Yvonne beim Mauerweglauf 2021

?Meilen Berlin Mauerweglauf 2021 — „Niemand hat die Absicht ?  Meilen zu laufen.“

Text und Bilder: Yvonne Kohler, 17.8.2021

Vielleicht waren es das Teutelbier und die Prapsschnalinen, die gedanklich noch von Freitag in meinem Kopf festhingen. ?

Vielleicht war es die Tatsache, dass es der erste Wettkampf seit zwei Jahren ist, den ich als solchen wahrgenommen habe. ?

Jedenfalls glaube ich, dass ich so aufgeregt wie am Start vor einem Lauf noch nie war. ? Vielleicht war es auch immer so und ich habe es vergessen? ?

MWL1

Äußerte sich unter anderem daran, dass ich mich vor dem Start bei der Schlange für die Herrentoilette angestellt habe (war schlicht die Längste, sind ja sonst meist die Mädels, offensichtliche, andere Tatsachen wurden ignoriert?). Ich wurde darauf hingewiesen?

Kurz nach Start der… Ampelphase durch die Straßen Berlins haben sich ein paar Fragen aufgetan: Ist Berlin die Stadt mit den meisten Pöllern? Warum sind die Pöller grau und damit perfekt getarnt? Und warum☝?Warum, stehen diese Pöller versetzt in Reihe? ?

Kurz nach VP 1 fiel mir glühend heiß ein, dass man die Zwischenzeiten mit dem Transponder loggen muss… ich bin aber in einem Bogen um diesen VP, weil nach 7 km mein Bedürfnis nach selbigem noch nicht wirklich da war. Und der Kopf so: Hat das wohl deinen Transponder registriert?? Was wenn du jetzt 100 Meilen weiterläufst und dann hast du ein Problem wegen der fehlenden ersten Zwischenzeit!??

Also direkt mal die Nummer von Raceleiter Harald gewählt: „Hier ist die Startnummer 561…“? [….] „Wir checken das!“?

Blick nach unten. Kilometer sieben und du verdrehst Zahlen??

Das Handy klingelt. „561? Kannst du mir mal deinen Namen..?“? „Ja, ne also 516, irgendwie hab ich wohl die Zahlen verdreht“?

Die Zeit war geloggt und es ging munter weiter unter einem glühend heißen Ball (Sonne heißt das Ding glaube ich☝?)

Langsam verflog die Nervosität und ich war bei mir und dem Lauf angekommen?

Alle 6-7 km einen VP zu haben, fühlt sich sehr nach „betreutem“ Laufen an. Gefühlt vergingen auch dadurch Zeit und Kilometer wie im Flug.

Auch durch die mir unbekannte Strecke, mit der ich mich vorher genau Null beschäftigt hatte: Hinter jeder Ecke wartete daher eine Überraschung?

Egal, ob die Gedenktafel für das Maueropfer Dieter Berger, dessen Erinnerung der Mauerweglauf dieses Jahr gerichtet war oder der schreiend schöne Wannsee. Letzteres übrigens ein Moment in dem Aufhören plötzlich eine Alternative wurde in Anbetracht der plantschenden Menschen und des Wassers?

Die ersten 80 Kilometer vergingen wie im Flug und dann kam ein Loch. Suche nach irgendwas, was fehlen könnte. Ein Gel mit Meersalz und Honig vielleicht ☝? Allerdings selbiges versehentlich direkt in den Rachen zu pusten… Sagen wir die Salzkur am Rachen hat Eindruck hinterlassen?

Ein saublödes Waldstück folgte: Drückend heiß, gefühlt kam kein Sauerstoff in mich rein, das kostete Kraft und Zeit.

Später diverse Berge und Wellen, daher an dieser Stelle eine kleine ⚠️ Warnung: Wenn in Berlin Menschen mit Kuhglocken läuten, seid gewiss, ihr müsst irgendwo hoch☝? Alternativ gab es die Version Gipfelglocke. Solltet ihr also zu diesem Zeitpunkt bereits nichts mehr merken, ihr seid einen Berg hochgegangen?

