VORBEREITUNG
Im letzten Jahr habe ich mir den Lauf als ersten „richtigen“ Wettkampf ausgesucht. Alle anderen Ultraläufe bis dahin sollten Vorbereitungsläufe mit unterschiedlichen Zielsetzungen sein. Mein Wunsch war es, einen Frühjahrslauf bei angenehmen und warmen Temperaturen zu laufen. Und dabei auch die italienische Berglandschaft in der Toskana zu genießen. Mein Traingsziel war: „Done in one day“, also unter 24h – 4 Monate nahm ich mir Zeit für das Aufbauen der Fitness.
BOLOGNA
Ich bin mit dem Zug angereist, obgleich Bologna auch einen Flughafen hat. Aber in der heutigen Zeit zählt jeder Beitrag für den Klimaschutz und 69,90€ Hin und zurück 1. Klasse gaben den unwiderstehlichen Ausschlag zur Reise mit der Bahn. Bologna ist gar nicht so groß im Centrum und bestens innerhalb eines Tages zu Fuß zu erkunden. Es gibt tollen Kaffee, leckere Pasta und Pizza, schöne Bauten und Kirchen. Lebhaftes Stadtgewirr – ich wohne auf dem Land, das war eine willkommene Abwechslung.
DAS RENNEN
Gestartet wird um 23 Uhr. Finde ich schwer, weil man den Tag „irgendwie rumhängt“ und wartet und dann in der Nacht doch irgendwann Mal müde wird, ging aber schnell vorbei. Von Beginn an laufen wir im leichten Regen, ca. 10 Grad. Der Regen nimmt zu und hört erst nach 7 Stunden auf. Oben in den Bergen herrscht zugiger Wind bei ca. 5 Grad. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Der Trail ist seifig matschig. Teilweise kommt einem ein Gebirgsbach entgegen. Kilometerlang – die ganze Zeit. Gott sei Dank gibt es doch viele Asphaltanteile – zum ersten Mal bei einem Ultratrail sind wir alle dankbar dafür.
Es ist ein ständiges rutschen und schlidern. Teilweise kommen wir nur im Schritttempo voran. Mancher steile Abschnitt wird nur möglich weil man mit den Händen Halt an Steinen im Boden findet. Während im Wald die Flüche im lautstarken Italienisch erschallen, kann ich es sehr gelassen nehmen. Spine Race und Legends Trail machen es möglich … Gegen Morgen kommt nicht das lang ersehnte Sonnenlicht sondern der Nebel. Sichtweise eine Armlänge. Die sonst gute Ausschilderung des Trails ist einfach nicht mehr zu finden. Gott sei Dank habe ich mein GARMIN GPSMAP 66S mit dabei. Eine Gruppe Läufer erkennt schnell, dass ich das Gerät dabei habe und für die Zeit des Nebels (ca. 1 Std.) Sind wir eine kleine Seilschaft. Den Rest des Rennens laufe ich alleine, keiner zu sehen weder hinter noch vor mir. Nur an den VPs treffe ich bekannte Gesichter immer wieder. Auch sie laufen einzeln, jeder hat seinen Rhythmus. Dann wird es endlich Tag und der Regen kommt auch nicht wieder. Dafür wird der Wind immer mehr zunehmen und zur Versöhnung gibt es ab 17 Uhr blauen Himmel und einen traumhaften Sonnenuntergang.
Kalt bleibt es trotzdem. Wer hat, läuft mit Handschuhen Die Strecke ist abwechslungsreich und fordernd. Mehr als 5.000 hm sind schon viel. Insbesondere der letzte Berg 2 km vor dem Ziel Monte Corcina ist wirklich ein steiler Brocken und wird so manchen ans Limit gebracht haben, so auch mich. Geröll und Steine gibt es haufenweise und 20% Neigung hoch oder runter wird nicht als steil bewertet. Bei ca km 100 gibt es einen lustigen Abstieg, ca. 3 km ich brauche bei den nassen Bedingungen ca. 45 min für den Downhill. Überall tiefes Gefälle links des trails – bestimmt 100m. Und eine Drahtseilsicherung. Naja … Da ist halt ein Seil … Oder auch Mal nicht. Spannend. Aber ich bin froh als der Abschnitt hinter mir liegt. Dropbagstation km 70 Was man sich so alles ausmalt: Dusche, Halle zum Umziehen, heiße Nudeln, Mal aufwärmen. Was die Realität ist: Nasse Wiese im Wind mit offenem Großzelt. Hier hatte keiner mit dem Wetter gerechnet. Hier plante man mit 20 Grad. Sei es drum kalte Nudeln essen sich schneller und nach knappen 10min bin ich schon wieder los. Bei km 93 würden wir dann aber voll entschädigt.
Ein toller VP mit allem was man will. Da gab’s dann meine geplante Restpause 20min (von 30min dropbagstation Stop) mit Pasta und alkoholfreiem Bier.
Meine Kraft war bei km 100 und nach ca. 4.500 hm so ziemlich aufgebraucht. 17h 50min die Durchgangszeit. Ich wußte also: ich schaffe in jedem Fall mein Ziel sub 24h. Von nun an war ich mit deutlich weniger Druck unterwegs – aber blieb zügig. Das nächste Ziel wäre ein Finish im Tageslicht gewesen. Aber das ging nicht mehr Ich bin rundum glücklich und zufrieden – ein toller Lauf
Selbst gestoppte Zielzeit: 22h 30min; Platzierung: derzeit nicht online; 100km mit 4.500 hm Durchgangszeit: 17h 50min
Text und Bilder: Michael Frenz, 21.04.2019