220km Etappenlauf in Kambodscha, 27.11-4.12.2015
Im Sommer hatte ich mich entschieden noch einmal in Kambodscha beim 220 km langen Etappenlauf „The Ancient Khmer Path“ zu starten.
Wie ihr wisst, ist ja die Vorbereitung auf einen solchen Lauf eine spannende Sache. Damit meine ich nicht das Training, sondern das Zusammenstellen der Ausrüstung. Es ist immer wieder eine große Belustigung für meine Familie und insbesondere meine Frau, wenn ich Wochen im Voraus damit beginne, meine Sachen auszubreiten. Die Spannung erreicht dann einen Höchstwert, als klar wird, dass bei der Lufthansa mal wieder gestreikt werden soll. Zum Glück wird dies dann rechtzeitig abgesagt.
Am Mittwoch, den 25.11, geht es dann um 21:45 Uhr von Frankfurt aus über Bangkok nach Phnom Pen. Die Einreise ist eine problemlose, aber interessante Sache. Man gibt seinen Ausweis und seinen Visa-Antrag an einem Tresen ab, an dem sieben oder acht Beamte nebeneinander sitzen. Jeder nimmt den Ausweis schaut und macht, tut, klebt, stempelt, tackert, … und reicht ihn dann an seinen Nachbarn weiter, jeder eine Tätigkeit. Im Austausch gegen 30 US-Dollar bekommt man seinen Ausweis dann vom letzten Beamten zurück und kann damit zum eigentlichen Zöllner gehen, der einen dann nach gefühlten 10 Minuten einreisen lässt. So kann man auch Arbeitsplätze schaffen. Der Vorteil ist, dass so die Wartezeit auf das Gepäck verkürzt wird. Ein Glück das Gepäck ist auch da!
Am Ausgang wartet schon Laura, ein Teammitglied von Globallimits. Ich kenne Laura bereits von zwei anderen Läufen und so ist die Freude groß, dass man sich hier trifft. Die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit treffen mich wie ein Hammer. Ich bin sofort nassgeschwitzt. Wir warten noch kurz auf ein Paar aus Kanada (Caroline und Ron), die zeitgleich gelandet waren. Dann geht es los, mit dem Taxi in den Megastau! In Kambodscha wird gerade das „Wasserfest“ gefeiert. Dieses Fest wird zu Ehren des Flusses Tonle Sap gefeiert und um die Fischer auf die bevorstehende Fischfangsaison vorzubereiten und dauert drei Tage. Alles, wirklich alles, ist auf den Beinen und verstopft nicht nur die Straßen. Die Fahrt zum Hotel dauert statt der üblichen 30 Minuten fast 3 Stunden.
Da es 20 Uhr ist, als wir im Hotel ankommen und wir Hunger und Durst haben, beschließen wir, die anderen, bereits angekommenen LäuferInnen, zu suchen. Wir finden sie nach kurzer Suche in einer Bar/Restaurant nicht weit vom Hotel. Auch Stefan Betzelt, der Organisator und Chef des Laufs ist da. Am Freitag haben wir noch Zeit uns Phnom Pen anzuschauen. Ich gehe mit einigen der LäuferInnen auf die Märkte. Besonders in den Bereichen in denen essbares angeboten wird, haben wir nicht nur mit den Gerüchen zu kämpfen. Das hier einfach alles gegessen wird, und ich meine wirklich alles, ist sicher nichts Neues, aber die „Frosch“-Metzgerei und einiges Andere sind schon skurril!
Und das alles bei über 35 Grad. Aber was soll‘s, es hilft bei der Akklimatisierung, die ich dringend nötig habe! Ich schwitze wie bei einem dritten Saunagang. Und das wird sich auch in den folgenden Tagen nicht ändern.