Kurz wollte ich nicht mehr. Ich dachte, mir scheiß auf die 24 Stunden… Dann kam eine Nachricht über den FB-Messenger. „Tschakka du bist der Wahnsinn…“. Keine Ahnung warum es gerade diese Nachricht war, aber es war der Moment in dem ich entschieden habe, dass ich dieses Ding jetzt nach Hause laufe.

Loch war wieder weg. Es lief wieder. In Dropbag zwei bereits die Ausrüstung für die Nacht, die ich somit Stunden vor der Nacht auch in der Weste hatte. Es war trotzdem richtig: Zum dritten Dropbag hätte es nicht vor der Dunkelheit gereicht?

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Dann kam sie, die Nacht. Und die Schnaken, VP-Helfern sei Dank konnte ich mich mit Schnakenstinkzeug besprühen und wurde größtenteils verschont?

Mit der Nacht kam die Ruhe, auch weil der größte Teil der Nachtstrecke Wald war. Außer ein paar Füchsen, einigen Rendezvous und Läufern waren wenige Menschen unterwegs. In mir spielte mein Inneres Radio „I‘m an Alien, I‘m a Legal Alien“ auf Dauerschleife.

Ich habe mit mir selbst gesungen, wir zwei beide, in unserem Lauf?

Und dann ging es irgendwie wieder schnell. Noch 37, nicht mal mehr ein Halber. Und immer weiter wurde in diversen WhatsApp-Chats und der Gruppe der Lauffamily mitgefiebert. Die ganze verdammte Nacht durch? Danke!?♥️?

Kurz vor Schluss wurde ich, wie schon mehrfach tagsüber, hinsichtlich unserer Aktivität „befragt“. „Entschuldigung, darf ich Sie mal etwas fragen? Machen Sie Sport?“ Ja, was sagt man da jetzt?? „Ja, 161 Kilometer lang“… Die Jungs hatten wohl noch was zu überdenken in der Nacht?

Und immer wieder diese Rechnerei, schon bei Kilometer 100 war klar, unter 24 Stunden wird wohl auf jeden Fall reichen. Irgendwann wollte ich aber gerne unter 22 bleiben.

Vorletzter VP. Nochmal nachrechnen, man könnte es auch einfach sein lassen und über 22 Stunden finishen. „Reiß dich jetzt zusammen und lauf diesen scheiß nach Hause, herrje!“ ?

Ich war überzeugend☝? Die letzten 4 km nochmal gut die Pace angezogen?

Im Stadion wartete Susanne, die extra um uns alle anzufeuern und die Stimmung des Mauerwegs mitzunehmen angereist war.

Zieleinlauf über die durch bunte Kugeln beleuchtete Bahn. Tränen. Alles ist abgefallen, der ganze Tag, den ich immer noch nicht richtig greifen kann. Glücklich, Stolz.

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Dropbags einsammeln, Susanne begleitete mich den Kilometer bis ins Hotel. Versuche den Tag Revue passieren zu lassen. Duschen, endlich roch ich mich selbst nicht mehr?

Nicht schlafen, nochmal ins Stadion, durch die Stadt schlendern. Zur Vergabe der Medaillen und Urkunden ins Hotel. Wieder durch die Stadt schlendern, zurück in mein Hotel. Nächster Versuch den Tag zu fassen, klappt einfach irgendwie nicht?

Eingeschlafen gegen 17 Uhr, nach 38 Stunden wach. Jetzt wieder wach. Ich werde wohl dann jetzt nochmal schlafen, vielleicht klappt das jetzt, wenn einmal alles „raus“ ist.

Danke will ich noch sagen: An alle die auf diversen Kanälen mitgefiebert haben, die ganze Nacht durch. Seien es meine Eltern, Freunde oder die Lauffamily: Immer wieder mal kurz eure Nachrichten zu sehen war der Wahnsinn♥️

Harte Fakten:

Laufzeit 21:44:53

71. Platz der Einzelläufer/Einzelläuferinnen (Start: 529 Läufer/Läuferinnen, im Ziel davon 382)

14. Platz der Frauen

 3. Platz Altersklassenwertung

 

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