger dauern. Eine gute Idee ist, Grundlagentraining in Form eines Trainingslagers zu organisieren, denn das kann man gut als Kombination von Laufen mit einer anderen Ausdauersportart gestalten wie beispielsweise Radfahren, Skilanglauf oder sogar Wandern.
6. Fazit
Training heißt, sich auf einen Wettkampf sachgerecht vorzubereiten und da es bei einem 24h-Lauf viele leistungsbestimmende Faktoren gibt, ist das dazugehörige Training recht komplex und umfasst beispielsweise auch mentale Vorbereitung, Tests von Ernährung und Ausrüstung.
Im Training an den sportlichen Defiziten zu arbeiten, verspricht den größten Effekt zur Leistungssteigerung und diese sind meistens die aerobe Leistungsfähigkeit und Athletik. Daher ist oft die Empfehlung, mehr Tempo- und Athletiktraining in den Wochenplan aufzunehmen.
Eine feste Wochenstruktur für Standardtrainingswochen hilft bei der ausgewogenen Planung des Trainings, jedoch führen insbesondere Sonderwochen wie Trainingslager oder Mehrtagesläufe zu einem hohen Trainingseffekt, der die Müdigkeit des Rennens simuliert.
Der Gesamtumfang der Laufkilometer und die Länge des langen Laufes sind ganz entscheidende Erfolgsparameter, jedoch muss eine Steigerung über eine lange Periode erfolgen. Dabei ist der Grad zwischen optimalem Training und überlastendes Training schmal und individuell.
Neben den individuellen Schwächen, der Belastbarkeit und auch aufgrund der verfügbaren Zeit sind die Wochenstrukturen selbst bei ähnlich veranlagten Athleten recht unterschiedlich. Daher habe ich im obigen Text einige Gestaltungsideen und Muster vorgestellt, so dass ich hoffe, jedem ein paar nützliche Hinweise gegeben zu haben, um sich für zukünftige Wettkämpfe gut vorzubereiten. Viele der Anregungen lassen sich auf andere Wettkämpfe übertragen.
Für die Vorbereitung auf euren nächsten Laufhöhepunkt wünsche ich euch viel Erfolg, Freude und Verletzungsfreiheit.
Perfekte Renneinteilung im 24h-Lauf
Text Michael Irrgang, Grafik und PDF-Anhang: Dr. Christoph Wenzel
Sich durch ein gezieltes Training gut in Form zu bringen, ist eine Sache, aber das Potential dann auch im Wettkampf umzusetzen eine andere. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle und die Renntaktik will gut durchdacht sein.
Einen sehr interessanten Artikel zu dem Thema Tempokonstanzfaktor im 24h-Lauf hatte in der ULTRAMARATHON-Ausgabe 3/2022 Dr. Christoph Wenzel veröffentlicht, den ich hier gerne verlinke. Vielen Dank für die Bereitstellung der PDF-Version und die Erlaubnis zur Veröffentlichung.
Tempokonstanz-Faktor im 24-Stunden-Lauf
von Dr. Christoph Wenzel
Zur Frage der Tempokonstanz im Marathon- und im 100-Km-Lauf wurde in UM 3/2021 eine einfache Berechnung vorgestellt. Der Tempokonstanz-Faktor (TK-Faktor) gibt an, wieviel % der Laufgeschwindigkeit in der ersten Laufhälfte der/die Aktive auf der zweiten Laufhälfte erreicht hat. Da die Teildistanzen gleich sind, muss hierzu nur die Zwischenzeit 1 durch die Zwischenzeit 2 dividiert werden.
V2 D2 / T2 V2 T1
——- = ————- bei D1 = D2: ——- = ——-
V1 D1 / T1 V1 T2
T= Laufzeiten D=Distanzen V=Laufgeschwindigkeiten
Beim Marathon-Lauf und beim 100-km-Lauf ist ein zu schnelles Anfangstempo ungünstig, weil der Stoffwechsel im späteren Rennverlauf nur noch ein langsameres Laufen gestattet.
Im Marathon werden im intensiven Dauerlauftempo zu viel der Glykogenvorräte verbraucht. Ab Km 30 stoppt die „Glykogenmauer“ dies zu schnelle Lauftempo. Die Fettverbrennung muss im Marathon so viel Energie liefern, dass die Glykogenvorräte bis zum Ziel ausreichen.