Am Nachmittag beginnt dann die ausführliche Ausrüstungskontrolle. Neben der Pflichtausrüstung, die es stets mitzuführen gilt, wird ein Gepäckstück (max. 10 kg) vom Veranstalter von Camp zu Camp transportiert. Hier finden Isomatte, Wochenverpflegung, Wechselkleidung usw. ihren Platz. Am Abend dann die offizielle Begrüßung im Rahmen eines leckeren Buffets! 32 Läuferinnen und Läufer aus 14 Nationen! Einige von ihnen, sowie einige aus dem Team kenne ich schon von früheren Läufen, so dass es viel zu erzählen gibt. Fast schon ein kleines Familientreffen. Am nächsten Morgen, es ist Samstag, wird um 06:45 Uhr das Gepäck verladen. Für Interessierte gibt es noch einen Stadtrundgang. Gegen 8 Uhr geht es dann los, mit dem Bus in das erste Camp. Die Straßen sind eine Katastrophe und die Fahrt dauert ewig. Wir halten noch an einem Insektenmarkt. Hier werden frittierte Vogelspinnen, Grillen, Wanzen und sonstiges Getier angeboten. Das ist jedoch nicht mein Ding. Nach einem weiteren Stopp zum Mittagessen erreichen wir dann gegen 14 Uhr unser erstes Camp.
Dieses ist ein Buddhistisches Kloster. Untergebracht sind wir für die erste Nacht in dessen Tempel. In dem großen Raum sind Seile gespannt an denen Moskitonetze befestigt sind. Für jeden eines, mehr Individualität ist nicht vorgesehen. Ich suche mir gemeinsam mit Christina, einer Läuferin aus Österreich einen Platz an einer Seitentür, in der Hoffnung wenigsten eine leichten Luftzug zu erhaschen. Wir wurden enttäuscht! Schweißgebadet sitzen unter unseren Moskitonetzen und sortieren unsere Klamotten.
Nach der Zuteilung der Wasserration, die bis zum Erreichen des folgenden Etappenziels reichen muss, erfolgt das erste Briefing und eine medizinische Belehrung. Ein Briefing erfolgt jeden Tag, bei dem auch auf Besonderheiten der Strecke hingewiesen wird. Die gesamte Strecke ist durchgängig super markiert und ein Verlaufen eigentlich unmöglich. Heißes Wasser wird morgens und abends für die Zubereitung der eigenen Nahrung zur Verfügung gestellt. (Trockennahrung lässt grüßen). Gegen 18 Uhr ist Sonnenuntergang und es ist schlagartig stockdunkel. Die sogenannte Nachtruhe beginnt. Aus Erfahrung bei anderen Läufen benutze ich Ohrstöpsel, um vor den lautesten Schnarchern geschützt zu sein. Einige meine Mitstreiter werfen sich jedoch ruhelos auf ihren Strohmatten hin und her, sodass jedes Mal der der lockere Holzboden erzittert. Den Rest tun dann die LäuferInnen, die die volle Leuchtkraft ihrer Stirnlampen unter Beweis stellen um sich den Weg zum stillen Örtchen zu suchen. Die ersten fangen dann auch schon 4 Uhr an, ihr Zeug zusammenzupacken. An Schlaf ist so kaum zu denken.
Etappe 1: 31 km
Vor dem Start findet noch eine kurze Zeremonie durch einen Gruppe buddhistischer Mönche statt. Dann wird die kambodschanische Nationalhymne gespielt und der Start der ersten Etappe erfolgt plangemäß um 8 Uhr. Die Temperatur beträgt bereits knapp 30 Grad und die noch hohe Luftfeuchtigkeit aus der Nacht zieht einem den Saft aus dem Körper. An Rennen ist für mich nicht zu denken. Ein Tag Akklimatisierung ist eindeutig zu wenig! Also „jog and walk“, so schnell es geht. Am Straßenrand immer wieder freundliche und lächelnde Menschen die uns ungläubig anschauen. Und überall auch freundliche lachende Kinder, wenn man auf das „hello bye bye“ antwortet. So offen, freundlich und lieb, das einem das Herz aufgeht. Für die sind wir die Attraktion des Jahres.
