Text und Fotos: Gerhard Kaster, 3.7.2022
Prolog
Ich habe bereits vor 8 Jahren den Lavaredo (120KM, 5800m+) gefinished. Nachdem er mir so gut gefallen hatte, wollte ich nochmals hin. Als Test bin ich zu Hause eine Woche vorher einen Sprinttrail (14 KM, 400m+) gelaufen, alles super, dritter Platz in der AK.
Lavaredo Ultra Trail by UTMB®
Zur Höhenanpassung bin ich bereits am Montag angereist, konnte so die tolle Landschaft genießen und einige Wanderungen sowie Läufe machen.
Dabei habe ich aber darauf geachtet mich auszuruhen und habe jeden Nachmittag etwa 2 Stunden lesend im Bett verbracht!
Am Tag des Laufes bin ich nach Cortina gefahren und habe das übliche Verkehrs- und Parkchaos erlebt, das hatte ich ganz vergessen. Nach einer halben Stunde hatte ich einen Parkplatz gefunden (aber nur mit Parkscheibe für 2 Stunden) und konnte meine Startnummer abholen. Dies ging sehr zügig aber ohne jede Materialkontrolle (auch nicht später auf der Strecke). Nun hieß es einen Parkplatz für die nächsten 2 Tage finden: nach einer Stunde war ich erfolgreich, wobei ich betonen möchte, dass dies das einzige Unschöne an diesem Lauf ist.
Nun hieß es die Zeit totzuschlagen bis zum Start um 23 Uhr. Die Wetterprognose war schlecht und um 17 Uhr fing es an aus Kübeln zu regnen. Sollte ich es doch nicht sein lassen? Einfach nicht gut 6 Stunden bis zum Start im Auto zu sitzen und zu grübeln!
Kurz vor dem Start hat es aber aufgehört und während des Rennens nur kurz ein wenig geregnet.
Mit viel Stimmung und Musik ging es pünktlich mit 1800 Läufern um 23 Uhr los.
Trotz der großen Läufermenge lief es sich recht flüssig bis auf einen Engpass ca. bei KM3. Dort mussten wir etwa 5 Minuten warten aber das ist durchaus OK.
Bei mir lief es sehr gut (im Rahmen meiner Leistungen im hinteren Mittelfeld!), ich hatte keinerlei Beschwerden und habe recht viele Läufer bei den Anstiegen überholt, sonst meine Schwäche. Beim Lavaredo ist die erste Zeitschranke bei KM28 ziemlich fordernd und ich war nicht sicher, ob ich sie schaffen würde. Als Ziel hatte ich mir gesetzt 15 Minuten unter Grenze zu bleiben, 10 Minuten waren es dann. Alles gut, jetzt musste ich aber schon einen kleinen Zahn zulegen. Die Auswahl an Verpflegung war groß, besonders gut fand ich an jedem Verpflegungsstand die Brühe mit Nudeleinlage, Parmesankäse und Weißbrot zum Tunken. Das konnte man richtig gut essen/schlürfen.
Bei der nächsten Grenze wollte ich nun bei -45 Minuten sein, ich brauchte einen Puffer, es waren dann -50. Alles im grünen Bereich. Nun wurde es langsam hell und wir konnten die wunderbare Landschaft genießen.
Misurina-See
Antorno-See mit Blick auf Drei Zinnen
Jetzt wurde es anspruchsvoll hoch zu den Drei Zinnen
über den Paternsattel und wieder runter nach Cima Banche. Das zog sich ganz schön und ich habe einen Teil meines Polsters eingebüßt. Na ja, nicht schlimm, ich fühlte mich weiterhin sehr gut und beschloss wieder etwas zu beschleunigen. Die Markierung war übrigens sehr gut, noch nicht einmal ich habe mich verlaufen!
Rechts und links konnten wir neben der Landschaft die schönen Blumen bewundern.
Bei KM70 haben mich aber plötzlich alle Kräfte verlassen (ja, ich habe ausreichend getrunken und gegessen, hatte keine sonstigen Probleme, nur der „Stecker“ war gezogen), die Kontrolle bei KM75 habe ich aber geschafft. Kurze Hochrechnung: ich brauche bis zum Ziel nur noch mit 3,5KM/h zu gehen, das werde ich ja wohl noch schaffen. Das Val Travenanzes war dieses Mal fast ausgetrocknet, beim letzten Mal mussten wir noch drei Mal einen Gebirgsbach wadentief durchkehren.
Tja, tatsächlich habe ich aber dann nur 2,5KM/h geschafft, man glaubt es kaum. Entsprechend habe ich die Zeitschranke bei KM95 nicht mehr geschafft (zu dem Zeitpunkt hatte ich schon 95KM von 120KM und 4950m+ von 5800m+ hinter mir). So frustriert war ich noch nie nach einem Lauf!
Epilog
Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich darüber berichten soll, der Mensch spricht nun mal nicht gerne über seine Misserfolge. Ich habe mich aus 2 Gründen dazu entschlossen:
1. Es ist ein landschaftlich wunderschöner Lauf, den ich Euch gerne nahe bringen möchte,
2. Vielleicht könnt Ihr aus meinem Fehler lernen: nachdem ich in letzter Zeit ziemlich permanent orthopädische Probleme habe (insbesondere Knochenödeme im Fuß und Hüfte sowie immer wieder entzündete Patellasehne), bin ich bewusst weniger lange Strecken gelaufen. Mein letzter langer Lauf war beim BUF (auch der war nicht so toll) und ansonsten bis max. 30KM (nur einmal 40KM) und keine Doppeldecker mehr (und im Schnitt nur 110KM/Woche). Tatsächlich habe ich mich beim Start auch Top gefühlt, keine meiner üblichen Wehwehchen, akklimatisiert und es lief anfangs wirklich gut. Bis zur Umstellung auf Fettverbrennung, die ich gar nicht trainiert hatte, was sich bitter gerächt hat!!! Gar keine gute Strategie. Jetzt werde ich nur ganz langsam wieder steigern um diesmal orthopädische Probleme zu vermeiden und, wenn ich wieder fit bin, erstmal einen kürzeren Trail (ca. 80KM) machen um wieder vertrauen zu gewinnen.
Und nächstes Jahr schlage ich zu, wenn ich in meiner neuen AK bin 😉