Im 100-km-Lauf wird im extensiven Dauerlauftempo die Erregbarkeit der Muskelzellmembranen zu stark gefordert. Ab Km 70 stoppt diese „Zellmembranmauer“ ein solches zu schnelles Lauftempo. Die Fähigkeit zur Zellerregung an den Muskelzellmembranen muss also im 100-km-Lauf bis zum Ziel möglichst gut bleiben.
Wie sieht es im 24-Std-Lauf aus? Lässt sich ein ähnlicher Tempokonstanz-Faktor sinnvoll ausrechnen? Wie sind die Ergebnisse bei der genügend großen Gruppe von Aktiven?
Für den 24-Std-Lauf ist die Betrachtung der erreichten Distanzen nach 12 Stunden und nach 24 Stunden am sinnvollsten. T1 = T2 = 12 Stunden. Da die Teilzeiten gleich sind, muss nur die Distanz der 2. Rennhälfte durch die Distanz der 1. Rennhälfte geteilt werden.
V2 D2
Der Tempokonstanz-Faktor TK beträgt bei T1 = T2: ——- = ——-
V1 D1
Der Vergleich der Geschwindigkeiten in der 2. und in der 1. Hälfte ist am besten, da durch Kürzung nur die Distanzen der 2. und 1. Hälfte dividiert werden müssen.
Das Ergebnis (am besten in Prozent) sagt aus, wieviel der Geschwindigkeit in der ersten Rennhälfte man/frau auf der zweiten Rennhälfte noch halten konnte. Ein Tempokonstanz-Faktor in %, wie für den Marathon-Lauf und den 100-km-Lauf.
Für 24-Stunden-Läufe werden nur sehr selten die erreichten Distanzen nach 12 Stunden veröffentlicht. Das wäre für die Aktiven und die weiteren Interessierten eine hilfreiche Zusatzinformation.
Im 24-Stunden-Lauf der Männer hat Aleksandr Sorokin (LIT) am 28./29.08.2021 in Pabianice/POL den Weltrekord bei einem offenen Lauf mit 85 Finishern mit einer beeindruckend hohen Tempokonstanz geschafft.
Bei den Frauen lief Camille Herron (USA) am 26./27.10.2019 bei den IAU-Weltmeisterschaften in Albi/FRA mit 346 Finishern den Weltrekord mit einer deutlich schnelleren ersten Hälfte. Sieger bei den Männern war Aleksandr Sorokin mit 278,972 Km (146,221 + 132,751).
Die TK-Faktoren betrugen bei Camille Herron 84,7 % und bei Alexsandr Sorokin 97,0 % (2019 beim seinem WC-Sieg: TK = 90,1 %).
Im 24-Stunden-Lauf der Männer wurde der Deutsche Rekord beim 1. Sri Chinmoy 24-Std-Lauf am 08./09.05.1987 in Köln von Wolfgang Schwerk mit 276,209 Km erreicht. 18 Finisher erreichten das Ziel am Rheinufer. Hans-Martin Erdmann war mit 274,119 Km nicht weit hinter Wolfgang. Leider war auch bei persönlichen Nachfragen nicht zu erfahren, welche Distanz damals nach 12 Stunden erreicht wurde.
So wird hier die drittbeste Leistung eines Mannes aus Deutschland betrachtet. Jens Lukas lief bei der IAU-Europameisterschaft in Gravigny (FRA) als Sieger am 07./08.09.2022 mit 75 Finishern eine Distanz von 267,294 Km.
Den Deutschen Rekord der Frauen lief Nele Alder-Baerens am 26./27.10.2019 bei der IAU-Weltmeisterschaft in Albi/FRA mit 346 Finishern als 2. hinter der neuen Weltrekordlerin mit einer Distanz von 254,288 Km.
Die TK-Faktoren betrugen bei Nele Alder-Baerens 84,7 % und bei Jens Lukas 97,0 %.
Im 24-Stunden-Lauf gibt es andere Werte der Tempokonstanz-Faktoren als beim 100km-Lauf.
TK-Werte von 80 bis 90 % sind gut. Mit einer exzellenten Renneinteilung sind aber noch höhere Distanzen zu erreichen.
Ein Tempokonstanz-Faktor von 95 bis 98 % erweist sich als optimal und wurde beim Weltrekord-Lauf der Männer auch so erreicht.