Ich habe 1000 Luftballons mitgebracht, die ich nach und nach in den kommenden Tagen verteile. Meist muss ich erst mal zeigen, was man damit machen kann, aber dann ist die Freude groß.
Vor allem die Luft quietschend ablassen ist der „Renner“. Nach 31 staubigen, schattenlosen Kilometern erreichen wir ein kleines Dorf, in dem wir in Häusern, die auf Stelzen stehen, übernachten. Oben wird geschlafen und unten wird gekocht. Dort sind dann auch die Hühner und Schweine. Hier im Dorf gibt es eine Wasserpumpe, so dass wir uns ein wenig waschen können. Abkühlen ist jedoch nicht möglich, dass das Wasser fast so warm ist wie die Luft. Also waschen und weiter schwitzen. Um 17 Uhr nach dem Briefing beginnt auf der einzigen Straße die „Rushhour“. Wir setzen uns an den Straßenrand. Langsam und gemächlich ziehen von Wasserbüffeln oder Rindern gezogene Wagen an uns vorbei. Wir schauen genauso ungläubig wie die. Auch so geht Entschleunigung. Die Nacht verläuft ähnlich ruhelos wie die vorhergehende. Es ist heiß und schwül und ich liege nassgeschwitzt auf meiner Matte und versuche zu schlafen. Morgens um 4 Uhr ist die Nacht zu Ende. Essen aus der Tüte schmeckt „bescheiden“, aber macht satt. Zum Glück rettet mein Instantkaffee den Morgen.
Etappe 2: 36,4 Km zum Preah Khan Tempel
Der Start um 6 Uhr ist angenehm, weil es zwar schwül, aber noch nicht so heiß ist (nur 28 Grad). Es geht weiter über schnurgerade, aufgeschüttete, zerfurchte, staubige Wege, die wie auf dem Kartentisch geplant durch den Dschungel ziehen. Noch nicht weit gekommen stolpert vor mir Caroline und stützt voll aufs Gesicht. Wir helfen ihr auf, Blut läuft aus vielen kleinen Schürfwunden. Ein Crewwagen stoppt und will sofort helfen. Ceroline will jedoch erst mal ein paar Fotos von sich gemacht haben, für die Nachwelt. Hart im Nehmen, diese Ultraläufer. Später erzählt sie mir, dass sie auch einige lockere Zähne durch den Sturz hat. Am Checkpoint 1 sitzt Ali, ein Franzose aus Beirut. Er hat schwerste Probleme mit dem Kreislauf. Amy, eine der Ärztinnen kommt gerade an und kümmert sich um ihn. Am nächsten VP erfahre ich, dass sie ihn zunächst für heute aus dem Rennen genommen hat. Später im Camp wird entschieden, das er nicht weitermacht, DNF für heute und DNS für den Rest des Laufes. Für mich geht’s nach dem CP1 weiter geradeaus bis zu einem kleinen Dorf. Dort kann ich mir kalte Cola kaufen! Die erste verdunstet noch auf dem Weg in den Magen. Die beiden anderen Dosen nehme ich gemeinsam mit einem Stück Eis, das ich mir von dem Eisblock abschlagen lasse, mit auf den Weg. Im Dorf rechts abgebogen beginnt dann nach dem CP2 der Dschungel mit schmalen, sandigen Wegen. Noch 10 km bis zum Camp. Diese ziehen sich wegen des sandigen Untergrundes gewaltig in die Länge. Außerdem knallt die Sonne gnadenlos vom Himmel. Dann kommt endlich das Ziel des heutigen Tages in Sicht, der Preah Khan Tempel. Links und rechts der Zuwegung sind unsere Zelte aufgebaut. Unter dem Applaus der schnelleren Läufer erreiche ich das Ziel. Das Camp mit diesen alten Gemäuern im Hintergrund sieht einfach grandios aus. Das Wasser ist hier rationiert und Waschen verboten…. Zum Glück stinken alle, so dass es nicht auffällt. Später abends im Zelt ist es auch nicht kühler als in den Nächten zuvor, jedoch ist durch das Zeltdach (Moskitonetz) der Sternenhimmel zu sehen, unglaublich. Für so einen Anblick und solche Augenblicke lohnt es sich, die Mühen eines solchen Laufes auf sich zu nehmen.