Aus sportphysiologischer Sicht kommt beim 24-Stunden-Lauf der Schlafmangel als weitere „Mauer“ zur Begrenzung der Leistungsfähigkeit hinzu.
Ein Absinken der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft im Laufe eines 24Stunden-Laufes kann zu einer längeren Schlafpause als geplant führen. Der Lauf wird danach mit weniger Ehrgeiz als zu Beginn fortgesetzt. Wer Distanzen über 200 Km erreichen möchte, läuft die Nacht durch.
Wie sieht die Tempokonstanz bei größeren 24-Std.-Läufen aus?
Dazu habe ich die Ergebnisse der 24-Std.-Läufe in Basel 2011, 2012, 2013 und 2019 sowie in Oslo 2019 und 2021 ausgewertet. Über die DUV-Ergebnisdatenbank sind auch alle 12-Stunden-Zwischendistanzen verfügbar.
In Basel steht ein flacher asphaltierter Rundkurs für einen Straßenlauf zur Verfügung, in Oslo ein flacher Tartanbahn-Rundkurs in einem Stadion für einen Indoor-Lauf zur Verfügung.
Gibt es Unterschiede in den erzielten Leistungen?
Nein: die mittleren Distanzen von 139,9 bzw. 140,8 Km der Läufe von Basel und Oslo sind nahezu gleich! Alle Ergebnisse konnten somit als gemeinsame Gruppe von 612 Finishern ausgewertet werden.
n | TK | Km | split1 | split2 | ||
M | 442 | 52,1 | 140,196 | 91,043 | 49,153 | |
W | 170 | 55,7 | 140,924 | 89,910 | 51,014 | |
gesamt | 612 | 53,1 | 140,398 | 90,728 | 49,670 | |
M20-35 | 123 | 41,6 | 129,225 | 89,697 | 39,528 | |
M40-45 | 158 | 55,5 | 152,611 | 96,964 | 55,647 | |
M50-55 | 101 | 53,1 | 144,436 | 93,098 | 51,338 | |
M60-75 | 60 | 62,7 | 122,853 | 74,752 | 48,101 | |
W20-35 | 50 | 52,6 | 140,063 | 91,115 | 48,948 | |
W40-45 | 68 | 55,8 | 152,269 | 96,708 | 55,561 | |
W50-55 | 38 | 54,7 | 128,207 | 82,625 | 45,582 | |
W60-75 | 14 | 69,6 | 123,417 | 72,359 | 51,058 |
Die vier Läufe in Basel hatten 53 – 89 Finisher, zusammen 301 Aktive im Ziel.
Die mittlere Distanz von 139,9 Km setzt sich aus 89,4 + 50,6 Km (1. + 2. Laufhälfte) zusammen. Der mittlere TK-Faktor beträgt 55,7 %.
Die zwei Läufe in Oslo hatten 156 und 155 Finisher, zusammen 311 Aktive im Ziel.
Die mittlere Distanz von 140,8 Km setzt sich aus 92,0 + 48,8 Km zusammen. Es wurde in Oslo im Mittel 2,6 Km zu Beginn mehr gelaufen, in der zweiten Hälfte dann im Mittel 1,8 Km weniger als in Basel gelaufen. Der mittlere TK-Faktor in Oslo beträgt 50,6 %.
Also keine großen Unterschiede in der mittleren Tempo-Konstanz in Basel und in Oslo.
Riesige Unterschiede zeigen sich aber in den individuellen TK-Faktoren.
Während sich nach 12 Stunden die erreichten Distanzen ähnlich wie beim 100-kmLauf voneinander unterscheiden, finden sich als Distanzen der zweiten 12 Stunden alle Werte zwischen 0 Km und fast gleichhohen Distanzen wie in der ersten Hälfte.
Die individuellen Tempokonstanz (TK)-Faktoren wurden in 6 Gruppen aufgeteilt:
TK über 90 %, über 80 %, über 70 %, über 60 %, über 30 % und bis 30 %.
70 % der TK-Faktoren lagen zwischen 30 und 89,9 %. 5 % lagen über 90 % und 25 % bei TK-Werten bis 30 %.
Die TK-Werte sind nicht mit denen im 100-km-Lauf vergleichbar.
Bei leistungssportlicher Betrachtung dürfen im 100-km-Lauf TK-Werte über 95 % als gut und unter 80 % als ungenügend klassifiziert werden.