Etappe 3: 62,4 km zum Prasat Boeng Mealea Tempel
(hier wurden Teile der Indiana Jones Filme gedreht)
Die ersten 30 km führen weiter durch den Dschungel. Weicher sandiger Boden oder lehmiger Boden, entweder von der Sonne hart gebacken oder weich und matschig bei den Wasserlöchern. Insgesamt anstrengend zu laufen, zudem es sich bereits kurz nach Sonnenaufgang abzeichnet, dass es ein sehr heißer Tag werden wird. Ich laufe eine Zeit lang mit Anne, einer Läuferin aus Alaska. Sie erzählt mir, dass sie im Januar bei einem 1000 Meilen Lauf in Alaska teilnehmen will. Wir machen noch Witze darüber ob das hier wirklich das richtige Klima ist, um für einen solchen Lauf zu trainieren. Ist es wohl nicht, sie steigt bei km 30 aus dem Rennen aus. Weitere vier LäuferInnen erreichen das Ziel heute nicht und steigen aus.
Ich erreiche um kurz nach 11 Uhr den Rand des Dschungels. Meine Füße tun mir höllisch weh! In dem Dorf kann ich mir Cola kaufen. Das kalte Getränk baut mich wieder auf. An dem Checkpunkt bei Kilometer 30 muss ich mich erst mal um meine Füße kümmern. Die sind vom Schweiß und Wasser so aufgeweicht, als hätte ich Stunden in der Wanne gesessen. Zwei Blasen müssen versorgt werden. Es sollten nicht die letzten sein. Weiter geht’s über jetzt feste, jedoch sehr staubige und schattenfreie Wege. Die nächsten 30 km geht es stur geradeaus. Das kostet sehr viel mentale Kraft. Einzig, unterwegs mal ein kaltes Getränk kaufen zu können baut einen auf. Cola, Bier und sonstiges, alles kostet einen Dollar die Dose. Teuer für die Gegend, aber ich zahle das gerne. Die machen dort an der Strecke das Geschäft des Jahres. Und außerdem natürlich wieder die unzähligen freundlichen Begegnungen mit den Menschen. Ich verteile weiter meine Luftballons und es gibt viel Freude und Spaß. Die Zeit ist mir sowieso nicht wichtig, Hauptsache ankommen. Wir sind der gnadenlos vom Himmel scheinenden Sonne ausgeliefert. siehe oben! Nach 50 km muss ich nochmals ran an meine Füße. Zu den beiden kleinen Blasen haben sich noch drei weitere gesellt. Zwei davon unter dem Fußballen lassen Übles erahnen. Aber was soll‘s, tapen, neue Socken an und weiter geht’s. Nach fast 11 Stunden erreiche ich glücklich das Ziel. Über ein einige hundert Meter langes Portal läuft man direkt auf den Tempel zu. Das ist schon sehr ergreifend. Der lange Kanten ist geschafft.
Die Zelte sind wieder direkt vor der Tempelanlage aufgebaut. Dieser Tempel diente als Kulisse für den Indiana Jones Film „Tempel des Todes“. In einem Wassertümpel waschen wir uns den gröbsten Dreck von den Beinen. Meine Füße sehen übel aus. Der heutige Lichtblick ist, dass dieses ein Ort ist, zudem auch „normale“ Touristen kommen. Das bedeutet, dass es hier einige Restaurants gibt. Kein „Tütenessen“, sondern „Lok Lak“ ein köstliches lokales Reisgericht, Kokosmilch direkt aus frischen Kokosnüssen und zwei Bier! Einfach göttlich! Welch eine Belohnung! Der Start der nächsten Etappe wird auf 8 Uhr verschoben damit auch die langsameren Läuferinnen und Läufer ein wenig mehr Zeit zur Erholung haben. Der letzte Läufer heute, Tan Tah Ming aus Malaysia, erreicht nach sechzehneinhalb Stunden um 22:30 Uhr das Ziel.
Etappe 4: 29,7 km zu den Phnom Kulen Wasserfällen
Um sechs Uhr in der Früh geht es erst mal daran die Füße zu versorgen. (Noch) kein Eiter drin, also tapen, tapen, tapen. Um acht beim Start ist es bereits sehr heiß. Mit schmerzenden Füßen geht es zunächst 10 km über eine asphaltierte Straße. Ich laufe wie auf Eiern über den heißen Asphalt. In einem Dorf geht es runter von der Straße Richtung Anstieg. Ich decke mich vorausschauend mit einigen Dosen Cola und einem kleinen Block Eis ein. Der Anstieg ist für mich unheimlich schwer. Es geht durch meterhohe Gräser steil den Berg hinauf. Zwar nur 350 Hm, die haben es jedoch in sich. Es ist heiß und stickig und ich muss ständig Pausen machen, weil mein Puls rast! Ich bin halt ein „Flachländer“. Oben angekommen genieße ich den tollen Ausblick. Es geht weiter über sandige Wege auf und ab durch den Dschungel. Es ist rückblickend betrachtet der schönste Abschnitt des Rennes. Begleitet werde ich über weite Teile von einem ohrenbetäubenden Lärm. Anfangs dachte ich es wären Trafostationen, aber dem Krach machen Zikaden und andere Tiere hier im Urwald, einfach toll. Auch ist hier endlich mehr Schatten, eine Wohltat. Nach etwas mehr als sechs Stunden erreiche ich die Wasserfälle! Aus mehr als 20 m rauscht das Wasser herunter. Ein Bild wie in der Werbung. Über eine wackelige Hängebrücke geht es ins Ziel. Endlich kann man sich waschen und frisch machen. Eine wirkliche Wohltat. Am Abend essen wir alle gemeinsam in einem Restaurant direkt am Wasserfall, Stefan Betzelt, der Veranstalter, hat uns alle eingeladen. Geschlafen wird unter Pavillons an denen jeweils drei Moskitonetze befestigt sind. Gegen Morgen wird es sogar ein wenig frisch!
Etappe 5: 46km Wenn die Blasen Blasen kriegen…
Die Nacht ist um 4 Uhr zu Ende. Kaffee, Müsli und Wundversorgung. Mit schmerzenden Füssen geht es um 6 Uhr an den Start. Mittlerweils fehlen fünf Läufer. Es geht nun zunächst 12 km über befestigte Wege durch den Dschungel und dann über eine Straße herunter von dem Plateau. Danach geht es weiter über Sandwege, durch Reisfelder und über Schotterstraßen. Nicht nur die Rinder und Büffel schauen uns mit großen Augen an! Auch die Menschen die auf den Reisfeldern arbeiten schauen uns an, als kämen wir von einem anderen Stern. Es ist natürlich wieder sehr heiß und auch die hohe Luftfeuchtigkeit macht allen zu schaffen.