Bei leistungssportlicher Betrachtung dürfen im 24-Std.-Lauf TK-Werte über 80 % als gut und unter 30 % als ungenügend klassifiziert werden.
Mein einziger Versuch im 24-Std-Lauf begann mit 84 Km in gut 9 Stunden, nach einer überlangen Schlafpause folgten noch 36 Km. Ich hatte die Motivation zum Erreichen einer möglichst hohen Distanz nach der Hälfte aufgegeben und den Lauf nur noch „irgendwie“ beendet. Mein TK-Faktor von 43 % hierbei zeigt eine mangelhafte Tempokonstanz.
Laufen Frauen konstanter als Männer? Die Ergebnis-Übersicht (Tab. 1) zeigt, dass sie bei den ausgewerteten 6 Läufen im Mittel mehr Distanz als die Männer erreicht haben!
Im Mittel laufen Frauen mit 3 bis 4 % höherem Tempokonstanz-Faktor im 24-Std.Lauf als Männer. Genauso groß war der Unterschied auch im 100-km-Lauf.
In den ältesten Altersklassen sind die TK-Faktoren im Mittel 11 bis 14 %-Punkte höher als im Durchschnitt. Die jungen Männer haben im Mittel 9 %-Punkte tiefere TK-Faktoren als der Durchschnitt der Männer.
Die Erfahrung der Aktiven in den hohen Altersklassen ist im 24-Std.-Lauf besonders wertvoll und wird durch die TK-Faktoren gut erfasst.
Die jungen Läufer der M20/35 erreichen im Mittel nur 129 km; die Läufer der M60/75 haben durch ihre gute Renneinteilung 123 km geschafft – das sind im Mittel 95 % der Distanz der M20/35-Finisher!
Die jungen Frauen der W20/35 erreichen im Mittel 140 km; die Läuferinnen der
W60/75 haben durch ihre gute Renneinteilung 123 km geschafft – 600 m im Durchschnitt mehr als die M60/75-Finisher und im Mittel 88 % der Distanz der W20/35 Finisher!
Im 100-km-Lauf erreichten die Aktiven der AK W60/65 im Mittel 80 % der Laufgeschwindigkeit der AK W20/30, die Finisher der M60/65 im Mittel 81 % der Laufgeschwindigkeit der M20/30.
Die Altersfaktoren sind bis zur Marathon-Distanz wissenschaftlich errechnet. Die unveränderte Fortschreibung für die Ultramarathon-Distanzen ist unkorrekt. Im 24Std.-Lauf können ältere Aktive dank ihrer viel besseren Renneinteilung weit besser mit jüngeren Aktiven mithalten als im Marathonlauf oder im 100-km-Lauf.
Die Altersgruppe der 40- bis 49-jährigen ist bei den Frauen und bei den Männern im Durchschnitt am leistungsfähigsten.
Die Frauen haben bei den ausgewerteten 6 Läufen im Mittel 700 m mehr als die Männer erreicht! Eine im Mittel um 0,5 % höhere Leistungsfähigkeit der Frauen ist bei keiner anderen Laufstrecke zu finden; im 100-km-Lauf war bei den DM-Läufen 1987 bis 2017 die mittlere Laufgeschwindigkeit der Männer 8 % höher als bei den Frauen.
Wenn die mentale Bereitschaft zum „Wettkampfmodus“ bei den Aktiven der TKGruppen 5 und 6 im Rennverlauf verloren geht, ist es von Interesse, bei einer 24-Std.Lauf-Meisterschaft die mittleren Distanzen der Frauen und der Männer zu vergleichen.
Bei der IAU-Weltmeisterschaft im 24-Std.-Lauf in Albi/FRA am 26./27.10.2019 liefen die 146 Frauen im Mittel 175,347 km und die 200 Männer im Mittel 189,474 km. Eine Nominierung für das Nationalteam und ein WM-Lauf müssten starke Motivationen sein, um auch in der zweiten Rennhälfte im „Wettkampfmodus“ zu bleiben. Die Frauen erreichten in Albi im Durchschnitt 92,5 % der Distanz der Männer.
Aber: Übermotivation verführt zu einem zu schnellen Beginn in den ersten 12 Stunden! In Albi liefen die Männer im Mittel 114,343 km und die Frauen im Mittel 105,351 km in der ersten Rennhälfte. Für die meisten war das viel zu schnell!
In der zweiten Rennhälften schafften die Männer in Albi im Durchschnitt 75,131 km und die Frauen im Durchschnitt 69,996 km. Die mittleren TK-Faktoren betrugen bei den Männern in Albi 39,7 % und bei den Frauen in Albi 39,9 %.
Wenn die meisten Männer und Frauen bei einer IAU-Weltmeisterschaft viel zu schnell starten, können sie in der zweiten Rennhälfte nur 40 % ihrer Laufgeschwindigkeit der ersten 12 Stunden halten und die Männer erreichen „übliche“ 7,5 % mehr Laufdistanz als die Frauen. Die Renneinteilungen der Sieger A. Sorokin und C. Herron in Albi 2019 waren dagegen beispielhaft gut.
Zurück zu den ausgewerteten 24-Std.-Läufen von Basel und Oslo mit durchschnittlichen TK-Werten von 52,1 % der Männer und 55,7 % der Frauen.
Die Laufdistanz ist der größten Einflussfaktor auf den TK-Faktor. Die mittleren TKWerte der schnellsten Gruppe sind 63 %-Punkte höher als in der langsamsten Gruppe!
Im 100-km-Lauf betrug dieser Unterschied nur 7 %-Punkte.
Aber: was ist die Ursache und was ist die Wirkung? Die Leistungsfähigkeit im 24-Std.Lauf hängt offensichtlich sehr stark von der Renneinteilung ab. Unterschiede der Renneinteilung zeigen sich in der 2. Rennhälfte. Diese haben weitaus stärkere Folgen als im 100-km-Lauf.
Die Tempokonstanz ist somit als planerischer Teil der mentalen Vorbereitung und als Eigensteuerung beim Lauf ein eigener Faktor der individuellen Leistungsfähigkeit.
Die Tempokonstanz beeinflusst ursächlich im 24-Std.-Lauf besonders stark die erreichte Laufdistanz.
Das zeigt die Auswertung, welche mittleren Laufdistanzen bei welchen Gruppen der TK-Faktoren erreicht wurden.
Die Unterschiede der mittleren Laufdistanzen zwischen den Gruppen der TK-Faktoren ist sehr hoch. Die Gruppe mit TK-Faktoren bis 30 % erreichte nur 47 % der Laufdistanz der Gruppe mit TK-Faktoren über 90 %.
Auch im Bereich des durchgehenden mentalen „Wettkampfmodus“ der Gruppen 2 bis 4 betrugen die mittleren Distanzen nur 95 % bzw. 85 % bzw. 80 % der Laufdistanz der Gruppe mit der besten Renneinteilung.
Im 100-km-Lauf waren die Unterschiede viel geringer: die Gruppe mit der schlechtesten Renneinteilung (TK-Faktoren bis 80 %) erreichte 83 % der Laufgeschwindigkeit der Gruppe mit TK-Faktoren über 95 %.
Für die Frage der Tempokonstanz wurde eine einfache Berechnung vorgestellt. Der
TK-Faktor bedeutet, wieviel % der Laufgeschwindigkeit in der ersten Laufhälfte der/die Aktive in der zweiten Laufhälfte erreicht hat. Eine sinnvolle Gruppierung schließt auch eine klassierte Bewertung ein. Die Höhe des Einflusses des TK-Faktors auf die Laufzeit ist im 24-Stunden-Lauf besonders hoch. Die Folge einerÜbermotivation zeigt sich im 24-Std.-Lauf erst in den zweiten 12 Stunden durch einen Leistungseinbruch. Wenn ein Lauf dagegen mit hoher Tempokonstanz gelaufen wird, kommt es zu einem starken Gefühl der Freude und Zufriedenheit auf der zweiten Rennhälfte.
Mit dem Tempokonstanzfaktor meint Christoph das Verhältnis der gelaufenen Kilometer innerhalb der ersten 12 Stunden im Verhältnis zu den Kilometern der zweiten Rennhälfte. Die Formel zur Ermittlung des Prozentwertes ist:
(Distanz der zweiten Hälfte) / (Distanz der ersten Hälfte) * 100.
Beispiele: 100 würde bedeuten, zwei gleiche Hälften zu laufen – was so gut wie nie vorkommt. Wer in der ersten Hälfte 100km und in der zweiten 80km läuft, hat einen Faktor von 80.