Nach 35 Kilometern, von denen die letzten 10 Kilometer wieder fast schnurgeradeaus gehen, ist der letzte Checkpunkt erreicht. Jetzt heißt es scharf rechts abbiegen auf den einzigen Hügel weit und breit. Oben ist eine Templeruine, die es zu durchlaufen gilt. Es sind (nur) ca.200 Höhenmeter zu bewältigen, die aber haben es in sich! Zunächst durch meterhohes Gras und Gestrüpp, später über offene Flächen, geht es teilweise auf allen Vieren den Berg hinauf. Bergauf brauche ich für den einen Kilometer fast 30 Minuten. Oben in der Tempelruine „Phnom Bok“ bietet sich ein toller Ausblick über die Landschaft. Anschließend geht es dann 20 Minuten bergab über einen Hohlweg mit sehr viel lockerem Gestein, sodass man oft ist rutschen kommt. Das Ganze tut meinen Füssen überhaupt nicht gut. Unten angekommen mache ich erst einmal eine Pause. Eine Familie bietet hier neben Cola auch frische Kokosnuss an (aus der Kühlbox!). In die Kokosnuss wird eine Kerbe geschlagen und dann ein Strohhalm hineingesteckt. Ein einfach köstliches Erfrischungsgetränk! So gestärkt laufe ich dann über weiche sandige Wege weiter Richtung Ziel. Links und rechts immer mal wieder kleine Ansammlungen von Hütten. Hier kann ich dann wieder meine Luftballons und auch Lollies an die Kinder verteilen. Die jeweils kurzen Verschnaufpausen machen wieder einen riesen Spaß. Die Freude der Kinder und auch die kurzen Begegnungen mit den Erwachsenen, in denen man sich mit Händen und Füßen verständigt, hinterlassen einen tiefen Eindruck bei mir. Nach 8:46 Stunden erreiche ich das letzte Camp. Die Zelte sind an einer Schule aufgebaut. Dort ist auch eine Wasserpumpe vorhanden an der man sich waschen kann. Amy, eine der beiden Ärztinnen, schaut sich meine Füße an. Keine Entzündungen, also alles halb so wild. Da sie aktuell sehr viel zu tun hat, gibt sie mir gibt mir Nadel und Tape: „Selbst ist der Mann!“. Später zu Hause muss ich dann feststellen, dass auch unter Blasen noch Blasen entstehen können.
Die Zeit ist ein weinig knapp, da wir noch nach Angor Wat müssen. Um am folgenden Tag die gesamte Tempelanlage von der rückwärtigen Seite durchlaufen zu dürfen, ist ein Ausweis mit Lichtbild erforderlich! Diesen gibt es nur am Haupteingang! Als wir um 17:35 Uhr mit dem Bus dort ankommen, ist schon geschlossen. Man hat kurzfristig die Öffnungszeiten verändert. Kambodscha eben! Für uns bedeutet es, dass wir folgenden Morgen in aller Frühe nochmal dorthin müssen.
Etappe 6: 16 km in und durch die Tempelanlagen von Angor Wat
Nach einer viel zu kurzen, viel zu schwülen Nacht geht es mit dem Bus um 04:45 Uhr erneut nach Angor Wat. Es ist um 06:30 Uhr schon einiges los. Viele wollen den Sonnenaufgang sehen. Die Passfotos werden gemacht und schon geht es wieder zurück in Camp. Damit der Zieleinlauf sich nicht zulange hinzieht, starten die langsamen Läuferinnen und Läufer um 6 Uhr. Ich starte mit dem Rest um halb sieben. „Nur“ 16 Kilometer bis Angor Wat“. Die Tempel von Angkor sind das Vermächtnis der Khmer-Zivilisation an die Welt. Nicht Könige regierten das Riesenreich der Khmer – es waren die Götter, so die Sage. Etwa eine Million Menschen haben im Mittelalter dort gelebt. Wenn von Angkor die Rede ist, ist zumeist Angkor Wat gemeint – der bekannteste Tempel im Zentrum der einstigen Riesenstadt. Bis heute gehört er zu den größten Sakralbauten der Welt. Die gesamte Anlage ist jedoch wesentlich größer. Wir erreichen die Anlage nach ca. 6 Kilometern und betreten sie über das Ostprotal „Angkor Thom“. Jetzt beginnt ein absolutes Gänsehautfeeling. Die Route führt mitten durch die alten Tempel. Die Größe dieser Anlage ist einfach überwältigend, und man bleibt unwillkürlich immer wieder stehen um die Eindrücke in sich aufzunehmen. Zeit spielt an diesem Ort keine Rolle. Wenn man etwas lernen kann an diesem historischen Ort, dann ist es Demut: Vor der Größe menschlichen Schaffens, aber auch vor seiner Vergänglichkeit. Nach 16 Kilometern ist das Ziel erreicht, direkt innerhalb von Angor Wat, einfach unglaublich und überwältigend. Ich bin nicht der Einzige, der beim Zieleinlauf Tränen in den Augen hat. Alle liegen sich überglücklich in den Armen. Liz, die Frau von Len die mitgereist war, hat eine Kühlbox mit Bier organisiert. Einfach köstlich! Nachdem alle eingetroffen sind und gefeiert wurden, werden noch einige Gruppenfotos geschossen. Danach haben wir noch Zeit uns die innere Tempelanlage anzuschauen. Gegen 12 Uhr geht es dann mit einem Bus ins 5 Sterne-Hotel Sokhalay. Nach einem ausgiebigen Bad fühle ich mich wieder sauber und frisch. Nur meine Füße machen mir Sorgen. Aber was soll‘s, mit so etwas muss man bei einem Ultralauf immer rechnen, speziell in einer solchen Umgebung und bei diesen Bedingungen. Die vielen tollen Eindrücke und das Erlebnis dieses Abenteuers wiegen das mehr als auf! Nach einem ausgiebigen Mittagessen gönne ich mir noch eine 1,5 stündige Khmer-Massage. Einfach göttlich und jedem der nach Kambodscha reist nur zu empfehlen. Am Abend ist die Siegerehrung, bei der unsere mittlerweile recht vertraute Läuferfamilie ein letztes Mal vollständig zusammentrifft. Ein solcher Lauf bringt einander wirklich näher und schweißt zusammen. Sieger sind alle, einige waren natürlich die schnellsten und werden besonders gefeiert! Von den 32 angetretenen Läuferinnen und Läufern schafften 26 alle Etappen. Siegerin ist Jill eine in Kambodscha lebende Britin mit einer Gesamtzeit von 22:38:41. Ich bin mit meiner Zeit von 38:32:23 und Platz 17 bestens zufrieden. Tah Ming schloss mit einer Zeit von 57:47:48 das Feld ab. Hier kann man das weite Spektrum ablesen. Mit gutem Essen und Trinken geht eine tolle Veranstaltung zu Ende. Einige feiern noch bis tief in die Nacht. Ich bin zu müde und genieße meinen Schlaf im klimatisieren Zimmer im bequemen Bett.
Am Tage danach
Nach dem Frühstück am kommenden Morgen fahren wir noch zu fünft zum Shoppen nach Siem Reap. Mit einkaufen, gutem Essen und viel reden geht auch dieser Tag leider viel zu schnell zu Ende. Ich habe wieder viele neue Bekanntschaften schließen können und freue mich schon jetzt auf ein Wiedersehen bei einem anderen Lauf irgendwo auf dieser Welt. Die Ultragemeinde ist nun mal auch im internationalen Maßstab durchaus überschaubar. Um 18 Uhr mache ich mich auf den Weg zum Flughafen um nach Hause zu fliegen.
Stefan Betzelt (Global-Limits) hat wieder einmal eine tolle Veranstaltung organisiert. Es ist das dritte Mal das ich bei einem seiner Etappenläufe gestartet bin und es wird sicherlich nicht da letzte Mal gewesen sein! Buthan ist für 2017 schon fest vorgemerkt. Es ist alles sehr gut organisiert. Besonders gut finde ich, dass es bei dem Lauf nicht nur um eine möglichst schnelle Erreichung der Etappenziele geht, sondern vor allem auch um die Möglichkeit Land und Leute kennen zu lernen. Die Cut-Offs sind äußert großzügig, so dass die Ziele auch für nicht so schnelle Läuferinnen und Läufer erreichbar sind. Es ist eine Veranstaltung, die ich rundum empfehlen kann.
Alle Fotos
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Fotos und Text von Dietmar Rosenau, 23.12.2015
Die 5.Ausgabe des Ancient Khmer Path findet übrigens dieses Jahr vom 25.11. – 3.12.2016 statt.
Weitere Informationen findet ihr hier: www.global-limits.com