Die Grafik ist dem Artikel entnommen und zeigt eine Auswertung von mehreren 24h-Läufen aus Basel und Oslo. Die Zahlen sind wirklich bemerkenswert! Bezüglich der untersuchten Daten (das mag am schlechten Wetter gelegen haben) haben 49 % der Teilnehmer einen Wert schlechter als 60% und die nur 5 % erzielen einen Wert von über 90%, wobei Werte unter 90% bei kürzeren Distanzen eher selten sind und man schon als „Einbruch“ bezeichnen würde!
Ergebnisse seiner Auswertung
In dem Artikel analysiert Christoph die Zahlenbasis nach verschiedenen Kriterien und stellt fest:
- Mit zunehmendem Alter wird der Faktor besser, insbesondere ab 65 Jahre.
- Teilnehmer mit einer hohen Leistungszahl haben einen besseren Faktor.
- Frauen teilen sich das Rennen besser ein als Männer.
So ganz überraschend sind diese Erkenntnisse nicht, dennoch ist die Höhe der Unterschiede krass hoch. Klar ist, dass Erfahrung seinen Wert hat. Zum einen bei der Renneinteilung, aber auch beim Training. Wer jahrelang hohe Umfänge trainiert hat und einige 24h-Läufe gelaufen ist, weiß, was der Körper braucht und wie man Krisen managed. Eine Erklärung für die zweite These ist, dass einige, die ihr Ziel nicht erreichen können, die Bemühungen, ein maximales Ergebnis zu erzielen, komplett einstellen. Bei anderen Ultraformaten gibt es ein DNF, im 24h-Lauf verfälschen solche Einzelfälle die Statistik. Der Unterschied zwischen Frauen und Männern war nicht sehr groß, aber immerhin messbar. Das könnte an einer defensiven Taktik, dem härteren Willen oder der besseren Widerstandsfähigkeit gegen Krisen liegen. In der Spitze trifft das aber nicht zu, denn bei dem von Christoph zitierten Weltrekord der Frauen hat Camille Herron einen Faktor von 84,7% erreicht.
Als Schlussfolgerung zu der Empfehlung von Christoph ist sie wohl zu optimistisch in das Rennen gestartet und hätte möglicherweise bei einer noch besseren Renneinteilung eine noch bessere Leistung erzielen können.
Empfehlung zur perfekten Renneinteilung
Ideal erscheint ein Faktor zwischen 95 und 98 %, wobei Christoph Werte von über 80 als „gut“ bewertet.
Wählt man als Referenzbeispiel den Weltrekord von Alexandr Sorokin aus dem Jahre 2021 so kann man einen Faktor von 97,0 ausrechnen, denn er lief 157,021 km in der ersten und 152,378km in der zweiten Hälfte.
Diese Empfehlung gilt für alle Geschlechter und Leistungsklassen. Interessant ist auch die Begrenzung auf 98 %. Warum nicht 100 oder sogar mehr, was bei einem Marathonlauf als „negativen Split“ bezeichnet wird und oftmals üblich ist. Die Ursache liegt vermutlich zum einen daran, dass trotz bestem Training und perfekter Renneinteilung eine gewisse Ermüdung sich leistungsmindernd auswirkt: Der Körper überhitzt, die Schritte werden kürzer, die Koordination leidet, Magenprobleme treten häufiger auf. Zum anderen liegt es aber auch an häufigeren, kleinen Pausen in der zweiten Rennhälfte, beispielsweise für Toilette, Umziehen oder Blasen behandeln.
Vorschlag zur Taktikplanung
Ich finde es wichtig, dass man sein Rennen plant und nicht einfach nur nach folgender Devise losläuft: „Langsam starten und dann mal schauen, wie sich das Rennen entwickelt.“ Die Planung beginnt schon Wochen vor dem Rennen, wenn man sich ein Anfangstempo überlegt und eine realistische Kilometermarke als Ziel setzt.
Der erste Ansatz führt zu einer Teilung der geplanten Leistung in 4 Rennabschnitte. Sie beginnt mit der Teilung in zwei Hälften. Wer beispielsweise 180km läuft, könnte 95km in der ersten und 85km in der zweiten Hälfte einplanen. 10 km Differenz scheint ok zu sein, max 15. 10 Kilometer entspricht in diesem Fall einem Tempokonstanzfaktor von etwa 89,5. Dann würde ich die Werte ein weiteres Mal teilen und Leistungen für die vier 6-Stundenabschnitte einplanen: Beispielsweise 51km / 44km / 43km / 42km. Um in der zweiten Rennhälfte noch Energie für die 85km zu haben, muss man sich in der ersten Hälfte schonen. Es ist erwiesenermaßen der falsche Weg, mit 60km im ersten Viertel zu beginnen, selbst wenn es sich locker anfühlt!
Im nächsten Schritt plant man in 3h-Abschnitten, jedoch hier etwas genauer, in dem man sich eine Renn- und Pausentaktik überlegt. Die Renntaktik für die ersten 3 Stunden könnten so aussehen: Durchlaufen in einem Netto-Tempo von ca 6:30 min/km. Dazu würde ich einmal 2 Minuten für Pausen einplanen, also wäre die Nettolaufzeit 2:58. Nach den 3 Stunden gibt es eine 5-minütige Pause und dann noch einmal 6 Minuten für ungeplante Pausen bis zur Stunde 6. Insgesamt gäbe es dann für die Stunden 4 bis 6 eine Laufzeit von 2:49h, einer Kilometerleistung von 24km, was einem Nettotempo von etwa 7 min/km und Bruttotempo von 8 min/km entspricht. Der Trick des Kraftsparens kommt dadurch zustande, dass man sehr frühzeitig mit kurzen Gehabschnitten beginnt, beispielsweise jede Runde 30 Sekunden gemütlich geht. Das passt oft nach dem Versorgungspunkt ideal. Achtung: Aufpassen, dass man am Versorgungspunkt nicht stehen bleibt und dadurch wertvolle Zeit verliert. Beim Gehen ist man etwa halb so schnell wie beim Laufen, daher sollte man nicht mehr als nötig gehen. Ideal wäre, wenn man im Laufe der Zeit die Gehabschnitte ausdehnen würde, aber sein Lauftempo über die gesamte Renndauer in etwa halten kann. Dann schafft man auch in den letzten drei Stunden über 20 Kilometer!
Je nach Leistungsvermögen kann es auch Sinn machen, nach 12 und 18 Stunden eine etwas längere Pause von ca 10 Minuten einzulegen. Das Wichtigste ist, eine Idee zu haben, wie man es anstellt, um auch noch in den letzten 6 Stunden mindestens noch einen Marathon zu laufen.
Die 6 Minuten pro 3 Stundenblock für „ungeplante Standzeiten“ sind für Toilettengänge, Umziehen oder kurzen Pausen am Versorgungspunkt geplant. Sie müssen aber nicht ausgeschöpft werden, sondern dienen dann als Leistungsreserve.
Spitzenläufer planen weder festen Pausen noch regelmäßige Gehabschnitte ein, sondern eher bedarfsweise kurze Gehabschnitte, Dehnübungen oder kurze Massagen, um die Eintönigkeit der Bewegung zu unterbrechen und Verspannungen zu lösen. Ganz ohne „Standzeiten“ geht es aber auch für sie nicht. Werte im Bereich von 30 bis 45 Minuten sind auch für Spitzenläufer üblich.
Leistungsschwächeren Läufern empfehle ich ebenfalls eine einigermaßen gleichmäßige Renneinteilung, bei der beispielsweise von der ersten Runde an, etwa die Hälfte gegangen wird. So kann man auch 6 bis 7 km pro Stunde schaffen, was durchaus für 150km reicht.
Fazit
Statistische Auswertungen zeigen klar, dass die meisten Teilnehmer bei einem 24h-Lauf in der zweiten Rennhälfte heftig nachlassen. Das kann an einer Überschätzung der eigenen Möglichkeit liegen oder an unüberwindbare Krisen. Auch wenn das üblich erscheint, so gilt als sicher, dass zu einem perfekten Rennen zwei etwa gleiche Rennhälften gehören, wobei idealerweise in der erste Rennhälfte nur 5% mehr Kilometer gelaufen werden als in der zweiten. Damit das gelingt, muss man planen und den Plan aufschreiben und sich natürlich auch an die Vorgaben halten. So steht dem Erreichen persönlicher Bestleistungen nichts mehr im Wege. Wichtig bei der Planung ist die Nutzung von Netto-Lauftempo, geplanten und ungeplanten Pausen.